Die schönsten Erzählungen (Die schönsten Erzählungen / Geschichten) (German Edition)
schmucker junger Bursche, den man vom Lande geholt hatte. Er ließ die Tür offen stehen, damit der Pferdedunst abzog, schaffte den Mist fort, nahm uns die Decken ab und begann unsere Körper mit einer Bürste und dem Striegel zu bearbeiten, wobei sich auf dem von den Hufeisen zerschrammten Fußboden ein weißer Belag von Hautschüppchen bildete. Manchmal schnappte ich aus Scherz nach seinem Ärmel und stampfte mit dem Fuß auf. Dann wurden wir eins nach dem andern an einen Trog mit kaltem Wasser geführt, und der gute Bursche betrachtete mit Wohlgefallen mein scheckiges, dank seiner Mühe so glattes Fell, meine pfeilgeraden Beine, die wuchtigen Hufe, die glänzende Kruppe und den breiten Rücken, der Platz genug für ein Nachtlager geboten hätte. Die hohen Krippen wurden mit Heu, die Eichentröge mit Hafer gefüllt. Dann erschien Feofan, der Erste Kutscher.
Herr und Kutscher ähnelten einander. Beide hatten vor nichts Furcht und liebten niemand außer sich selbst, und ebendeshalb wurden sie von allen geliebt. Feofans Kleidung bestand aus einem roten Hemd, einem Wams und Plüschhosen. Ich hatte es gern, wenn er an Feiertagen in seinem Wams, das Haar von Pomade glänzend, zu mir in den Stall kam und rief: ›Na, du Biest, döse nicht!‹, wobei er mir mit dem Stiel der Mistgabel – aber nie schmerzhaft, sondern nur zum Scherz – einen Stoß gegen die Flanke versetzte. Ich verstand den Scherz sofort, legte die Ohren an und knirschte mit den Zähnen.
Zum Doppelgespann hatten wir einen Rappen. Nachts wurde ich manchmal zusammen mit ihm angespannt. Dieser Zentaur verstand keinen Scherz, er war boshaft wie der Teufel. Im Stall stand ich neben ihm und wurde von ihm oftmals über die Barriere hinweg empfindlich gebissen. Feofan hatte vor ihm keine Angst. Er ging immer dreist auf ihn zu und schrie ihn an, und dann sah es aus, als würde der Rappe ihn gleich niederschlagen; doch nein, er schlug vorbei, und schon hatte Feofan ihm die Zügel angelegt. Einmal, als ich mit ihm angespannt war, sausten wir in rasendem Galopp den Kusnezki Most entlang. Weder dem Fürsten noch dem Kutscher wurde es dabei bange; beide lachten, schrien die Passanten an, zügelten uns und wendeten, ohne dass wir jemand überfahren hatten.
Im Dienst des Fürsten büßte ich meine besten Eigenschaften und mein halbes Leben ein. Ich wurde in erhitztem Zustand getränkt und lief meine Füße zuschanden. Aber dennoch war dies die schönste Zeit meines Lebens. Um zwölf Uhr kamen gewöhnlich die Stallknechte, schmierten mir die Hufe ein, benetzten meine Mähne und den Schopf und führten mich zum Anspannen.
Der Schlitten war aus Rohrgeflecht und mit Samt bezogen, am Geschirr befanden sich kleine silberne Schnallen, die Zügel waren aus Seide und eine Zeitlang sogar mit Filetspitzen besetzt. Wenn all die Schnüre und Riemen angelegt und zugeschnallt waren, konnte man nicht unterscheiden, wo das Geschirr aufhörte und der Körper des Pferdes anfing. Im Stall wurde zunächst nur locker angeschirrt. Dann kam Feofan hinzu, in den Hüften breiter als in den Schultern, mit einem roten Gurt um den Leib, sah sich die Bespannung an, stieg auf, zog seinen Kaftan zurecht, setzte einen Fuß auf den Tritt, sagte immer irgendein Scherzwort, hängte sich die Peitsche an den Gurt (was er nur der Ordnung halber tat, denn er schlug mich fast nie damit) und rief: ›Los!‹ Und wenn ich mich dann, bei jedem Schritt gravitätisch die Beine hebend, auf das Tor zubewegte, blieb die Köchin, die gerade herauskam, Spülwasser auszugießen, auf der Schwelle stehen, und die Bauern, die Holz auf den Hof gebracht hatten, rissen die Augen auf. Wir fuhren durch das Tor, fuhren bis an das Haus heran und hielten vor dem Portal. Lakaien kamen aus dem Haus, Kutscher anderer Gespanne gesellten sich hinzu, und dann gingen die Gespräche los. Alle warteten. Manchmal standen wir wohl drei Stunden vor dem Portal, fuhren nur von Zeit zu Zeit ein Stück auf und ab, kehrten wieder um und hielten aufs Neue vor dem Haus.
Endlich entstand Bewegung an der Tür; der grauhaarige, dickbäuchige Tichon kam im Frack herausgelaufen und rief: ›Vorfahren!‹ Damals gab es noch nicht den dummen Brauch, ›vorwärts!‹ zu rufen, als ob ich nicht wüsste, dass man nicht rückwärts fährt, sondern vorwärts. Feofan schnalzte mit der Zunge, und wir fuhren vor. Hastig und mit gleichgültiger Miene, als imponiere ihm weder der Schlitten noch das Pferd noch Feofan, der den Rücken krümmte und die Arme so weit
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