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Die schönsten Erzählungen (Die schönsten Erzählungen / Geschichten) (German Edition)

Die schönsten Erzählungen (Die schönsten Erzählungen / Geschichten) (German Edition)

Titel: Die schönsten Erzählungen (Die schönsten Erzählungen / Geschichten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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pflichtete ihm bei. Der Gutsherr mischte sich immer wieder unter die Herde, lief aufgeregt umher, wies auf jedes Pferd hin und verbreitete sich über dessen Geschichte und Abstammung. Der Gast, den es sichtlich langweilte, dem Gutsherrn zuzuhören, ersann alle möglichen Zwischenfragen, um ein Interesse seinerseits vorzutäuschen.
    »Soso«, sagte er zerstreut.
    »Sieh mal her«, fuhr der Gutsherr fort, ohne dem Gast zu antworten. »Sieh dir nur diese Beine an. Sie hat mich allerhand Geld gekostet, doch dafür habe ich nun auch schon einen Dreijährigen von ihr laufen.«
    »Läuft er gut?«, fragte der Gast.
    So gingen sie fast sämtliche Pferde durch, bis schließlich nichts mehr zu zeigen war. Eine Weile schwiegen beide.
    »Nun, wollen wir gehen?«
    »Ja, gehen wir!« Und sie wandten sich dem Tor zu. Der Gast, der sich freute, dass die Vorführung der Pferde beendet war und dass es nun nach Hause gehen sollte, wo es etwas zu essen, zu trinken und zu rauchen geben würde, lebte sichtlich auf. Als man an Nester vorbeikam, der auf seinem Schecken noch Anweisungen erwartete, klopfte der Gast mit seiner großen, feisten Hand dem Schecken den Rücken.
    »Der sieht ja aus wie angemalt!«, sagte er. »Weißt du noch, ich erzählte dir doch mal, dass ich auch einen solchen Schecken hatte.«
    Der Gutsherr, den nicht interessierte, was von fremden Pferden gesagt wurde, hörte gar nicht hin und wandte sich wieder zu der Herde um. Da ertönte plötzlich unmittelbar neben ihm ein klägliches, greisenhaft schwaches Wiehern. Dieses Wiehern kam von dem Schecken, der es jedoch nicht beendete, sondern – als sei er durch irgendetwas in Verwirrung geraten – plötzlich abbrach. Weder der Gast noch der Gutsherr schenkten seinem Wiehern Beachtung und begaben sich ins Haus. Leinwandmesser hatte in dem verlebten, aufgedunsenen Mann seinen geliebten ehemaligen Herrn, den einstmals steinreichen und blendend schönen Husarenoffizier Serpuchowskoi, erkannt!
    10
     
    Draußen ging noch immer ein feiner Sprühregen nieder. Auf dem Gestütshof war es trübe, doch im Herrschaftshaus sah es ganz anders aus. Dort war in dem prächtigen Salon zum Abend ein üppiger Teetisch gedeckt, an dem der Hausherr, die Hausfrau und der von auswärts gekommene Gast saßen.
    Die Hausfrau, die sich in anderen Umständen befand, was an ihrem gewölbten Leib, ihrer geraden Haltung sowie ihrer Fülle und namentlich an dem verinnerlichten, sanften und bedeutsamen Ausdruck ihrer großen Augen deutlich zu erkennen war, hatte ihren Platz vor dem Samowar.
    Der Hausherr hielt gerade eine Kiste ganz besonderer, angeblich zehn Jahre alter Zigarren in der Hand, von denen, wie er sagte, sonst niemand welche besäße und mit denen er sich offenbar vor seinem Gast brüsten wollte. Der Hausherr war ein schöner Mann von etwa fünfundzwanzig Jahren – frisch, gepflegt und sorgfältig frisiert. Zu Hause trug er einen neuen, saloppen, in London angefertigten Anzug aus dickem Stoff. An seiner Uhrkette hingen große kostbare Berlocken. Die Manschettenknöpfe waren groß und aus massivem Gold mit eingelegten Türkisen. Den Bart trug er à la Napoleon III., und die pomadisierten, an Mauseschwänzchen erinnernden Enden des Schnurrbarts waren so kunstvoll hochgezwirbelt, wie man es sonst nur in Paris fertigbringt. Die Hausfrau trug ein großgeblümtes, buntes Kleid aus Seidenmusselin. In ihr blondes, sehr volles und schönes, allerdings nicht ausnahmslos eigenes Haar waren große goldene, besonders originelle Nadeln gesteckt. Ihre Hände und Arme waren mit zahlreichen, durchweg kostbaren Armbändern und Ringen geschmückt. Der Samowar war aus Silber, das Teeservice aus feinem Porzellan. Ein Lakai, der in seinem Frack, der weißen Weste und Halsbinde sehr prunkvoll wirkte, stand in Erwartung von Befehlen wie eine Statue an der Tür. Die hellen Möbel hatten geschweifte Beine und Lehnen; die dunklen Tapeten wurden durch ein großgeblümtes Muster belebt. Neben dem Tisch hörte man das silberne Halsband eines außerordentlich schlanken Windhundes klirren, dessen ungewöhnlich schwierigen englischen Namen der Hausherr und die Hausfrau, die beide des Englischen nicht kundig waren, nicht richtig aussprechen konnten. In einer Ecke stand zwischen Blumen ein mit Intarsien verziertes Klavier. Alles hier war neu, luxuriös und von auserlesener Seltenheit. Alles war sehr schön, doch allem haftete der Stempel von Überfluss, übertriebenem Pomp und dem Fehlen jeglicher geistiger Interessen

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