Die schönsten Erzählungen (Die schönsten Erzählungen / Geschichten) (German Edition)
erfreue.
Praskowja Fjodorowna hörte sich das alles an, gab sich den Anschein, alles zu glauben, was er erzählte, und widersprach ihm nicht, weil ihre Gedanken schon ganz mit den Plänen beschäftigt waren, wie sie das Leben in ihrem neuen Wohnort nach der Übersiedlung einrichten würde. Iwan Iljitsch sah mit Freuden, dass ihre Pläne mit seinen übereinstimmten, dass sie einander wieder nähergekommen waren und dass sein zeitweilig in Unordnung geratenes Leben aufs Neue den wahren, ihm gemäßen Charakter unbekümmerter Fröhlichkeit und Wohlanständigkeit anzunehmen versprach.
Iwan Iljitsch war nur für kurze Zeit zurückgekehrt. Am 10. September musste er seinen neuen Posten antreten, und außerdem erforderte es eine gewisse Zeit, sich an dem neuen Wohnort einzurichten. Der ganze Haushalt musste aus der Provinz herübergeschafft werden, viele Neuanschaffungen waren nötig, und mit den Handwerkern musste verhandelt werden, um – kurz gesagt – alles so herzurichten, wie es in seinem Kopf schon feststand und zugleich fast genau auch den Wünschen Praskowja Fjodorownas entsprach.
Nun, nachdem alles eine so glückliche Wendung genommen hatte, da seine und seiner Frau Wünsche miteinander in Einklang standen und sie überdies wenig zusammen waren, hatte sich zwischen ihnen ein so einträchtiges Verhältnis herausgebildet, wie es seit den ersten Jahren ihrer Ehe nicht mehr bestanden hatte. Ursprünglich hatte Iwan Iljitsch die Absicht gehabt, seine Familie gleich mitzunehmen, aber auf die dringenden Bitten seiner Schwester und des Schwagers, die plötzlich ihre herzlichen, verwandtschaftlichen Gefühle für ihn und seine Familie herauskehrten, gab er nach und reiste zunächst allein ab.
Die heitere Stimmung, in die Iwan Iljitsch durch die Freude an seinen Erfolgen und durch das Einvernehmen mit seiner Frau versetzt worden war, wobei das eine durch das andere noch verstärkt wurde, hielt auch nach seiner Abreise die ganze Zeit über unvermindert an. Es fand sich eine wundervolle Wohnung, die genau den Wünschen der Eheleute entsprach. Die großen, hohen, in altem Stil erbauten Empfangsräume, ein bequemes, imposantes Arbeitszimmer für ihn selbst, ein Boudoir für seine Frau, ein nettes Zimmer für die Tochter, ein besonderes Unterrichtszimmer für den Sohn – all das schien eigens für sie erdacht zu sein. Der Ausstattung der Wohnung widmete sich Iwan Iljitsch persönlich; er wählte selbst die Tapeten, suchte selbst die Möbelstoffe aus, mit denen er einigen alten Sesseln, die er zu dem vorhandenen Mobiliar hinzugekauft hatte, ein besonders stilvolles Aussehen verlieh; die Arbeit schritt gut voran, und alles näherte sich immer mehr der Vorstellung, die er von Anfang an gehabt hatte. Schon als die Einrichtung der Wohnung bis zur Hälfte fertig war, übertraf sie alle seine Erwartungen. Jetzt konnte er bereits deutlich erkennen, wie gediegen, wie vornehm und nicht abgeschmackt alles nach der endgültigen Fertigstellung wirken würde. Abends, vor dem Einschlafen, stellte er sich vor, welchen Eindruck der Saal hervorrufen würde, wenn er erst vollständig eingerichtet wäre. Wenn er sich im Salon umschaute, der noch nicht ganz fertig war, sah er im Geiste bereits, wie der Kamin mit einem Schirm davor, die Etagere, die zwanglos gruppierten kleinen Sessel sowie all die Wandteller, Nippsachen und Bronzefiguren wirken würden, sobald sie alle ihren Platz gefunden hätten. Er freute sich bei dem Gedanken, welche erstaunten Gesichter Pascha und Lisanka machen würden, die in Bezug auf Wohnkultur ebenfalls einen guten Geschmack besaßen und sicherlich nicht darauf gefasst waren, eine solche Pracht vorzufinden. Besonders einige altertümliche Gegenstände, die er irgendwo aufgestöbert und billig erstanden hatte, gaben dem Ganzen ein vornehmes Gepräge. In den Briefen an seine Angehörigen stellte er mit Absicht alles viel weniger schön dar, als es in Wirklichkeit war, damit sie dann bei ihrer Ankunft umso angenehmer überrascht sein sollten. All das fesselte ihn so sehr, dass er selbst an seinem neuen Amt nicht die Freude fand, die er erwartet hatte, obwohl er doch seine Arbeit liebte. Bei den Sitzungen kam es mitunter vor, dass er zerstreut war, weil er gerade darüber nachdachte, welche Stangen für die Fenstervorhänge genommen werden sollten, ob gerade oder gewölbte. Er war mit solchem Eifer bei der Sache, dass er oftmals selbst Hand anlegte, indem er die Möbel umgruppierte und eigenhändig die Drapierung der
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