Die schönsten Erzählungen (Die schönsten Erzählungen / Geschichten) (German Edition)
die Baschkiren für Pachom zum Schlafen ein Daunenpfühl auslegten und ihn allein ließen. Beim Morgengrauen wollten sie wieder zur Stelle sein, um noch vor Sonnenaufgang aufs Land hinauszufahren.
7
Pachom legte sich auf das Daunenpfühl, doch er konnte keinen Schlaf finden; ihm schwirrten dauernd die Gedanken an den bevorstehenden Landerwerb durch den Kopf. Ich werde in ganz weitem Bogen herumgehen, dachte er. Einen ganzen Tag über kann ich gut fünfzig Werst schaffen, die Tage sind jetzt ja endlos lang. Und fünfzig Werst im Umkreis – das ist ein mächtiges Stück Land! Das weniger gute werde ich verkaufen oder an Bauern verpachten, und das allerbeste behalte ich für mich – auf ihm lasse ich mich selbst nieder. Zum Pflügen kaufe ich dann ein Ochsenpaar und stelle noch zwei weitere Knechte an; ungefähr hundertfünfzig Dessjatinen werde ich beackern, und das übrige Land habe ich dann als Viehweide . . .
Pachom lag die ganze Nacht über wach. Erst gegen Morgen schlummerte er ein. Sobald er in Schlaf gesunken war, hatte er einen Traum. Er träumte, dass draußen vor dem Zelt, in dem er lag, jemand lachte. Um nachzusehen, wer da lachte, so träumte er, stand er auf, ging hinaus und sah nun, dass vor dem Zelt der Baschkirenälteste saß, sich mit beiden Händen den Bauch hielt und sich vor Lachen bog. Er ging auf ihn zu und fragte, worüber er lache. Doch nun sah er, dass es gar nicht der Baschkirenälteste war, sondern der Kaufmann, der neulich bei ihm eingekehrt war und von dem Land hier erzählt hatte. Aber kaum hatte er ihn gefragt, ob er schon lange hier sei, da verwandelte sich der Kaufmann in jenen Bauer, der noch in seinem Heimatdorf – auf dem Weg aus dem Wolgagebiet – zu ihm gekommen war. Doch dann sah er, dass es auch nicht jener Bauer war, der da saß und lachte, sondern der Teufel selbst, mit Hörnern und Pferdefüßen, und dass vor dem Teufel ein barfüßiger, nur mit Hemd und Hosen bekleideter Mann lag. Er blickte genauer hin, um zu sehen, was das für ein Mann war. Und nun sah er – der Mann war tot, und er erkannte in dem Toten – sich selbst. Von Entsetzen gepackt, wachte Pachom auf. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und dachte: Nein, was man bloß alles zusammenträumt! Als er um sich blickte, bemerkte er, dass sich der Himmel schon lichtete, dass der Morgen dämmerte. Ich muss alle wecken, dachte er, es ist Zeit, dass wir fahren. Pachom stand auf, weckte den im Wagen schlafenden Knecht, hieß ihn anspannen und ging die Baschkiren wecken.
»Es ist Zeit, in die Steppe zu fahren, das Land abzumessen«, sagte er.
Die Baschkiren standen auf, versammelten sich alle, und auch der Älteste kam hinzu. Sie tranken jetzt wieder Kumys und boten Pachom an, für ihn Tee zu brühen, aber er wollte nicht so lange warten.
»Wenn wir fahren wollen«, sagte er, »müssen wir jetzt aufbrechen, es wird Zeit.«
8
Die Baschkiren machten sich fertig, und ein Teil von ihnen stieg auf Pferde, ein anderer setzte sich in Fuhrwerke. Pachom fuhr zusammen mit dem Knecht in seinem kleinen Reisewagen und nahm eine Schippe mit sich. Als sie in der Steppe anlangten, färbte sich der Himmel schon rot. Sie fuhren auf einen kleinen Hügel hinauf – auf einen Schichan, wie es auf Baschkirisch heißt. Alle saßen ab oder stiegen aus den Wagen und sammelten sich zu einer Gruppe. Der Älteste trat an Pachom heran und beschrieb mit der Hand einen Kreis.
»Dies ganze Land, so weit das Auge reicht, gehört uns«, sagte er. »Suche dir aus, was du davon haben willst!«
Pachoms Augen blitzten auf: Es war bestes Steppenland, eben wie eine Handfläche, schwarz wie Mohn und in den Vertiefungen mit allen möglichen, fast mannshohen Gräsern bewachsen.
Der Älteste nahm seine Fuchspelzmütze ab und stellte sie auf den Boden.
»Dies soll unser Merkmal sein«, sagte er. »Von hier wirst du deinen Weg anfangen, und hierher musst du auch zurückkommen. Und alles Land, um das du herumgegangen bist, soll dann dir gehören.«
Pachom nahm das Geld aus der Tasche und legte es auf die Mütze, zog den Rock aus und behielt nur sein Wams an, zog dann den Riemen über dem Leib fester zusammen, steckte den Beutel mit Brot in den Wamsausschnitt, befestigte eine Flasche mit Wasser am Gürtel, zog die Stiefelschäfte zurecht, nahm dem Knecht die Schippe ab und wollte losgehen. Er überlegte, nach welcher Seite er gehen sollte – es war überall gutes Land. Nun, dachte er, es ist überall dasselbe, ich werde direkt auf die Sonne
Weitere Kostenlose Bücher