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Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Titel: Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Morscher , Berit Mrugalska
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schluchzte:
    „Du mein lieber Gott, warum strafst du mich so hart? Drei Jahre habe ich hier gewartet und hart gearbeitet! Keinen einzigen Tag habe ich mir Ruhe gegönnt und nun ist mein lieber Mann nicht dabei. Was fange ich allein auf der Welt an? Ich mag nicht mehr leben! Mein Glück ist dahin, mein Mann ist tot, er liegt im fernen Land. Nie mehr kann ich ihn sehen, nie mehr kann ich mit ihm sprechen! Was hab ich Böses getan, dass du mich so hart strafst?“
    So jammerte die Frau und die Tränen rannen über den Stein ins Gras. Und als sie sich ausgeweint hatte, stand sie auf. Es war Abend, die Säule warf einen langen Schatten und die Halme in den Feldern wiegten sich leise im Abendwind. Die Frau nahm ihren Spinnrocken und wollte nach Hause gehen.
    Plötzlich sah sie einen Mann mühsam die Straße heraufwanken. Er war mager und bleich, hatte einen langen Bart und stützte sich auf einen Stock. Die Frau dachte:
    „Vielleicht weiß dieser Fremde etwas von meinem Mann. Ich will ihn fragen.“
    Sie trat auf den Fremden zu und wollte ihn fragen – aber die Worte kamen nicht über ihre Lippen. Sie sah den Mann an und er sah die Frau an – da erkannten sie einander und nach einer langen Pause, in der sich beide schweigend anstarrten, sprach seine Frau:
    „O du Armer, wie geht es dir? Du bist krank! Komm nach Hause – ich werde dich pflegen, bis du gesund bist.“
    Der Mann stand einen Augenblick ganz still; dann umarmten sie sich heftig und küssten sich leidenschaftlich. Dann sagte er:
    „Du Gute! Drei Jahre hast du auf mich gewartet und nun komme ich als Kranker zurück. Ich war verwundet, gefangen und lag zwei Jahre in Ketten. Immer dachte ich an dich! Endlich wurde ich befreit und bin gleich mit dem Kreuzheer nach Hause gezogen. Aber ich konnte nicht so schnell gehen und blieb zurück. Darum komme ich als Letzter. Sei nicht böse, dass ich dich so lange habe warten lassen!“
    „Wie könnte ich dir böse sein? Komm jetzt mit mir und lass uns glücklich sein!“
    Sie gingen nach Hause und nach wenigen Wochen war der Mann gesund. Mit dem ersparten Geld kaufte die Frau das Haus in der Stadt zurück. In dem kleinen Garten baute der Mann eine Pflanze an, die er aus dem Morgenland mitgebracht hatte, und die man in Wien noch nicht kannte. Es war Safran. Bald verbreitete sich in Wien die Nachricht, dass die Spinnerin am Kreuz ihren Mann wiederhatte. Alle freuten sich darüber und wünschten den beiden viel Glück.
    Die Löwenbraut
    Im sogenannten Neugebäude, einem Lust- und Jagdschloss, dessen Bau von Maximilian II. begonnen und von Rudolf II. im Jahre 1587 vollendet wurde, gab es auch eine Menagerie mit wilden Tieren. Die Menagerie war die Erste ihrer Art in Europa und wurde später unter Maria Theresia nach Schönbrunn verlegt, das Prachtstück unter den exotischen Wildtieren hier in Simmering war ein Löwe.
    Als die kaiserliche Familie einst das Geburtstagsfest der kleinen Prinzessin feierte, da kam es zu einem denkwürdigen Vorfall. Viele Gäste waren geladen und amüsierten sich bei Musik und vielerlei Darbietungen; auch die kleine, vierjährige Tochter Berta des Tierwächters, als Schutzgeist Österreichs verkleidet, nahm am Fest teil. Als nun die Kanonen Salut schossen, die Trompeten schmetterten und die Gäste jubelten, da schritt zum großen Schreck aller Gäste der Löwe in majestätischer Haltung herein. Durch den Kanonendonner und den Jubel der Gäste war er aus seinem Käfig ausgebrochen, in den Garten gelaufen und heimlich in das Lustschloss gekommen. Von den vielen Menschen, den Kerzen, dem Funkeln in den Kristalllüstern und natürlich von den vielen Gerüchen angeregt, blieb er wie geblendet stehen und blickte staunend auf die Festlichkeit.
    Schon standen die Wachen in der Tür und legten ihre Gewehre an, um das prächtige Tier zu erschießen, bevor es einem der Gäste oder gar der Kaiserfamilie etwas zu Leide tun konnte. Da trat die kleine Berta hervor, warf sich an den Hals des Löwen und bat mit weinerlicher Stimme, ihrem lieben Löwen doch nichts zu tun. Beide gingen sie nebeneinander her und verließen den Saal, ja, die kleine Berta schien den König der Tiere zu führen und brachte ihn wieder in seinen Käfig. Der Kaiser selbst sah diesem sonderbaren Schauspiel zu und war so tief beeindruckt, dass er der kleinen „Löwenbraut“ den Löwen als Eigentum schenkte.
    Berta wurde von nun an nur mehr die Löwenbraut genannt, und auch darauf soll der Kaiser persönlich bestanden haben. Täglich

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