Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
redlich, und es schien ein besonderer Segen mit ihm eingezogen zu sein, aber niemand wusste seinen Namen oder woher es kam. Auf dem Land herrschte damals die Sitte, dass die Bauern an gewissen Sommertagen die Alpen besuchen, um die Menge der Milch ihrer dort aufgetriebenen Kühe zu erfragen. Da werden die Kühe eines jeden Bauern in bestimmter Ordnung gemolken, die Milch wird gewogen und nach diesem Verhältnis werden dann Butter und Käse, der vorrätige Almnutzen, entweder gleich oder zur Zeit der Heimfahrt verteilt. Dieser Bauer nun schickte zu diesem ländlichen Fest seine Dienstmagd, welche sich auf der Alpe mit den vielen Anwesenden mit fröhlichen Scherzen unterhielt, wie es nach der Milchberechnung der Brauch ist. Aber plötzlich hörte man vom Gebirge in der Nähe eine weibliche Stimme rufen:
„Sag zur Struzzi-Buzzi, Rauhrinde ist tot!“
Auf diesen Ruf erbleichte das Mädchen, riss sich von der Gesellschaft los und rannte in aller Eile in den nahen Wald, ohne ein Wort zu sagen und ohne den verdienten Lohn zu fordern. Nun wusste immer noch kein Mensch, wer das Mädchen war, woher es gekommen war und wohin es gegangen war, auch war nie mehr eine Spur von ihm zu entdecken. Es war ein Fanggenkind.
Zu einer Magd, die auf dem Feld arbeitete, kam eines Tages der Wilde Mann und bat sie, mit ihm zu gehen. Sie sollte seiner Frau als Amme behilflich sein, denn diese lag bereits in den Wehen. Da der Wilde sie so eindringlich bat, folgte ihm die Dirne in den Wald, wo sie das Wilde Weib fand, welches in der Zwischenzeit schon ihr Kind geboren hatte. Sie pflegte nun die Wöchnerin mit großem Fleiß und erhoffte sich dafür auch einen guten Lohn, auch wenn sie sich nicht ganz vorstellen konnte, was das wohl sein könnte. Von den Wilden Leuten in der Kranebitter Klamm bei Innsbruck erzählte man sich ja auch, dass sie bei den umliegenden Höfen versuchten mit Ledergeld zu bezahlen.
Als die Zeit um war, dankte ihr die Wilde Frau und gab der Magd Zwirn, Leinwand und Wolle und sprach:
„Da nimm dies zum Lohn und gib Acht darauf, denn so lange du die drei Stücke hast, wird es dir dein Leben lang nicht an Zwirn, Leinwand und Wolle mangeln.“
Der Wilde Mann kam nun auch herbei und sprach: „Weil du meine Frau so fleißig und liebevoll gepflegt hast, nimm diesen Lohn von mir!“, und er reichte ihr drei Steinkugeln und Kohlen.
Die Dirne dachte bei sich: „Na, das ist ein schöner Lohn, aber ich hatte ja nichts anderes erwartet“, und verabschiedete sich.
Als sie im Freien war, warf sie die Kugeln und die Kohlen ins Gebüsch und nahm nur die Gaben der Wilden Frau mit. Sie eilte schleunigst heim, denn niemand wusste, wo sie die Zeit über geblieben war, und zeigte ihren Leuten Zwirn, Leinwand und Wolle. Auch restliche Kohlestückchen fand sie noch in ihrer Tasche und zog sie heraus. Nun machten aber alle große Augen, denn was sie aus der Tasche zog, waren kleine Goldklumpen. Nun aber bekam die Magd das Laufen und wollte schnell die restlichen weggeworfenen Kohlen und Kugeln suchen, aber alles Suchen war vergebens, und sie ärgerte sich sehr. Trotzdem machten ihr die anderen Geschenke große Freude, denn sie hatte immer Leinwand, Zwirn und Wolle in großer Menge im Haus.
Von der Wilden Jagd
In manchen Nächten treibt die Wilde Jagd ihr Unwesen, sie zieht immer auf dem gleichen Weg durchs Land und schon viele haben in solchen Nächten Schießen, Bellen, Pfeifen, Schreien und Sausen gehört. In der Umgebung von Freistadt sind es die Vollmondnächte oder auch die Raunächte, in denen das Geister- und Totenheer herumzieht.
Besonders furchtbar soll es die Wilde Jagd einst in Forchtenau getrieben haben, so entstand auch der Name, der „gefürchtete Au“ bedeutet. Als die Wilde Jagd zum letzten Mal über die Gegend fuhr, konnte ein schwarzer Hund nicht mehr mithalten und blieb dort im Schilf des Teiches zurück. Seine feurigen Augen leuchten noch heute im Nachtdunkel und nicht selten ist auch sein Heulen zu hören.
Im Klinslholz bei St. Peter am Wimberg fuhr die Wilde Jagd mit katastrophalem Lärm über die Baumwipfel, in denen es knackt und rauscht. Noch lange Zeit mieden die Menschen diesen Ort.
Beim Mair zu Derndorf in der Welser Gegend war es jedoch noch viel schlimmer, hier kam einst die Wilde Jagd vorbei und stürmte in den Hof. Das Tor sprang auf und Rappen tobten herein. Seit dieser Nacht hatte der Bauer nur noch mit der Aufzucht von Rappen Glück, kein anderes Pferd konnte hier mehr gezüchtet werden. Auch
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