Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
das Stadeltor wurde seitdem immer wieder aufgerissen und ließ sich nicht mehr zusperren. Dem Bauern blieb nichts anderes übrig, als das Haus abzutragen und an einer anderen Stelle wieder aufzubauen. Noch heute sind im Stall nur Rappen eingestellt.
Etwas Ähnliches erlebte ein Bauer in Weißkirchen an der Traun, wo sich nach der Durchfahrt der Wilden Jagd Tür und Tor nicht mehr schließen ließen. Was man auch tat, um die Türen zu verriegeln, wie durch unsichtbare Hände standen sie bald wieder offen. Aber gleichzeitig war der Besitz des Bauern vollkommen sicher. Als einmal eine Diebesbande die offenen Türen als Einladung ansah und sich an den Geräten bediente, wurde sie kaum 30 Schritte weiter durch einen furchtbaren Lärm erschreckt, sodass sie die Beute wegwarf und flüchtete.
In manchen Gegenden ziehen nicht nur die bösen Geister in der Gestalt von Rehen, Hirschen, Wildschweinen, Geißböcken und anderem Getier durch die dichten Wälder, sondern auch die Dorfhunde müssen mitziehen. So war es auch im Bezirk Braunau, wo das Gebell der Hunde das Jagdgetöse noch viel lauter machte. Erst am nächsten Morgen durften sie wieder heimkehren und hatten dann Blut und Schaum am Maul. In Aspach nahm die Wilde Jagd nur die schwarzen Hunde mit, ein jeder von ihnen musste dabei sein, ganz gleich, ob Tür und Tor versperrt waren oder nicht. Selbst die Hunde, die daheimblieben, weil sie nicht ganz schwarz waren, zitterten und winselten. Ein Bauer in Neukirchen an der Enknach wollte seinen Hund vor dieser nächtlichen Tortur schützen und hängte ihm einen Laib Brot um. Als die Wilde Jagd kam, hielt sie vor dem Haus an und eine Stimme drohte, das Haus mitzunehmen, wenn der Bauer den Brotlaib nicht wegnehmen und den Hund freigeben würde. Schleunigst gehorchte er und der Hund musste mit auf die Jagd.
Wenn dann die schwarzen Hunde auch noch „Boankrallen“, das sind eingewachsene Krallen, hatten, dann mussten sie ganz besonders lang mitziehen, einige kehrten erst nach zwei oder drei Tagen wieder heim. Einen solchen Hund hatten sie in Tarsdorf, der hieß Brandl und war seinen Besitzern gar nicht geheuer.
Auch die „vieräugigen“ Hunde, also jene, die über ihren Augen eine runde, helle Haarzeichnung hatten, welche einem zweiten Augenpaar ähnlich war, mussten mit der Wilden Jagd ziehen. So einen hatte einst ein Müller in Altmünster, das war ein ganz ausgezeichneter Jagdhund mit dem Namen Hirschmann. Weil der auch gerne einmal alleine durch Wald und Feld streifte, band ihn der Müller an ein Tischbein und versperrte die Tür, wenn er außer Haus musste. Einmal hatte er jedoch seinen Geldbeutel vergessen und kehrte nach wenigen Minuten um. Der Hund war aber nicht da, er war verschwunden. Der Müller konnte sich das nicht erklären, hatte aber keine Zeit, um nach dem Tier zu suchen, und ging seinen Erledigungen nach. An diesem Tag hatte er dann auch noch länger als geplant zu tun und war erst spätabends auf dem Heimweg. Da überfiel ihn ein so starker Sturm, dass er sich zur Erde werfen musste, und ein Höllenlärm zog über ihn hinweg. Unter den vielen Tierstimmen, die er hörte, erkannte er auch die Stimme seines Hundes. Als es wieder ruhiger geworden war, konnte sich der Müller nur mühsam nach Hause schleppen. Hirschmann lag daheim wieder an Ort und Stelle angebunden, sah aber sehr abgehetzt aus, die Zunge hing ihm weit aus dem Maul und er war schweißnass. Da wusste der Müller, dass sein Hund die Wilde Jagd mitgemacht hatte, und er verkaufte das Tier. Bald darauf starb es.
Im Mühlviertel mussten nicht nur die Hunde mit auf die Wilde Jagd, auch die Pferde mussten mitjagen. Als ein Pferdeknecht einmal am Morgen in den Stall trat, waren die Pferde gerade zurückgekommen, sie standen schweißtriefend da und waren den ganzen Tag über müde und erschöpft. Das Pferd eines Bauern oberhalb von Weinberg, hatte dazu noch drei geflochtene Zöpfe im Schweif, woraufhin mit anderen Bauern beratschlagt wurde, was zu tun wäre. Ein Bauer riet, das „Fünffußkreuz“, das Trudenkreuz, an die Stalltür zu zeichnen. Eine Magd tat dies, und von nun an war Ruhe.
Sehen können die Wilde Jagd übrigens nur Neusonntagskinder, also jene Menschen, die an einem Sonntag im Neumond geboren sind. Zu hören und zu spüren haben sie aber auch schon viele andere bekommen und ein jeder denkt noch nach Jahren mit Schaudern daran zurück. Am Anfang hört man nur ein Brausen, das näher und näher kommt und immer heftiger wird. Aus dem
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