Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Schlafkammer.
Die alte Bognerin schnarchte währenddessen schon in ihrem Bett und wachte von einem Kuss auf, den „ihr Mann“ ihr auf die Stirn gab. Da sprang die zänkische Frau wütend aus dem Bett und beschimpfte ihn, weil er sie einerseits aufgeweckt habe, wo sie eh so schlecht schlafen könne und andererseits, weil er so spät nach Hause gekommen war. Eh sich der Teufel versah oder überhaupt zu Wort gekommen war, hatte er schon zwei derbe Ohrfeigen eingefangen und die keifende Alte fing jetzt erst richtig an, in Fahrt zu kommen.
„Und ich will jetzt meine Ruhe haben vor dir – nichts kann man dir recht machen und ich kann auch anders – lass es dir gesagt sein“, drohte ihr nun der Teufel, der im Guten nicht weitergekommen war und jetzt den Spieß umdrehen wollte.
Doch im gleichen Augenblick hatte die Bognerin ihm von hinten einen Wasserkübel übergegossen und hielt nun einen Besenstiel in der Hand, mit dem sie ihm unaufhörlich auf den Rücken schlug. Da blieb dem Teufel nichts anders übrig, als sich in die Zimmerecke zu flüchten und dem Weib seine wahre Gestalt zu zeigen, da würde sie wohl zur Vernunft kommen.
„Nun schau mich an, Bognerin, und überlege dir gut, wer von uns beiden der Stärkere ist! Ich kann dir Leiden zufügen, von denen du noch nicht einmal gehört hast“, sagte der Teufel in kaltem Ton zu ihr.
Die Bognerin stockte, warf sich dann aber mit einem Aufschrei auf ihn.
„Mir willst du drohen, du Satansbraten, mir, der Bognerin? Da kennst du mich aber schlecht!“, schrie sie aus voller Kehle, zog an seinen langen Zotteln und riss ihm eine Handvoll Haare aus. Dann packte sie ihn bei den Hörnern wie einen wilden Ochsen, fuhr ihm mit ihren spitzen Fingern in die Augen, drehte ihm die Nase um und versuchte, ihn so auf den Boden zu zwingen. In diesem Moment brach eines der Hörner und der Teufel nahm Reißaus und fuhr durch den Kamin in die Freiheit. Dabei ließ er seinen Mantel und seinen Hut zurück.
Dieses – besonders für die gesamte Nachbarschaft, die nicht einmal an der Wand zu lauschen brauchte – beeindruckende Ereignis wurde dann bei einem Künstler in Auftrag gegeben und an der Hauswand verewigt.
Der Stock im Eisen
An einer Hauswand gleich am Stephansplatz in Wien steht heute noch eines der Wahrzeichen der Stadt, der sogenannte „Stock im Eisen“. Was es damit auf sich hat, das soll hier berichtet werden:
Ein Schlosserlehrling wurde einst von seinem Meister vor die Tore der Stadt geschickt, um Lehm zu holen. Als er dort mit seinem Schubkarren ankam, da waren dort ein paar Buben beim Spiel versammelt und hatten viel Spaß dabei. Da dachte sich der Lehrbub: „Wegen der paar Minuten – da wird mir der Meister schon nicht draufkommen!“, und fragte, ob er mitspielen dürfe. Die Stunden vergingen wie im Flug und erst, als die Sonne schon am Untergehen war, besann er sich und machte sich mit seiner schweren Schubkarre auf den Heimweg. Als er aber vor dem Stadttor ankam, da war dieses bereits verschlossen und er hatte nun keine Möglichkeit mehr hineinzukommen. Außer natürlich man würde das Öffnen der Tore mit einem „Sperrkreuzer“ bezahlen, und den hatte er nicht. Was sollte er denn nun tun, er hatte ja nicht einmal einen Platz zum Schlafen hier draußen, wo sich in der Nacht finstere Gestalten herumtrieben.
Mit zorniger Stimme und Tränen der Wut in den Augen rief er:
„Des Teufels möchte ich sein, wenn ich nur in die Stadt könnte!“
Als er aufblickte, sah er einen schmalen, zarten Mann in rotem Wams vor sich, der ihn mit fröhlicher Stimme ansprach:
„Junge, da gibt es doch nichts zu weinen. Den Sperrkreuzer bekommst du von mir und dir werden die Schläge vom Meister erspart bleiben. Noch dazu sollst du ein geschickter Schlosser werden, aber wenn du auch nur eine Sonntagsmesse versäumst, dann gehörst du mir, mit Haut und Haaren. Schlag ein oder bleibe vor den Toren der Stadt!“
„Ha“, dachte sich der Lehrbub, „es wird wohl ein Leichtes sein, jeden Sonntag die Messe zu besuchen, wir haben ja genug Kirchen in der Stadt“, und schlug ein.
So kam er doch noch vor Einbruch der Dunkelheit zum Meister und konnte den Lehm abliefern.
Gleich am nächsten Tag erschien das rote Männlein in der Schlosserei und bestellte einen eisernen Ring mit einem kunstvollen Schlosse für die Wiener Eiche. Diese war der letzte Baum von dem Wald, der einst bis an die Stadt gereicht hatte. Der Meister und der Geselle wagten aber nicht, den Auftrag anzunehmen und
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