Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
tüchtigen Prügeln und versteckten sich in der Mehlkammer. Als der Teufel und sein einäugiger Geselle wieder die Säcke zur Stiege hinauftrugen, erschienen die Bauern und erschlugen den einäugigen Fuhrmann. Der Teufel, der auch seine Tracht Prügel bekam, packte eiligst den toten Fuhrmann, warf ihn auf den Wagen und fuhr in Windeseile davon.
So wurde der Teufel aus der Klausenmühle vertrieben und nie wieder mit seinem Gesellen an diesem Ort gesehen, die Mühle aber hieß seit dem Teufelsmühle.
Meister Hans Puchsbaum
Die Arbeiten an der Wiener Stephanskirche zogen sich nicht nur über Jahrzehnte hin, nein, es wurde mittlerweile schon mehr als ein Jahrhundert daran gearbeitet. Endlich war das prächtige Werk fast vollendet, der schlanke Südturm stand schon, das Langhaus war sowieso schon fertig, und jetzt fehlte eigentlich nur mehr der Nordturm. Diese Arbeit sollte einem Baumeister übergeben werden, der versprach, den Turm in kürzester Zeit mit den geringsten Kosten zu bauen.
Da meldete sich auch der Baumeister Hans Puchsbaum, der damit Eindruck bei seinem zukünftigen Schwiegervater schinden wollte. Damit er den Auftrag auch bekäme, sprach er:
„Ich werde nur die Hälfte der Zeit der anderen Baumeister brauchen, um den Turm zu errichten!“
So ging der Auftrag also an Hans Puchsbaum, der bis dato ein unauffälliger Baumeister gewesen war und keine besonderen Leistungen vollbracht hatte.
Am Anfang, da verlief alles glatt, das Baugerüst wurde schnell und sicher aufgebaut und die Materialien bestellt. Dann traten schon bald die ersten Probleme auf, die Bauberechnungen waren nicht exakt, die Liefertermine des Baumaterials wurden nicht eingehalten, und bald schien es unmöglich, den Bau fristgerecht fertigzustellen.
Nun wurde Hans Puchsbaum oft noch bis spätabends auf der Baustelle gesehen, wie er verzweifelt und mit gerunzelter Stirn dort stand und versuchte auf helfende Ideen zu kommen. Da stand plötzlich ein altes, hutzliges Männchen vor ihm, mit dunklen, stechenden Augen.
„Du hast es nicht leicht und ich möchte nicht in deiner Haut stecken“, begann das Männchen, und wie es die Aufmerksamkeit seines Gegenübers hatte, sprach es weiter, „und ich weiß um die Sorgen, die dir das Leben schwer machen.“
„Wer bist du und was hast du hier zu suchen?“, fragte Hans erschrocken.
„Na, wer soll ich schon sein – ich bin der Teufel und bin überall da, wo Menschen mit ihren Kräften keinen Ausweg mehr finden. So will ich auch dir meine Hilfe anbieten, deinen Auftrag termingerecht zu Ende zu führen.“
„Ha, so leicht bekommst du meine Seele nicht!“, antwortete Hans mit starker Stimme.
„Nun denn“, sagte der Teufel höllisch grinsend, „dann machen wir halt noch eine Klausel in den Vertrag. Wie wäre es damit, dass wir uns darauf einigen, dass du während der weiteren Bauzeit nicht den Namen Gottes, der Gottesmutter Maria und den der Heiligen anrufen darfst.“
Das erschien dem jungen Baumeister nicht weiter gefährlich und vor allem durchführbar, zumal er nach dem Bau des Turmes ja vom Vertrag wieder befreit sein würde, und so schlug er ein.
Von diesem Tag an ging es am Bau so flott weiter wie am Anfang, und es war eine reine Freude den Arbeitern zuzusehen. Dem Hans war jetzt so leicht ums Herz, und das Leben erschien ihm wieder froh und heiter und vor allem lebenswert. Wie er so auf seinem Gerüst stand und über die Baustelle blickte, da sah er seine große Liebe unten vorbeigehen. Nun blieb sie stehen und schaute sich suchend um – „Bestimmt will sie mich sprechen“ –, dachte sich der junge Baumeister und rief winkend:
„Maria, Maria, hier oben bin ich!“
Da fing das Gerüst, auf dem er stand, auch schon zu schwanken an und mit einem gewaltigen Krachen geriet alles ins Wanken und stürzte wie ein Kartenhaus zusammen. Hans Puchsbaum wurde mit in die Tiefe gerissen und unter Schutt und Mauertrümmern begraben, von dem bereits gebauten Turmstück war aber überhaupt nichts mehr zu sehen. Staubwolken hatten sich über dem Ort des Unglücks gebildet, und als es endlich wieder still war, da hörte ganz Wien ein schrilles Hohngelächter und manch einer der Herbeigelaufenen wollte eine Teufelsgestalt gesehen haben, die etwas aus den Trümmern holte.
Nach diesem schrecklichen Vorfall gab die Stadt das Vorhaben, einen weiteren Turm an die Stephanskirche zu bauen, auf und ließ die Bautrümmer abtragen. So sehr man aber auch suchte und den Bauschutt bis auf den kleinsten
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