Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
ging Wiegand in den Stall, tauschte die vier schönen Pferde gegen vier elende Klepper aus und goss Weinhefe in die Betten der Betrunkenen.
Als die Herren am nächsten Morgen in den nassen Betten erwachten, da standen sie ganz still auf und ritten voll Scham auf den elenden Kleppern davon.
Dem Pfarrer ließen sie die schönen Pferde als Geschenk für die hinterlassene Unordnung.
Wiegand wusste sich auch sonst zu helfen. Die Gläubigen vom Kahlenberg wollten kein Geld für eine neue Fahne ausgeben. In der Osterzeit nun sollte der Pfarrer einst mit dem Kreuze gehen. Weil er aber keine gute Fahne hatte, hing er statt derselben seine „Bruch“, wie man damals zu den Hosen sagte, an die Stange und hielt die Prozession. Als die Bauern diese Schmach sahen, sagten sie zu ihm, dass es nicht richtig sei, dass er sie so beschämte.
„Ist es meine Schuld, wenn wir keine Fahne haben? Warum kauft ihr keine?“, gab der Pfaff zurück.
Nun gingen die Bauern nach Wien und kauften eine neue Fahne um 10 Pfund und dazu noch ein neues Messgewand für den Pfarrer.
Damit Wiegand nicht immer auf das Geld anderer Leute angewiesen sein musste, verkaufte er eigenen Wein an die zahlreichen Besucher des Kahlenberges. In manchen Jahren war damit das Einkommen der Pfarre gesichert, doch im Jahr 1331 verursachte ein schlechter Herbst eine Missernte.
Der Wein hatte zu viel Säure und war fast ungenießbar. Die Bauern, die sonst gern den Gottesdienst im Kahlenbergerdorf besucht hatten, um sich anschließend mit einem Glas guten Wein zu belohnen, die blieben jetzt aus, da sie die Messen in den näheren Kirchen besuchten. Der Pfarrer musste also zu einem Mittel greifen, um die Leute wieder in seine Gemeinde zu locken.
Er ließ nun im Sommer 1332 verkünden, dass er am nächsten Sonntag vom Kirchturm aus über die Donau fliegen werde. Das wurde von den Menschen rasch weitererzählt, und so war bald die gesamte Umgebung darüber informiert.
Die neugierigen Menschen strömten von nah und fern herbei, um dieses kuriose Schauspiel zu sehen. Der kluge Pfarrer verzögerte seine Darbietung von Stunde zu Stunde und ließ in der Zeit seinen schlechten Wein des Vorjahres verkaufen. Und weil es an diesem Tag so unglaublich heiß war, wurde er wirklich getrunken und erst, als sämtliche Vorräte verkauft waren, bestieg Meister Wiegand mit ernster Miene den Turm. Von hier aus schaute er auf die Menge herunter und fragte:
„Habt ihr jemals einen Menschen fliegen gesehen?“
„Nein“, rief die Menge und er sagte ganz ruhig:
„Dann werdet ihr mich heute auch nicht fliegen sehen!“, und kam wieder herunter. Da brach ein gewaltiger Tumult unter den Menschen aus, doch bald lachten die Leute über ihre eigene Dummheit und den listigen Pfaffen.
Ein Wiener Bürger hätte es lieber gesehen, wenn sein Neffe Wiegands Pfarrei bekommen hätte. So versuchte er alle Register zu ziehen, um Wiegand zu schaden und die Bauern gegen ihn aufzuhetzen. Er erzählte ihnen, dass der Pfarrer sich auf ihre Kosten ein feines Leben machen wolle und es eigentlich noch kein neues Kirchendach bräuchte. Noch dazu wollte er ihm einen üblen Streich spielen.
Er beauftragte einen Maler einen Wolf zu malen, der den Gänsen predigte und das Gesicht des Wiegand trug. Doch als das Bild am nächsten Sonntag an die Kirchentür angeschlagen wurde, stand Wiegand im Pfarrhaus und lachte sich eins.
In der Predigt bat Wiegand die Bauern nur um das Geld für die Reparatur des Dachteils über dem Altarraum. Das fanden sie Bauern sinnvoll und spendeten eifrig in den Klingelbeutel.
Als dann die Gemeinde aus der Kirche kam, stand der Wiener Bürger grün vor Wut unter den lachenden Menschen. Das Bild an der Kirchentür zeigte nicht den Wolf mit dem Gesicht des Pfarrers, sondern mit dem des Wieners.
Auch das Kirchendach wurde so repariert wie angekündigt, und als es am nächsten Sonntag in Strömen regnete, stand der Pfarrer Wiegand im Trockenen, während die Gemeinde durch und durch nass wurde.
Besonders anschaulich war die Darstellung eines Sprichwortes. Der Priester nahm eines Tages einen Sack voll Totenköpfe, ging damit auf den Kahlenberg und schüttete ihn dort oben aus. Natürlich kugelten sie in die verschiedensten Richtungen den Berg hinunter. Lachend rief er:
„Hier habt ihr den Beweis – viele Köpfe, viele Sinne.“
Margarete Maultasch
In Kärnten und Tirol erzählen sich die Einheimischen viel von der Gräfin und Landesfürstin Margarete Maultasch, die ein so großes Maul
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