Die Schokoladendiät
Und wir sollten Lucy helfen, ihre Nichthochzeit zu feiern, und uns köstlich amüsieren.»
«Das fällt mir mit dir überhaupt nicht schwer», sagte sie.
Addison betrachtete das karamellfarbene Brautjungfernkleid. «Das steht dir übrigens phantastisch.»
«Findest du?»
«Hm.» Er lächelte. «Glaubst du, meine Familie könntesich daran gewöhnen, dass ich eine reiche, weiße, ältere Frau heirate?»
Autumn lachte. «Glaubst du, meine Eltern würden sich daran gewöhnen, dass ich einen armen, schwarzen, jüngeren Sozialarbeiter heirate?»
«Ich schätze, wenn wir es ihnen früh genug sagen, werden sie irgendwann lernen, damit zu leben.»
Sie schaute zu ihm auf. «Ist das ein Heiratsantrag, Addison Deacon?»
«Nun, es könnte einer sein», lächelte er. «Versprich mir nur eins. Falls wir heiraten …»
«
Wenn
wir heiraten», verbesserte sie ihn.
«… bitte organisier keine Drogenübergabe für deinen Bruder, kurz bevor wir den Bund fürs Leben schließen.»
«Oh, da kannst du dir aber hundertprozentig sicher sein», entfuhr es ihr entschlossen.
75
Nadia
wusste nicht, ob sie wegen ihrer eigenen Situation, ihrer Freundin oder dem Leben ganz allgemein so durcheinander war. Sie wusste nur, dass sie sich inzwischen seit einer knappen Viertelstunde auf der Damentoilette versteckte und sich die Augen aus dem Kopf heulte. Den größten Teil des Tages hatte sie überstanden, ohne auf Schmerzmittel, Antidepressiva oder übermäßig viel Alkohol zurückzugreifen – mit Ausnahme des einen oder anderen Glases Champagner. Jetzt war ihr alles ein wenig zu viel. All die sentimentalen Lieder, die der DJ auflegte, erinnerten sie an Toby und die glücklichen Zeiten mit ihm. Ihr Hochzeitstag war längst nicht so glamourös gewesen wie Lucys, aber wenigstens war ihr Bräutigam aufgetaucht. Nadia saß auf dem Toilettendeckel und zupfte eine weitere Handvoll Papier aus dem Spender, um hineinzuschluchzen.
Einen Moment später hörte sie, wie die Tür aufgerissen wurde und eine vertraute Stimme «Mummy!» rief. Seine kleinen, entschlossenen Schritte tappten über die Fliesen. «Mummy, bist du da drin?»
Sie schniefte in das Klopapier. «Ja, Schatz. Hier. Ich bin gleich bei dir.»
«Ich wusste nicht, wo du hin warst», schmollte ihr Sohn.
Nadia betätigte überflüssigerweise die Spülung und öffnete dann die Tür. Sie zwang sich zu einem Lächeln. «Da bin ich. Ich hab dich doch bei Tante Autumn gelassen. Was machst du hier?»
«Autumn tanzt mit Addison, und da hab ich mich rausgeschlichen, um dich zu suchen», gestand er.
Sie kniete sich vor ihn und strich ihm ein paar Strähnen aus der Stirn. «Das sollst du doch nicht», erklärte sie ihm. «Aber ich bin froh, dass du mich gefunden hast.»
«Das ist eine schöne Party. Ich hab ganz viel Schokolade gegessen.»
Wie die Mutter, so der Sohn. Von dem ganzen Zucker war er wahrscheinlich später nicht mehr zu bändigen, und sie würde wohl diese Nacht nicht viel Schlaf bekommen. Ach, das eine Mal machte das nichts. Nadia lachte, trotz ihrer Sorgen. «Ja, die Party ist wirklich toll.»
Lewis zupfte am Kragen seines schicken Hemds. In diesen Sachen sah er wirklich aus wie ein kleiner Mann. «Und warum weinst du dann?»
Sie wollte Lewis schon sagen, sie hätte nicht geweint, doch ihre roten Augen und ihre fleckigen Wangen verrieten sie. Ihr Sohn mochte erst vier sein, doch er ließ sich kein X für ein U vormachen. Doch wie sollte sie Lewis erklären, dass sie um den Verlust ihres Mannes trauerte, ihrer großen Liebe? Dies war das erste Fest, das sie ohne ihn besuchte, und obwohl sie es um nichts in der Welt hätte versäumen wollen, hatte sie sich doch auch ganz schön zusammenreißen müssen – besonders da der Tag nicht nach Plan gelaufen war.
Sie überlegte, was in Lewis’ Kopf vor sich ging. Vermisste er seinen Vater genauso sehr wie sie? Lewis kam mit dem Tod seines Vaters bemerkenswert gut zurecht, doch Nadia war sich sicher, dass er innerlich litt. Wie gingen Kinder mitso einem verheerenden Gefühl wie Trauer um? Wenn sie nur wüsste, was ihr Sohn dachte, könnte sie ihm vielleicht dabei helfen. «Mummy ist nur ein wenig traurig.»
«Weil Daddy nicht hier ist?»
Nadia nickte. «Ja, ich vermisse ihn sehr.»
«Daddy kommt nicht aus dem Himmel wieder, oder?»
«Nein, Schatz.» Sie legte ihm beruhigend die Hand in den Nacken. «Jetzt haben wir nur noch uns.»
«Das schaffen wir schon, Mummy.» Er lehnte sich an sie und schob den Daumen in den Mund. Das
Weitere Kostenlose Bücher