Die Schokoladendiät
Tür zu. Er lässt den Wagen an, und ich sehe ihm nach, wie er elegant um die Kurve steuert, ohne ein einziges Blumenbeet zu überfahren, und dann das prachtvolle Tor passiert. Eine Träne rollt mir langsam über die Wange, während ich hinter Marcus herstarre, bis er nur noch ein winziger, dunkler Fleck in der Ferne ist.
Guter Gott. Ich muss noch was trinken. Entschlossen nehme ich mir noch ein Glas Sekt und kippe es in einem Zug hinunter. Ich greife nach dem nächstbesten Cocktailstäbchen, spieße eine Erdbeere auf und halte sie unter den herabplätschernden Schokoladenstrom. Dann sage ich mir: «Zum Teufel damit», werfe Stäbchen und Erdbeerebeiseite und halte einfach die Zunge in den köstlichen Schwall. Mein ganzer Mund läuft voll Schokolade, und ein Teil davon rinnt mir übers Kinn und tropft auf mein Brautkleid. Etwas spritzt wohl auch bis zu meinen Haaren hoch. Ich möchte mich mit Schokolade besaufen. Ich möchte sie überall spüren, in mir drin und auf mir drauf. Ich fühle mich wunderbar dekadent und würde mir am liebsten die Kleider vom Leib reißen und mich nackt unter den Schokoladenstrom stellen. Das wäre vielleicht das perfekte Ende für dieses Fest – auch wenn der Pfarrer bestimmt schockiert wäre.
«Hallo, mein beschwipstes Pralinchen», höre ich eine Stimme hinter mir. Es ist eine Stimme, die ich sehr gut kenne.
Ich fahre herum und komme etwas schwankend zum Stehen.
«Mr. Sexy?»
Träume ich? Nein. Der Mann, der breit grinsend direkt vor mir steht und meinen Schokomund, mein Schokokleid und mein Schokohaar betrachtet, ist wirklich und wahrhaftig Mr. Aiden Holby.
82
«Großer
Gott! Was machst
du
denn hier?», stammele ich.
«Deine Freundinnen haben mich angerufen und eingeladen», erzählt Mr. Sexy. «Und da hab ich mich gleich auf den Weg gemacht.» Er lächelt mich zärtlich an. «Du siehst ein bisschen mitgenommen aus, Herzchen.»
Ich breche in Tränen aus. «Der Tag heute war einfach fürchterlich.»
Mr. Sexy nimmt eine Serviette vom Schokoladenbrunnen. Er trocknet mir sanft die Tränen und wischt mir dann die Schokoladenspuren am Mund weg. Ich weine noch ein bisschen mehr, weil er so zärtlich ist.
Dann nimmt er mich in seine starken Arme. «Ganz ruhig. Ich bin jetzt hier, und bald geht es schon wieder besser», sagt er leise. Ich schluchze noch ein bisschen. Mr. Sexy drückt mich an sich, obwohl ich so seinen wunderschönen Anzug bestimmt mit Schokolade versaue. Toni Braxtons «Unbreak My Heart» ertönt, und Mr. Sexy dreht sich langsam mit mir im Kreis. Ich überlege, ob ich mich nicht zumindest der Form halber ein bisschen wehren sollte, aber die meisten meiner Gäste sind inzwischen so betrunken, dass sie bei unserem Anblick nicht einmal mit der Wimper zucken.
«Marcus hat mich einfach vor dem Altar stehen lassen», schniefe ich.
«Ich weiß, ich weiß.» Mr. Sexy streicht mir das Haar aus dem Gesicht. «Es tut mir schrecklich leid, Lucy.»
«
Mir
nicht», schluchze ich. «Ich bin sogar froh. Ihn zu heiraten wäre ein Fehler gewesen.»
«Da hast du recht», stimmt er mir zu. «Und ehrlich gesagt tut es mir nicht im Geringsten leid, sondern ich bin unendlich glücklich darüber. Der Gedanke, dass du Marcus heiratest, war mir unerträglich, und auch wenn ich dir so was wie heute nie gewünscht hätte, bin ich doch froh, dass die Hochzeit geplatzt ist. Als Chantal mich anrief, bin ich sofort hierhergekommen. Wie gut, dass du meine Nummer in deinem Handy noch nicht gelöscht hattest.»
Ich lächele. «Ja, nicht wahr.»
«Wahrscheinlich hätte ich sogar hierher fliegen können, so high war ich vor Freude.»
«Und du hältst mich nicht für grässlich und unerträglich?»
«Nein», wehrt er ab. «Ich finde dich wunderbar, und zwar seit jeher.»
«Ich dachte, ich hätte es mir mit dir verdorben und das mit uns würde nie etwas werden.»
«Schsch.» Er legt mir den Finger auf die inzwischen wieder sauberen Lippen. «Das alles gehört jetzt der Vergangenheit an.»
«All meine Dummheiten tun mir schrecklich leid.»
Aiden lacht. «Aber für die liebe ich dich doch gerade.»
«Du liebst mich?»
«Ja», antwortet er.
«Ich auch.» Quatsch, was bin ich dusselig. «Ich meine, ich liebe
dich
auch
.»
Die Gäste räumen nach und nach den Tanzboden, bis nur noch Mr. Sexy und ich zurückbleiben. Der DJ richtet den Scheinwerfer auf uns. Dann legt er: «If I Ain’t Got You» von Alicia Keys auf. Mr. Sexy und ich lächeln selig zu dem schmalzigen
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