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Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Titel: Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Soboczynski
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Deshalb entkleiden
     sie sich so langsam. Mit jedem Geständnis schaffen die Geheimnisvollen nur ein neues, unergründliches Geheimnis ihrer selbst,
     das zu lüften jeder Verliebte sich vornimmt. So unheilvoll verfällt man Geheimnisvollen.
    Die Geheimnisvollen sind mächtig. Sie schaffen Abhängigkeiten, die zerstören. Sie lassen Verliebte zappeln. Sie gehen nicht
     ans Telefon, wenn man sie am dringendsten zu sprechen begehrt. Immer entziehen sie sich schmerzhaft. Begegnungen mit ihnen
     sind immer nur flüchtig. Alle rätseln etwas in sie hinein. Die Geheimnisvollen verdecken, dass kein Geheimnis ihnen anhaftet.
    Der Makel der Geheimnisvollen: dass sie eher in erotischer Umnachtung begehrt, als geliebt werden. Ihre größte Chance: dass
     sie bisweilen überschätzt werden.
    Der virtuose Verstellungskünstler vermag beides zu sein: Humorvoll und geheimnisvoll, je nachdem, welchen Zustand sein Vorhaben
     erfordert. Und immer denken die anderen, dass sie unverrückbaren Charakterzügen ausgesetzt sind. |127| Nur der Verstellungskünstler weiß, dass er sich vom Humorvollen jederzeit in den Geheimnisvollen verwandeln kann, vom Geheimnisvollen
     in den Humorvollen.
    Die Geheimnisvollen sind schön, die Humorvollen liebenswert.

[ Menü ]
    |128| 21 EINEN KOMPROMISS VORTÄUSCHEN
    A uch noch dieser Termin! Sie blicken ungläubig in Ihren Kalender, rufen Ihre Sekretärin Karin Sentmüller an: »Gleich muss ich
     den Kai Lantzer treffen?« – »Ja«, sagt Ihre Sekretärin, »das ist so vereinbart.« – »Das lässt sich wohl nicht mehr verschieben
     …«, sagen Sie mehr zu sich selbst. Die Sekretärin sagt, dass Sie Ihren Mitarbeiter bereits letzte Woche vertröstet haben.
     »Ja, ja, ich weiß«, erwidern Sie, »er soll sich aber ein wenig gedulden. Ich muss kurz an die frische Luft.«
    Sie legen auf, greifen nach einem dünnen Ordner, streifen sich Ihren Mantel über und erreichen bereits fünf Minuten später
     ein kleines Restaurant, das einen separaten Raucherbereich eingerichtet hat. Sie stecken sich erst einmal eine an. Seit der
     Betriebsrat im Einklang mit der allgemeinen Gesetzgebung, da sich einige Mitarbeiter beschwert hatten, ein rigoroses Rauchverbot
     in Ihrem Verlag durchgesetzt hat, dürfen Sie selbst in Ihrem eigenen Büro nicht mehr rauchen. Sie tun es natürlich trotzdem
     – Gott, Sie sind der Verlagsleiter, aber zumeist begehen Sie diesen Regelverstoß erst am frühen Abend, wenn ohnehin kaum mehr
     jemand im Verlag sitzt.
    |129| Sie bestellen, wie immer, einen doppelten Espresso mit Milchschaum, blättern durch den dünnen Ordner, der die Gehälter in
     Ihrem Verlag auflistet. Kai Lantzer, keine Frage, ein guter Lektor, noch so jung, Anfang dreißig, den haben Sie selbst entdeckt.
     Ziemlich umtriebig ist der, Sie lächeln, wie der Ihnen vor einem Jahr die Übersetzungsrechte eines großen britischen Romans
     über den Bombenkrieg der Deutschen vermittelt hatte! Literatur über Nazis, klar, das läuft immer halbwegs, vor allem, wenn
     sie gut gemacht ist, aber eine für deutsche Verhältnisse monströse sechsstellige Summe hinzublättern, ja, da schüttelten die
     anderen Verleger nur die unbehaarten Köpfe. Das rechnet sich nicht! Ihr seid verrückt, haben die gesagt. Aber nun scheint
     die Rechnung tatsächlich aufzugehen. Auch, da Lantzer ein Magazin zum Vorabdruck des Werkes bewegen konnte. Das Magazin hat
     jetzt sogar eine große Online-Plattform eigens für dieses Buch eingerichtet, was Sie sehr freut, da dieser ganze Rummel einer
     riesigen Gratis-Werbeaktion gleichkommt. Und dann gibt es ja auch noch diesen Überraschungserfolg eines jungen Autors, den
     Kai Lantzer aufopferungsvoll betreut hat und den man beinahe schon hatte fallen lassen. Nur ein dünnes Bändchen. Aber: Platz
     7 auf der Bestsellerliste!
    Guter Mann, der Kai Lantzer, vielleicht ein bisschen überengagiert. Na ja, das wird sich geben. Dass der aber gleich, mit
     dem ihm eigenen forschen Blick, zu Ihnen ins Büro zu treten beabsichtigt, damit Sie ihm sein Gehalt aufstocken, missbehagt
     Ihnen dennoch sehr. Denn die Auslagen in den vergangenen Monaten waren erheblich. Die |130| Autoren, vertreten von ihren raffgierigen Agenten, werden immer dreister, die Vorschüsse, die sie verlangen … Sie verziehen
     das Gesicht, da ist wieder dieses Stechen in der Magengegend. Sie müssen unbedingt mal zum Arzt. Sie schnaufen. Ach, zu nichts
     hat man mehr Zeit, jeder will was von Ihnen, dauernd klopft es an Ihrer Tür, hier eine

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