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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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werden dadurch unsere Reise um einen Tag oder mehr verkürzen, wenn wir nicht um das Cape Breton segeln müssen.”
    “Nehmen alle Schiffe zum Miramichi diesen Weg?”, fragte Jenny, und Harris Chisholm war für diesen Moment vergessen. Sie war begierig, so viel wie möglich über den Bau von Schiffen und die Seefahrt zu lernen, damit sie sich mit ihrem Bräutigam darüber unterhalten konnte.
    Kapitän Glendenning schüttelte den Kopf. “Canso ist bei schlechtem Wetter oder mit einer unerfahrenen Mannschaft eine gefahrvolle Durchfahrt. Doch wir werden die Passage bei gutem Wetter nehmen. Im Südwesten braut sich ein Sturm zusammen, aber wir werden den Canso durchschifft haben, ehe er losbricht. Mit etwas Glück werden wir zuvor den Hafen von Richibucto erreichen. Die Untiefen und Sandbänke an der Einfahrt zum Fluss sind schon gefährlich genug bei gutem Wetter. Mehr als ein Schiff habe ich verloren …”
    “Richibucto?”, fragte Jenny ärgerlich und ängstlich zugleich. “Ich dachte, unser Zielhafen ist Miramichi.”
    “Das ist er auch, Mädchen. Das ist er auch”, versicherte der Kapitän. “Wir bleiben in Richibucto einen oder zwei Tage – mehr ist leider nicht möglich.”
    Jenny warf ihm einen fragenden Blick zu.
    “Es ist mein Heimathafen”, erklärte Kapitän Glendenning. “Ich besitze in der Nähe eine kleine Farm, wo mein Weib und die Familie lebt. Ich werde nicht viele Gelegenheiten haben, sie dieses Mal zu besuchen. Vielleicht kann ich meinem Schwager jedoch helfen, das Heu einzufahren.”
    “Es muss schwer für Ihre Frau sein, wenn Sie so oft fort sind”, sagte Jenny.
    Der Kapitän zuckte die Schultern, doch sie entdeckte den schmerzlichen Ausdruck in seinem wettergegerbten Gesicht. “Es kostet viel Geld, eine gute Farm aufzubauen. Geld für Samen, Gerätschaft und Vorräte. Ein Mann mit einem Kapitänspatent kann gutes Geld verdienen. Außerdem”, fügte er unbeholfen hinzu, “bin ich einer dieser unsteten Burschen, die Salzwasser im Blut haben. Jeden Winter sage ich mir, ich habe genug, und will mich auf die Farm zurückziehen. Doch wenn der Frühling kommt und all die kleinen Schiffswerften die neu gebauten Barken und Briggs auf dem Fluss ins Wasser lassen, packt mich die Sehnsucht nach der See, und es zieht mich fort.”
    Jenny musste zugeben, dass das Leben, wie Kapitän Glendenning es beschrieb, äußerst reizvoll war. In diesen sechs kurzen Wochen war ihr die
St. Bride
ein neues Zuhause geworden. Sie liebte die reine, klare Brise des Meeres und den rhythmischen Schlag der Wellen gegen den Rumpf des Schiffes, der sie jede Nacht zum Schlummern brachte. Wenn der launenhafte Ostwind die Segel der Bark füllte und sie mit aufgeblähter Takelage dahinschoss, regte sich in Jennys Seele ein Sinn für Abenteuer und Lebenslust.
    “Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, Miss Lennox.” Der Kapitän grüßte, indem er die Hand an die Mütze legte. “Ich muss noch einige Vorbereitungen treffen, ehe wir in den Canso einlaufen.”
    Mit einem fröhlichen Lächeln entließ sie Kapitän Glendenning. Ihr Herz war erfüllt von Freude. Am liebsten hätte sie die ganze Welt umarmt. Bei Einbruch der Nacht würden sie durch den Kanal von Canso sein, danach zu einem kurzen Aufenthalt Richibucto anlaufen, und anschließend ging es nach Miramichi. So unmöglich es auch einst schien, ihr Traum begann wahr zu werden. Als Jenny daran dachte, fiel ihr der Mann ein, der ihn Wirklichkeit werden ließ.
    “Thomas”, rief sie hinauf zu dem Schiffsjungen, der in der Takelage herumkletterte. “Ist Mr Chisholm irgendwo zu sehen?” Wenn Harris überhaupt an Deck war, konnte Thomas Nicholson ihn ganz leicht von oben ausmachen.
    “Er ist hinten auf dem Achterdeck, Miss Lennox”, rief der Junge herab.
    Harris wartet also an unserer luftigen Schulbank, schoss es Jenny durch den Kopf. Die Gedanken an das baldige Ende ihrer Reise hatten sie völlig den Leseunterricht vergessen lassen. Deshalb hatte Harris so ungeduldig zu ihr gesprochen. Sie hatte sein Vergnügen an ihren gemeinsamen Studien gefühlt. Es musste ein unglaubliches Empfinden sein, wenn man einem anderen Menschen den geistigen Horizont zur Welt der Bücher und des Wissens weisen konnte. Eines Tages würde sie dieses wertvolle Geschenk, das Harris ihr gab, weitergeben an andere, indem sie ihnen Lesen beibrachte.
    Ich muss mich auf den Unterricht konzentrieren, forderte sich Jenny insgeheim auf, als sie sich auf die Suche nach Harris machte. Wenigstens

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