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Die schottische Lady

Die schottische Lady

Titel: Die schottische Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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schmerzhaft pochten. Dann ließ sie die Zofe eintreten, die sie seit ihrer Kindheit kannte. »O Mary Jane, ich fühle mich so elend. Was für eine grauenvolle Nacht ... «
    »Ja, dieser sonderbare Mond!« Die Zofe öffnete den Schrank und nahm Unterwäsche für ihre Herrin heraus. Freundlich lächelte sie ihr zu, ein hübsches, schlankes Mädchen mit hellgrünen Augen und braunem Haar. »Ständig verschwand er hinter den Wolken, kam wieder hervor und raubte mir den Schlaf.«
    »Hast du - irgendetwas Ungewöhnliches - gesehen oder gehört?«
    Mary Jane schüttelte den Kopf. »In solchen Nächten ziehe ich die Decke über den Kopf. Was könnte ich da sehen und hören?«
    »Natürlich gar nichts ... Mary Jane, würdest du den Bergarbeitern ausrichten, sie sollen sich den Vormittag frei nehmen?«
    »Aber sie erhalten doch einen Stundenlohn. Darauf sind sie angewiesen.«
    »Und sie werden ihr Geld auch heute Morgen bekommen, obwohl sie nicht arbeiten.«
    »Hoffentlich ist dein Großonkel damit einverstanden, Shawna.«
    »Während der letzten Tage haben wir viel Zeit verloren, weil wir dauernd erörtern, ob im neuen Schacht gearbeitet werden soll oder nicht. Heute Vormittag werden sich die Männer erst mal entspannen und mit ihren Frauen und Kindern Tee trinken.«
    »Das ist sehr großzügig von dir.«
    »Oh, ich wünschte, ich wäre wirklich großzügig. Aber ich habe verschlafen. Eigentlich wollte ich viel früher aufstehen, die nötigen Maßnahmen treffen und mich selber um Tee und Gebäck, doch ... Nun, du weißt es ohnehin. Dieser verdammte Mond! jetzt werde ich mit dem Reverend sprechen. In zwei Stunden findet ein Gottesdienst beim Bergwerk statt.«
    »Darf ich ganz offen reden, Shawna?«
    »Das tust du doch immer. Warum bittest du mich plötzlich um Erlaubnis?«
    »Also gut. Dein Großonkel wird sich schrecklich über die vergeudete Zeit ärgern. «
    »Zum Teufel mit Onkel Gawain!«
    Mary Jane lächelte. »Nun, dann will ich hoffen, dass er die Botin nicht erschießt.«
    »Sicher wird er seinen Zorn an mir auslassen. Wenn ich Glück habe, kann ich das Schloss unbemerkt verlassen, ehe er mich zurückhält und meine Pläne womöglich durchkreuzt. Bitte, lauf jetzt los - und beeil dich! Wahrscheinlich sind die meisten Männer schon zur Arbeit gegangen. Einen Augenblick noch, Mary Jane … «
    »Aye?«
    »Gibt's irgendwelche Neuigkeiten? Hat jemand Geister oder Leichen gesehen?«
    »Geister oder Leichen?« wiederholte das Mädchen verblüfft. »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Wird jemand vermisst?«
    »Nein. Warum stellst du mir so sonderbare Fragen, Shawna? Was ist denn los mit dir?«
    »Ich - ich mache mir eben Sorgen wegen der Bergmänner.«
    »Glaubst du, dass es in diesem Schacht spukt?«
    »Natürlich nicht. Ich suche nur nach logischen Erklärungen für die gespenstischen Geräusche.«
    »Soviel ich weiß, ist niemand da hinuntergefallen, der an die Wände klopfen könnte.« Lachend rannte die Zofe aus dem Zimmer, und Shawna trat auf den Balkon.
    Hell schimmerten die Druidensteine im Sonnenschein. Unzählige Blumen blühten auf den smaragdgrünen Wiesen, wo die Rinder weideten. Rings um den See erhoben sich die Klippen wie stumme Wächter. Nie war ihr die Landschaft friedlicher erschienen, und sie vermochte kaum zu glauben, was sich letzte Nacht ereignet hatte'.
    Aber sie wusste, dass David sich irgendwo da draußen herumtrieb. Sie eilte ins Zimmer zurück, zum Waschtisch, und zog ihr Nachthemd aus. Schaudernd spritzte sie kaltes Wasser in ihr Gesicht.
    Nein, sie hatte sich nichts eingebildet. An ihrer Haut haftete immer noch sein maskuliner Geruch. Sie ergriff den Krug und goss Wasser über ihren Kopf. Um Himmels willen, was sollte sie tun? Was konnte sie tun? David war verschwunden, am Ufer des Sees lag keine Leiche. Wenn sie doch wüsste, was in jener Nacht vor fünf Jahren geschehen war ...
    In diesem Augenblick beschloss sie, dem Laird zu helfen und die Wahrheit herauszufinden.
     
    ***
     
    Um halb elf stand sie mit Reverend Massey am Eingang des Hauptschachts, der in einen der Felsen am See führte. Die Bergarbeiter und ihre Familien hatten sich versammelt. Unsicher senkten die Frauen die Köpfe, und die Männer hielten ihre Mützen in den Händen.
    »Werden Sie's schaffen, Shawna?« fragte der Priester besorgt.
    Sie lächelte wehmütig. Würde sie den Leuten einreden können, dass es in diesem Schacht nicht spukte, während sie mit einem Geist kämpfte? »Das weiß ich nicht, Reverend. Aber ich glaube, es

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