Die schottische Rose
seinen Mund wieder auf ihre Lippen senkte und Juliet lächelnd die Augen schloss und ihn mit ihren Armen umfing.
… heiraten, beendete Connor den angefangenen Satz in seinem Kopf, bevor das Verlangen und die Lust, die diese Frau in ihm hervorriefen, seinen klaren Verstand ausschalten konnten. Jetzt war nicht der rechte Moment für einen förmlichen und romantischen Heiratsantrag, dachte er noch. Aber er wusste genau, wann dieser Moment kommen würde. Dann spürte er, wie Juliet ihre Hüften hob und gegen seine Männlichkeit drängte, und alle Gedanken an Argyll von Albany, Hamish, den König oder Schottland, alles, außer der Wahrnehmung dieses wundervollen, erfüllenden Moments ihrer Vereinigung verschwanden aus seinem Bewusstsein.
*
Fanfaren schmetterten und die Trommler schlugen ihre Wirbel. Die Menge in der Kirche und die Hunderte von Menschen, die sich auf dem großen Platz vor der Abtei von Scone versammelt hatte, brachen in laute Jubelschreie aus, als Jakob Stewart, gekleidet in einem königlichen Purpurmantel mit Hermelinsaum, sich von den Knien erhob, nachdem ihm der Erzbischof den goldenen Reif auf das Haupt gedrückt und die uralten Worte der Zeremonie gesprochen hatte.
» … und hiermit«, schloss der Erzbischof, »erhebt Ihr, Jakob Stewart, Euch nunmehr als James I., König von Schottland.«
»Lang lebe James!«, riefen die Menschen. »Lange lebe der König.«
Es war ein erhebender Moment, und Juliet stimmte aus ganzem Herzen in die Hochrufe ein. Sir Archibald von Grant, der mit seiner Gemahlin Lady Hether und seinen ältesten Söhnen James und Einar neben ihr stand, hatte Tränen in den Augen, als er laut sein Hoch auf den König hinausrief. Für diesen Moment hatte der schottische Laird lange gekämpft.
Juliet sah sich nach William von Grant um, dem jüngsten Sohn des Chieftains. Er stand zwei Reihen hinter ihr. Sein Gesicht war gerötet, und seine Augen leuchteten. Allerdings wusste Juliet nicht, ob das an diesem berauschenden Moment oder vielleicht eher an Rianna McPherson lag. Connors jüngere Schwester stand dicht neben William.
Juliet hob überrascht die Brauen, als sie sah, dass sich die beiden jungen Leute an den Händen hielten. Sie unterdrückte ein Lächeln. Ihr war in den letzten Tagen zwar aufgefallen, dass William und Rianna sich kaum von der Seite wichen, wenn sie in Gesellschaft waren. Aber sie hatten nur wenig miteinander gesprochen und sich so gut wie nie berührt. Bisher hatten sie es geschickt verstanden, jeden Verdacht zu vermeiden. Nur die in Liebesdingen so scharfäugige Nanette hatte bemerkt, dass die beiden häufig verschwanden, sobald sie eine Gelegenheit fanden, und dann wie aus dem Nichts wieder auftauchten.
Juliets Blick streifte ihre Freundin Nanette, die vor Stolz fast geplatzt war, als Joan Beaufort ihr ebenfalls einen Ehrenplatz bei der Zeremonie verschafft hatte. Allerdings schien Juliets Freundin von den eigentlichen Feierlichkeiten nicht viel wahrgenommen zu haben. Denn seit Buffon O’Dermick bei diesen dramatischen Vorfällen am Hafen von Leith auf so heldenhafte Weise, wie Nanette immer wieder betonte, den König gerettet hatte, war sie dem Iren kaum von der Seite gewichen. Sie hatte nicht einmal Juliet auf Tritt und Schritt bewachen können, und selbst von Nanettes üblichen neugierigen Fragen war Juliet verschont geblieben. Sie wusste zwar nicht mit Sicherheit, wo Nanette die Nächte verbrachte, aber nach dem zufriedenen Lächeln zu urteilen, mit dem Buffon Nanette betrachtete, und der Röte auf den Wangen ihrer Zofe konnte Juliet es sich sehr gut vorstellen.
Doch sie war nicht traurig darüber, im Gegenteil. Sie freute sich für ihre Freundin. Wie hätte sie auch anders empfinden können, wo ihr Herz doch so voller Liebe war. Ihr Blick glitt zu dem hochgewachsenen Mann an ihrer Seite. Als sie sein Profil sah, erlitt ihre Freude über diesen historischen Tag, an dem sie endlich den Preis für ihre Bemühungen, Jakob Stewart und Joan Beaufort den Weg zum Thron zu ebnen, einstreichen konnte, einen Dämpfer.
Connors markantes Gesicht schien wie aus Stein gemeißelt. Gewiss, er brachte ebenfalls sein Hoch auf den König aus, und Juliet wusste, dass er es auch meinte. Aber die Art, wie er seine Lippen zusammenpresste, die Nasenflügel blähte und seine Augen zu Schlitzen zusammengezogen hatte, sagten ihr deutlich, dass er an etwas ganz anderes dachte als daran, dass Schottland nun endlich wieder von einem gekrönten Haupt regiert wurde. Und sie ahnte,
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