Die schottische Rose
Bruders konnte er sich nicht entziehen. Wie unter Trance reichte er ihm das Bonnet mit den zwei Federn.
Connor nickte. »Ich danke dir, dass du es für mich aufbewahrt hast. Ich weiß das zu schätzen.« Mit diesen Worten setzte er sich die Mütze auf seine rotbraunen, glänzenden Haare und drehte sich zu seiner Mutter und seiner Schwester herum, die an der Tür hinter dem Podest stehengeblieben waren und die Vorgänge schweigend beobachteten.
Elizabeth McPherson rang zwar die Hände vor ihrer Brust, und Tränen liefen ihr über die Wangen, aber dennoch flog ein Lächeln über ihr verhärmtes Gesicht, als sie nickte und mit der rechten Hand ein Kreuz schlug, als wolle sie Connor segnen.
Rianna, deren Haar ebenso rotbraun war wie das von Connor, die jedoch bernsteinfarbene Augen hatte, strahlte vor Freude und Stolz und lächelte über ihr ganzes Gesicht.
Ein hörbares Aufatmen ging durch die Männer an dem langen Tisch vor ihm, während Connor sich zu ihnen herumdrehte. Die beiden langen Federn wippten an der Kopfbedeckung, als Connor jetzt über das Podest schritt, direkt auf den Tisch zu, an dessen Spitze Angus Shaw mit seinem ältesten Sohn Roche saß, neben ihm Gregor Donnegal vom Clan Gordon mit seinen beiden Söhnen Einar und Will sowie Malcolm Fraser, allesamt alte Freunde und Verbündete der McPhersons. Neben ihnen saß William MacKenzie, der Chieftain eines der größeren Clans in den östlichen Highlands. Es hatte Connor überrascht, ihn ebenfalls hier zu sehen. Seine Mutter hatte in ihren Briefen nicht erwähnt, dass Rob McPherson die MacKenzies ebenfalls zu seinen Verbündeten zählte – oder sie unterworfen hatte …
Und wenn Connor die Mienen Williams und Alwyth MacLeods richtig deutete, war sein Bruder Hamish soeben kurz davor gewesen, sich deren Gefolgschaft zu verspielen.
Als er den Tisch erreichte, wusste er, dass er die erste Hürde genommen hatte, denn Rob Menzies, der Patriarch des Menzies-Clans, erhob sich von seinem Stuhl am Kopfende des Tisches, trat auf ihn zu und umarmte ihn.
»Willkommen zu Hause, Connor«, sagte der rothaarige Mann, der fast einen Kopf kleiner war als er. »Hier. Setzt Euch auf den Platz, der Euch gebührt!«
Connor lächelte den Mann an, setzte sich jedoch noch nicht auf den Stuhl, den Rob ihm freigemacht hatte, sondern blieb stehen, um die anderen Männer an dem langen Tisch zu mustern. Erst als sie beifällig murmelten und selbst William MacKenzie einmal mit seinem massigen Schädel nickte, warf Connor mit einer flüssigen Bewegung den Umhang zurück und setzte sich.
Er hörte wütende, stampfende Schritte auf dem Podest, unmittelbar danach wurde eine Tür aufgerissen und vernehmlich ins Schloss geschlagen. Hamish hatte den Saal verlassen. Seine Mutter und Rianna folgten ihm. Das hier war jetzt Männersache, und Elizabeth McPherson hatte getan, was sie konnte, nämlich Connors Glaubwürdigkeit bestätigt. Jetzt kam es nur noch auf Connor selbst an.
Er biss die Zähne zusammen, während er die Magd heranwinkte, die im Hintergrund der Halle wartete. »Bier!«, befahl er. »Für alle. Und einen Becher vom besten Whisky meines Vaters!« Die Männer starrten ihn an, aber Connor schwieg, bis die Magd mit einer Küchenhilfe und zwei großen Tabletts mit den Getränken zurückgekehrt war und alle Anwesenden frische Humpen und kleine Becher mit Whisky vor sich stehen hatten. Connor erhob sich und nahm den kleinen Stampfer aus Zinn in die rechte Hand.
»Es ist wohl eher nicht der rechte Moment, einen Nachruf auf meinen Vater zu halten.« Connor verzog spöttisch die Lippen. »Wie ihr vermutlich wisst, bin ich außerdem auch nicht der Richtige dafür. Ich weiß nicht, was Hamish euch alles erzählt hat. Ich jedoch, Connor McPherson, der erstgeborene Sohn Rob McPhersons und nach Recht und Sitte der Chieftain des McPherson-Clans, werde euch an dieser Stelle nur Folgendes sagen, und das gilt für mich, die McPhersons und wie es auch für unser Schottland gelten sollte.« Er holte tief Luft, während er seinen Blick über die Männer an der langen Tafel gleiten ließ. Keiner wich ihm aus, in allen Blicken las er gespannte Erwartung. Er lächelte und straffte unmerklich seine Schultern unter seinem Überwurf, als er den Becher noch ein Stück höher hob. »Nemo me impune lacessit!«, stieß er hervor. »Niemand fordert mich ungestraft heraus!« Er wartete, um die Wirkung seiner Worte zu beobachten. Es war das Motto des schottischen Ordens der Distel, dessen Abzeichen die
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