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Die schottische Rose

Die schottische Rose

Titel: Die schottische Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo MacDoherty
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einnehmen? Das wird dir nicht gelingen! Niemals!« Hamish fuhr herum und riss das Bonnet mit den beiden Federn des Chieftains vom Tisch. »Es gehört mir!« Er kreischte die letzten Worte fast heraus und musste mit den Tränen kämpfen, die ihm in die Augen stiegen. »Mir!«
     
    Connor McPherson rührte sich nicht von der Stelle, während sein Bruder ihn schmähte. Er ließ seinen Blick durch die Große Halle schweifen und musterte die Männer an dem langen Tisch einen nach dem anderen, bis sie ihn entweder mit einem Nicken oder leise murmelnd grüßten oder aber unbehaglich wegsahen.
    Erst dann richtete Connor seinen Blick auf das erhöhte Podest, wo sein Bruder vor dem Thronsitz seines Vaters stand, das Bonnet in den Händen wrang und ihn fassungslos anstarrte. Er merkte nicht einmal, dass ihm die Tränen über die Wangen liefen.
    Die Züge des jüngeren Mannes waren Connor merkwürdig vertraut und doch fremd. Sicher, die lange, gerade Nase, das Erbstück ihrer Mutter, zierte die Gesichter beider Brüder, und auch die hohe Stirn, die vom Vater kam, erkannte Connor wieder, obwohl sie im Moment fast unter den finsteren Runzeln verschwand. Doch es waren vor allem die Augen, die Connors Aufmerksamkeit anzogen. Hatten sie schon früher meist mürrisch und scheel geblickt, wenn Hamish sich gegen den älteren Bruder zurückgesetzt gefühlt hatte, oder ihr helles Braun zornig geglüht, wenn ein Anfall von Jähzorn ihn packte, sobald es nicht nach seinem Willen ging, so leuchtete jetzt noch ein anderer Ausdruck in ihnen.
    Hass.
    Hamish McPherson betrachtete seinen älteren Bruder hasserfüllt. Seine Körperhaltung, die Neigung seines Kopfes und die Art, wie er Connor unter den gesenkten Wimpern musterte, verrieten zudem Verschlagenheit und Tücke.
    Diese Eigenschaften hatte Hamish McPherson trotz seiner vielen Fehler nicht gehabt, als Connor vor mehr als sieben Jahren Mandrake Manor verlassen hatte. Connor ahnte, dass er gut daran tat, sie ernst zu nehmen und sich davor zu hüten.
    Er ist immer noch ein Jüngling, der an der Schwelle zum Mannsein steht, dachte er mit einem Anflug trauriger Zärtlichkeit. Noch ist Hamish formbar, jedenfalls hoffe ich das. Die Frage ist nur, wie viel Intelligenz sich mit diesen anderen Eigenschaften paart. Und, setzte er bitter hinzu, ob er bereit ist, diese Intelligenz zu seinem Vorteil zu nutzen und zu erkennen, wer sein Freund und wer sein Feind ist.
    Äußerlich ließ sich Connor nichts von seinen Überlegungen anmerken, auch wenn es ihn innerlich fast zerriss, nach all den Jahren seiner unfreiwilligen Abwesenheit von zu Hause seinen Bruder nicht einfach in die Arme schließen zu können, wie er vorhin seine Mutter unter Tränen umarmt hatte und seine jüngere Schwester Rianna, die sich mit einem herzzerreißenden Schluchzen an seinen Hals geworfen hatte.
    Er löste seinen Blick von Hamishs Gesicht, blickte dann vielsagend auf das Bonnet in den Händen des jüngeren Bruders und hob eine Braue. Danach musterte er erneut die Männer an dem langen, schweren Tisch. Die meisten kannte er noch gut. Sie starrten ihn erwartungsvoll an. Connor wusste, dass er seine Worte mit Bedacht wählen musste.
    Er löste seine muskulösen Arme, die er vor der Brust verschränkt gehalten hatte, zupfte mit äußerlicher Gelassenheit den Überwurf zurecht, der das Tartanmuster der McPhersons zeigte, so dass die Brosche mit dem Emblem des Clans, der heilige Andreas umgeben von einem Strahlenkranz, im Licht der Kerzen funkelte, und verzog seine Lippen zu einem spöttischen Lächeln.
    »Nein, Hamish. Ich will deinen Platz nicht einnehmen.« Er deutete auf das Podest und den prunkvollen Thronsitz seines Vaters. »Wie sähe das wohl aus?«
    Er wartete einen Moment, während die Männer an den Tischen ihn mit angehaltenem Atem beobachteten. Bevor jemand reagieren konnte, sprach Connor weiter.
    »Ein McPherson sitzt neben seinesgleichen und erhebt sich nicht über sie. Ein Chieftain unter Chieftains. Gleicher unter Gleichen. So will es der Brauch. Oder ist das etwa nicht so?« Er beobachtete die Männer scharf und atmete unmerklich auf, als einige beifällig nickten. Dann schritt er über das Podest zu seinem Bruder, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. »Wie ich sehe, hast du etwas, das mir gehört.« Connor streckte die Hand aus und wartete.
    Hamish war rot angelaufen und schwitzte. Sein Mund bewegte sich wie der eines Fisches, es kam kein Wort über seine Lippen. Der Persönlichkeit und dem Willen seines älteren

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