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Die schottische Rose

Die schottische Rose

Titel: Die schottische Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo MacDoherty
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Tanistry zum neuen Chief der Clans gewählt wurde …
    Er bog in Gedanken versunken um die Ecke des dämmrigen Gangs und prallte mit einem weichen, biegsamen Körper zusammen. Die Person stieß einen leisen Schmerzensschrei aus und taumelte. Rupert griff gedankenschnell zu, um zu verhindern, dass sie stürzte. Seine rechte Hand erwischte ein Stück schwarzen Samt und weiche, warme Haut.
    Aylinn von Albany sah ihn erschrocken an, während sie mit der Hand haltsuchend um sich griff. Sie ergriff den Kragen von Sir Ruperts Samtwams, und ihre Finger berührten seinen Hals. Bei dieser Berührung durchzuckte es Rupert, als hätte ihn ein Blitz getroffen. Fasziniert starrte er das junge Mädchen vor sich an. Die Haut seiner Finger schien zu glühen, und er konnte nicht sagen, ob diese Wärme von ihm selbst ausging oder von der Haut dieser Frau.
    Aylinn wirkte ebenfalls wie betäubt. Sie rührte sich nicht und trat auch nicht zurück, sondern erwiderte seinen durchdringenden Blick nicht minder eindringlich. Langsam stieg eine tiefe Röte von ihrem Dekolleté auf, breitete sich über ihren schlanken Hals aus, den kein Schmuck zierte, und sammelte sich in ihren leicht gebräunten Wangen. Offenbar hielt sich Aylinn von Albany gern in der frischen Luft auf, ohne darauf zu achten, den blassen Teint zu behalten, der unter den jungen Adligen in England und Schottland als vornehm galt. Vermutlich ritt sie gern. Rupert rührte sich immer noch nicht. Sie reitet sicher wundervoll, dachte er, als er sich Aylinn auf einem rassigen Schimmel vorstellte, wie sie über die Wiesen flog, während ihr langes, kupferrotes Haar im Wind hinter ihr herflatterte …
    Was, zum Teufel, machte er da? Rupert spürte, dass seine Wangen brannten, und schluckte. »Verzeiht!«, stieß er heiser hervor und verwünschte sich, weil er immer noch nicht in der Lage war, sie endlich loszulassen. »Ich wollte nur …«
    Seine Worte rissen Aylinn aus ihrer Erstarrung. Sie hob den Kopf und warf ihr langes Haar zurück, während sie ihre Hand von seinem Hals riss, als hätte sie sich verbrannt.
    »Zweifellos wolltet Ihr das!« Ihre Stimme klang belegt, und sie machte trotz ihrer herausfordernden Haltung keinerlei Anstalten, von ihm zurückzutreten. »Dennoch wäre ich Euch dankbar, wenn Ihr meinen Arm jetzt loslassen würdet. Es sei denn natürlich, Ihr bräuchtet Halt. Dann bin ich Euch selbstverständlich gern zu Diensten.«
    Sir Rupert vermutete, dass sein Gesicht einer roten Rübe glich. Aylinn von Albany amüsierte sich offenbar nicht nur, sondern sie verspottete ihn sogar! In seine Verlegenheit über seine Ungeschicklichkeit mischte sich jetzt Gereiztheit, die zumindest seinen Verstand aus seiner Lähmung erweckte. Er zwang sich, langsam, Finger um Finger, seine Hand von ihrem Arm zu nehmen. Dann verbeugte er sich noch einmal kurz, so würdevoll wie möglich. »Seid versichert, dass ich Euch nicht zu nahe treten wollte«, murmelte er seine nicht ganz aufrichtige Entschuldigung. »In keiner Hinsicht. Bitte verzeiht!« Er wandte sich zum Gehen.
    »Wartet!«
    Rupert zuckte zusammen, als er plötzlich ihre Finger auf seinem Arm fühlte. Sie waren schlank, feingliedrig und zart, aber sie schienen sich durch die Seide des Hemdes, das er unter seinem kurzärmeligen Samtwams trug, bis auf seine Haut zu brennen.
    Er wandte den Kopf und holte tief Luft, als er in ihre seegrünen Augen sah. Er wusste ja bereits, warum ihre abgewiesenen Verehrer diese Frau so schmähten, aber er konnte jetzt auch die Qualen ermessen, die jeder Mann erleiden würde, der den Fehler machte, dieser Frau zu verfallen. Er nahm sich vor, niemals in diese Falle zu tappen. Doch als ihn ein letzter Blick Aylinns traf, überkam Sir Rupert das dunkle Gefühl, dass er längst darin saß.

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6. Kapitel
    D as gefällt mir ganz und gar nicht, wirklich nicht!« Nanette DeFleurilles musterte Juliet vorwurfsvoll, die ihr auf der harten, nur notdürftig mit Fellen abgedeckten Bank ihrer Kutsche gegenübersaß. »Ich frage mich …«
    »Nicht schon wieder«, erwiderte Juliet, die von Nanettes Worten aus ihren Gedanken gerissen worden war. Sie hatte in dieser Nacht trotz ihrer Erschöpfung nur schwer in den Schlaf gefunden. Bei dem Essen am Abend zuvor hatte sie so viel Wichtiges erfahren, dass ihr Kopf nicht zur Ruhe gekommen war. Da Joan Beaufort und ihr Mann, der Kronprinz und designierte König von Schottland, bereits von Windsor aufgebrochen waren, würden sie in spätestens drei Wochen in

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