Die schottische Rose
Es war alles andere als kalt in Juliets Gemach. Das Feuer im Kamin loderte immer noch hell, und die Teppiche und Wandbehänge taten ein Übriges, um die Kälte abzuhalten. »Mir genügt, dass Ihr bereit wäret, mir Euer Wort zu geben, dass Connor McPherson nicht hier ist.« Er sah sich in dem Zimmer um, streifte Nanette mit einem kurzen Blick und lächelte erneut rätselhaft, als er den ängstlichen Blick der angeblichen Gouvernante bemerkte. »Wenn ich es von Euch verlangen würde«, setzte er hinzu. »Aber das scheint mir überflüssig zu sein, weil ich …«, er hob die Stimme, damit seine Worte durch die geschlossene Tür drangen, »feststellen muss, dass der Gesuchte in diesem Gemach nicht zu sehen ist!« Er warf einen Blick auf das Bett, auf die Decken, und sah dann Juliet an. Seine Augen funkelten spöttisch, als er sich höflich verbeugte.
Juliet merkte erst, dass sie die Luft angehalten hatte, als sie jetzt erleichtert ausatmete. »Das ist er nicht, nein«, bestätigte sie ein wenig atemlos.
Sir Rupert nickte und trat noch einen Schritt näher an das Bett heran. »Zu schade«, fuhr er dann leise, aber deutlich fort. »Ich hätte ihn zu gern persönlich auf meine Burg geschafft. Dann hätte ich ihn von dort …«, er senkte die Stimme noch weiter, »gemeinsam mit seiner Mutter und Schwester und seinen Leuten zu meinem Onkel schaffen können, damit der über sie richtet.«
Juliet sah Sir Rupert mit großen Augen an und zuckte zusammen, als sich Connor neben ihr bewegte. »Ich … ich verstehe nicht, Sir Rupert …?«
Der junge Stewart beugte sich zu Juliet herunter. »Das Dekret, das mein Onkel herausgegeben hat, lautet, Mandrake Manor wenn nötig gewaltsam zu räumen und alle Bewohner festzusetzen. Also habe ich, als gehorsamer Diener des Statthalters, heute Morgen Lady Elizabeth und Lady Rianna mit den meisten ihrer Bediensteten auf meine Burg geschafft. Die Anwendung von Gewalt war zum Glück unnötig. Bedauerlicherweise konnte ich meinen Onkel und den Herzog noch nicht darüber informieren, weil ich von ihrem Boten die dringende Order erhielt, nach Connor McPherson zu suchen.«
Er richtete sich wieder auf. »Nun, da ich meine Aufgabe hier erfüllt habe, Milady, mache ich mich jetzt besser auf den Weg. Irgendwo muss Connor ja stecken, hab ich recht?«
»Sicher«, stammelte Juliet, als sich der junge Stewart umdrehte und zur Tür ging. Sie fühlte sich fast schwach vor Erleichterung. Aylinn hatte recht behalten, was Sir Rupert betraf. Er war …
An der Tür blieb Sir Rupert von Atholl stehen und drehte sich noch einmal zu Juliet herum. »Ich habe mit Sir Archibald über McPherson gesprochen«, erklärte er. »Offenbar ist er ebenfalls nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen, was den Herzog und den Statthalter gewiss freuen wird. Der zukünftige König trifft in wenigen Tagen in Edinburgh ein. Mein Onkel hat allen Gemeinen das Tragen von Waffen an diesem Tag untersagt, um den König zu schützen.« Er schürzte spöttisch die Lippen. »Es könnte also recht … gefährlich sein, dort einfach aufzutauchen und sich dem König offen zu zeigen. Sollte Connor McPherson das beabsichtigen, möchte ich nicht in seiner Haut stecken.« Er lächelte kühl, als sein Blick über Juliets Bett glitt.
»Politik in diesen Zeiten ist fast immer gefährlich«, erwiderte Juliet. »Und sie verlangt Entscheidungen. Von uns allen.« Sie nickte Sir Rupert zu. »Ihr habt Eure offensichtlich getroffen, Sire. Und dafür respektiere ich Euch. Trotzdem«, sie war so erleichtert, dass sich Aylinns Einschätzung von Sir Rupert bestätigt hatte, dass sie einfach nicht anders konnte, »… kann ich mir vorstellen«, ihre Augen funkelten, »dass im Moment so manch tapferer Mann sein Leben geben würde, wenn er dafür in Connors Haut stecken dürfte.«
Sie hörte ein ersticktes Keuchen und sah kurz zu Nanette hinüber, deren Gesicht so rot wie eine Tomate war und die ihre Hand vor den Mund presste.
Sir Rupert verzog keine Miene, als er sich erneut verbeugte. Nur seine Augen glühten, als er Juliet ansah. »Vielleicht, Milady. Ich weiß Eure offenen Worte zu schätzen. Ich bin sicher, dass Connor McPherson Eure hohe Meinung über ihn ebenfalls zu schätzen wüsste. Wie schade, dass er sie nicht hören kann.« Er drehte sich zu Nanette herum. »Ich würde gern auch Euer Gemach durchsuchen, Milady. Bitte, nach Euch.« Er öffnete die Tür und trat hinaus. Nanette warf einen verschwörerischen Blick auf Juliet und folgte ihm nach
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