Die schottische Rose
getroffen. Aber die Wunde in der Brust … Der Arzt hatte den Pfeil ganz entfernen können, und offensichtlich war wie durch ein Wunder auch hier kein lebenswichtiges Organ in Mitleidenschaft gezogen worden. Aber die Wunde war noch lange nicht verheilt, und jede Bewegung konnte sie wieder aufbrechen lassen und die Blutung in Gang setzen. Als Connor den Mann gefragt hatte, wann er wieder würde reiten können, hatte der ihn ungläubig angesehen und gelacht. »Reiten? Ihr solltet nicht einmal vor nächster Woche aufstehen!«, hatte der Chirurg gemeint. »Ich übernehme keine Verantwortung dafür, wenn Ihr auf meinen Rat nicht hört. Und Euch auf ein Pferd zu setzen … Das solltet Ihr nur tun, wenn Ihr des Lebens, das Euch Gott noch einmal geschenkt hat, wahrlich überdrüssig seid.«
Sir Archibald schüttelte den Kopf. Genauso gut hätte der Chirurg in den Wind reden können.
Connor hatte sich bei dem Mann zwar herzlich bedankt, aber kaum hatte der Arzt das Zimmer verlassen, war Connor aufgestanden, hatte sich gewaschen und angezogen. Und jetzt stand er hier im Turmzimmer, in dem sich bereits einige der königstreuen Chieftains versammelt hatten, und hatte schweigend den Gesprächen der Männer zugehört, die über den bevorstehenden Ritt nach Edinburgh berieten.
»Wer?« Sir Archibald erhob sich aus seinem Lehnstuhl und trat neben Connor an das Fenster, das kaum breiter war als eine Schießscharte.
»Ah.« Die Reiter näherten sich in munterem Trab der Zugbrücke, wo sie von einigen Soldaten des Lairds angehalten wurden. Nach einem kurzen Gespräch winkte der Wachposten sie weiter. Der Reiter an der Spitze hob die Hand und galoppierte an. Sir Archibald sah Connor forschend an.
»Die Männer tragen über ihren Kilts Tücher in Euren Farben, McPherson«, bemerkte er. »Obwohl ich glaube, William MacKenzie erkannt zu haben. Ich wusste gar nicht, dass der Chieftain Euch auf einmal so gewogen ist, dass er Euch freiwillig diese Ehre erweist.«
Connor grinste. »Freiwillig?« Er deutete auf einen anderen Chieftain, einen grauhaarigen Mann mit einem Bonnet, auf dem zwei Federn wippten. Er trug den rotgelb gemusterten Tartan der Shaws. »Ich nehme an, dass der gute Angus erheblich nachgeholfen hat, bis MacKenzie sich bereit erklärt hat, seinen Stolz zu schlucken.«
Sir Archibald nickte. »Es sind fast hundertfünfzig Männer«, sagte er. »Damit haben wir mehr als eintausendfünfhundert waffenfähige Männer versammelt. Trotzdem …«
Connor nickte. »Der Herzog und Robert Stewart haben sicher mehr Leute zur Verfügung. Vorausgesetzt, sie haben aufgehört, nach mir zu suchen.« Bei seinen letzten Worten drehte er sich um und musterte die Chieftains in dem Turmzimmer. Sie erwiderten seinen Blick skeptisch. Jedenfalls die meisten. Die Vorwürfe, die der Herzog in seinem Brief an Sir Archibald erhoben hatte, besagten, dass die McPhersons zusammen mit anderen Clans die Ermordung Jakobs planten, sobald er schottischen Boden betrat, und auch die königstreuen Clanchiefs in einen Hinterhalt locken wollten. Sie mochten zwar erfunden sein, hatten aber offenbar genügt, um das tiefsitzende Misstrauen der königstreuen Chieftains gegen McPherson erneut zu schüren.
Connor biss die Zähne zusammen. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Sein Vater, Rob McPherson, hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er auf Seiten des Herzogs von Albany stand, und sich sehr unduldsam gegen dessen Feinde gezeigt. Und was Hamish anging …
Connor wusste, dass die meisten Chieftains seinen jüngeren Bruder für das Gemetzel auf dem Carn Glaschoire verantwortlich machten. Auch in diesem Punkt konnte Connor ihnen keine Vorwürfe machen. Sie hatten unbestreitbar recht. Hamish hatte die Leute, unter denen sehr viele Männer des Herzogs gewesen waren, zu der geheimen Beratungsstätte geführt – wenn auch in Unkenntnis der eigentlichen Pläne des Herzogs. Hätte er geahnt, was Argyll von Albany vorhatte, hätte er gewiss nicht so gehandelt. Und nicht nur, weil der Herzog offenbar von Anfang geplant hatte, auch Hamish zu töten, um keinen Zeugen am Leben zu lassen. Natürlich hatte er auch Connor töten wollen, der dem Hinterhalt nur deshalb entkommen war, weil Rianna eine Vorahnung gehabt und noch einmal in Hamishs Zimmer gesucht hatte. Hamishs Brief gab ihr dann den Vorwand, Connor möglichst lange aufzuhalten.
Lady Elizabeth und Rianna waren nach Hillguard Castle geschafft worden, der Burg von Sir Rupert Stewart von Atholl. Und dort waren sie,
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