Die schottische Rose
Bewegung auslöste, »… und, nicht zu vergessen, Schottland angetan hat!« Diesmal war das Murmeln lauter, und einige der Männer nickten beifällig. »Ich bin zum Carn Glaschoire gekommen, um mir eure Argumente anzuhören und dann eine Entscheidung zu treffen.« Connors Augen verengten sich, als er einen Chieftain nach dem anderen musterte. Sein Blick blieb an Sir Archibald hängen. »Ich bin bereit, die alten Vorurteile und den alten Groll aufzugeben und zu vergessen, was für Streitigkeiten zwischen den McPhersons und einigen von euch herrschen. Jetzt geht es um mehr, es geht um unser Schottland, um unsere Freiheit. Jakob ist der rechtmäßige König von Schottland, wenn auch bisher nur nominell. Die McPhersons werden keinen Englandfreund auf dem schottischen Thron dulden, und schon gar keinen Mörder! Die McPhersons gehen nach Edinburgh, um dafür zu sorgen, dass Robert Stewart und Argyll von Albany dem zukünftigen schottischen König einen warmen und herzlichen Empfang bereiten. Wir gehen, ob mit euch oder ohne euch. Meine Entscheidung steht fest! Und außerdem …« Er lächelte kühl, »habe ich auch noch einen sehr persönlichen Grund, dem Herzog von Albany meine Aufwartung zu machen.«
Er hatte Sir Archibald bei seinen Worten nicht aus den Augen gelassen und sah an dem Funkeln im Blick des Lairds von Grant Castle, dass er das Eis gebrochen hatte.
»Gut gesprochen, McPherson«, brummte Sir Archibald und trat hinter seinem Schreibtisch hervor. Er sah die Männer im Turmzimmer ernst an, bevor er auf Connor zutrat. »Ich glaube Euch, und ich akzeptiere Euer Angebot ebenso gern, wie ich die Hilfe Eurer Männer annehme!« Er hielt Connor die Hand hin, der sie, ohne zu zögern, nahm und schüttelte.
»Für Schottland!«, rief Sir Archibald, und ein dröhnender Chor aus Männerstimmen, in den sich eine glockenklare Frauenstimme mischte, antwortete ihm.
»Für Schottland! Mit Gott für Schottland!«
*
Connor wischte sich mit seinem Plaid den Schweiß von der Stirn und zügelte sein Pferd. Er richtete sich in den Steigbügeln auf und ließ seinen Blick über die Stadt gleiten, die in der Mittagssonne vor ihm lag. Edinburgh!
Er legte die Hand an die Stirn, um seine Augen gegen die Sonnenstrahlen zu schützen, und suchte mit dem Blick das Städtchen Leith, Edinburghs Hafen, an der Küste. Von seinem Standort auf der kleinen Anhöhe etwa fünf Meilen vor der Stadtmauer sah er jedoch zunächst nur das Gewimmel von Hausdächern und qualmenden Schornsteinen, die Edinburgh den wenig schmeichelhaften Beinamen »Die Stinkende« eingebracht hatten, und schließlich in der Ferne, dort, wo der Hafen von Leith sein musste, … Masten!
Er kniff die Augen zusammen. Aber er konnte die Embleme der Wimpel nicht erkennen, die hoch oben an den Mastspitzen flatterten. Dafür jedoch sah er sehr gut das Glitzern und Funkeln an den Stadttoren, wo sich die Sonne in den Eisenharnischen der Wachsoldaten fing. Er nickte grimmig. Dass Argyll von Albany und der Statthalter des Königs kein Risiko eingehen und den Hafen und die Stadt schwer bewachen würden, hatten sie erwartet.
Connor drehte sich nicht um, als er hinter sich Hufgetrappel hörte, sondern schloss mit sich selbst eine Wette ab. Als die unverkennbar weibliche, etwas atemlose Stimme neben ihm ertönte, lächelte er. Gewonnen, dachte er.
»Und?« Juliet atmete schwer, als sie ihren Schimmel neben Connors Mameluck zum Stehen brachte. »Ist er schon da?«
Connor sah sie an. Juliets entzückendes Gesicht war gerötet von der Anstrengung des Ritts, und ihre makellose Haut war von Schlammspritzern bedeckt. »Nein, zu deinem Glück«, erwiderte er.
»Gut. Dann können wir …« Juliet unterbrach sich und warf Connor einen fragenden Blick zu. »Wieso zu meinem Glück?«
Connor lachte. »Du willst doch deinem heißgeliebten König nicht so unter die Augen treten, oder?« Er deutete auf Juliets Gesicht und dann auf die Wildlederhose, die sie auch schon auf dem Carn Glaschoire getragen hatte. Sie hatte sich das Kleidungsstück sehr zu Sir Archibalds Missfallen von dessen jüngstem Sohn William geliehen. Und obwohl es vorteilhaft ihre weiblichen Formen betonte, war es eine vollkommen unschickliche Bekleidung für eine Edeldame. »Was macht das wohl für einen ersten Eindruck auf Jakob? Meinst du, dass er begeistert sein wird, wenn er glauben muss, dass die Frauen in Schottland in Hosen herumlaufen? Und denk an deine Kusine Joan Beaufort. Sie würde vor Scham im Boden
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