Die Schreckenskammer
behandelten – mit kühler Höflichkeit und Diskretion bei der Schürzenjagd –, hätten wir alle ihn mehr bewundert. Aber er versuchte, sie in Fragen des Besitzes, wo er ihre Zustimmung nötig hatte, mit Drangsal zur Unterwerfung zu zwingen, fast immer mit Jean de Craons Hilfe. Oft hörten wir seine Schreie der Nötigung durch die Kammern und Säle auf Champtocé hallen, und wir alle fürchteten um sie.
Vor etwa einem Jahr hatte Jean de Malestroit mich einmal gefragt: »Sagt mir, Guillemette, Ihr müsstet es wissen – schlägt er sie?«
Die Frage hätte mich nicht so überraschen sollen, wie sie es tat, erhob sie sich doch anlässlich eines Disputs über das Wesen der Ehe, der wiederum ausgelöst worden war durch einen skandalösen Mord. Eine gewisse Edelfrau war einmal zu oft geschlagen worden und hatte ihrem Gatten mit der Spitze eines gut platzierten und geschickt geschwungenen Dolches geantwortet. Der boshafte Schurke war nackt und sich in seinem eigenen Bett windend gestorben, vor den Augen seiner Frau, die ebenfalls nackt und von seinem verhassten Blut triefend über ihm stand. Wir alle hatten immer wieder einmal ihre blauen Flecken gesehen und ihre beschämten Blicke bemerkt, aber keine von uns hätte es je gewagt, sich einzumischen – solche Dinge gingen nur Ehemann und Eheweib etwas an, außer die Frau hatte zufällig eine mächtige Verwandtschaft. Die ihre war nicht mächtig genug, um sie vor dem Galgen zu bewahren, aber in der Folge dieser Affäre gab es viel Disput über die Frage, was Ehegatten einander schuldig sind und wie sie sich betragen sollten. Es herrschte viel Uneinigkeit unter den Teilnehmern, aber ich musste an die Frau aus Bath denken, die ihr Urteil über die Ehe in höchsten Ständen mit solcher Genauigkeit traf: In einem edlen Haushalt, so es heißt, auch nicht jede Schüssel gülden gleißt …
»Man fragt sich doch, was zwischen ihnen vorfällt«, erwiderte ich diplomatisch – inzwischen bin ich mir sicher, dass er von mir eine Bestätigung wollte und von meiner Antwort enttäuscht war.
»Bei einem Wesen, wie Milord es besitzt, besteht sicherlich die Gefahr, dass er sie von Zeit zu Zeit schlägt.«
»Aber Ihr wisst es nicht sicher.«
»Nein, Eminenz«, sagte ich. Ich erinnere mich, dass ich etwas verstimmt war über sein zugespitztes Nachfragen – ich war Milords Amme, nicht die Kammerzofe seiner Frau, als die ich zwar mehr Einsicht, aber weniger Würde gehabt hätte. »Um dies zu wissen, hätte ich in Madame Catherines Schlafkammer anwesend sein müssen. Milord selbst war nur selten dort. Und wenn er doch einmal erschien, war ich nicht eingeladen, das kann ich Euch versichern.«
Aber der Mann war ein beharrlicher Inquisitor und wollte es dabei nicht bewenden lassen. »Keine ihrer Damen sprach davon, nicht einmal im Vorübergehen?«
Ich lächelte sehr dünn, aber mit großer Befriedigung. »Eminenz, ich bin entrüstet«, sagte ich. »Verlangt Ihr, dass ich auf solchen Klatsch höre?«
Danach stellte er keine weiteren Fragen mehr. Mich aber brachte das Gespräch dazu, dass ich mir selbst über diese Sache Gedanken machte, auch wenn es mich nichts anging. Immerhin hatte Milord, in einem Handstreich, der beinahe einen Krieg ausgelöst hätte, Madame Catherine entführt und gegen ihren Willen und den ihrer Familie zur Heirat gedrängt und ihr dann fälschlich, aber mit solchem Eifer den Hof gemacht, dass sie seine Liebesschwüre tatsächlich zu glauben begann. Als sie schließlich vor einem Priester standen (der mit der Spitze eines Schwertes überzeugt wurde, die Zeremonie gegen die Befehle ihre Familie durchzuführen), war Catherine de Thouars bereit, dem Baron Gilles de Rais ihre liebende Ergebenheit zu schwören. Man stelle sich ihre Enttäuschung vor, als das wahre Wesen ihrer Ehe sich zeigte.
Doch falls Milord sie in dieser Besitzangelegenheit misshandelt hatte, so hatte es nicht den gewünschten Erfolg, denn Pouzages und Tiffauges blieben fest unter ihrer Herrschaft. Dennoch musste er ihr in der Folge seines Überfalls auf Saint-Etienne etwas angetan haben. Vielleicht aber schämte sie sich so sehr, dass sie nicht länger in der Bretagne bleiben konnte. Sie floh in das Stadthaus eines Cousins in Pouzages in Frankreich und nahm die zehnjährige Marie mit sich, so dass Gilles de Rais allein und wütend zurückblieb.
Ich fragte mich, was Jean in dem geschützten kleinen Königreich des Papstes in Avignon über die Entwicklungen hier denken mochte. Ich bange um
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