Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
nicht ohne berechtigten Grund aufregen.
    Damit wollte er sagen, er wolle nicht, dass Milord um die Verdächtigungen wisse, die gegen ihn erhoben wurden. Wie sich zeigte, hätte mein Bischof sich darüber gar nicht den Kopf zerbrechen müssen, denn Milord war viel zu beschäftigt mit eigenen Angelegenheiten und gab sich nicht mit allgemeinen Gerüchten ab. Er hatte zu viel zu tun, um Herzog Jeans beträchtlichen Zorn nach dem Vorfall in Saint-Etienne-de-Mer-Morte abzuwehren.
     
    »Fünfzigtausend écus? Mon Dieu! «
    Der Brief von Herzog Jean, der diese enorme Strafe anordnete, lag auf dem Tisch vor Jean de Malestroit, der seine Befriedigung kaum verbergen konnte.
    »Das ist doch kaum zu beschaffen«, sagte ich. »All die Juwelen des Königs würden dafür nicht ausreichen. Selbst auf der Höhe seines Reichtums hätte Milord Gilles Schwierigkeiten mit diesem Betrag gehabt.«
    Seine Eminenz brauchte nichts zu sagen, um seine Freude über diese neue Entwicklung auszudrücken. Sie zierte sein Gesicht sichtbarer als ein buschiger Schwanz eine Katze.
    Ich ging zum Fenster, wo die Luft nicht so schal war wie die, welche mich plötzlich zu umgeben schien. Der düstere, graue Himmel war kein Trost. Während ich nach draußen starrte, hörte ich, wie Jean de Malestroit von seinem Stuhl aufstand. Er stellte sich hinter mich und legte mir die Hand auf die Schulter, als hätte er Mitleid mit mir. »Man freut sich nie wirklich, wenn jemand in Ungnade fällt, Guillemette, aber dieses Mal müsst sogar Ihr zugeben, dass es wohlverdient ist.«
    Seine Tröstung hätte mir mehr bedeutet, wenn seine Schadenfreude weniger offensichtlich gewesen wäre. Ich konnte nicht begründet einwenden, dass diese Strafe unangemessen sei, aber sie gab Anlass zu anderen Sorgen, darunter die einer möglichen gewaltsamen Erwiderung von Milords Seite. »Der Mann ist ein Krieger«, sagte ich. »Wenn man ihm einen Hieb versetzt, wird er sicherlich seinerseits mit einem kräftigen Hieb antworten.«
    Mein Bischof konnte ein aufkeimendes Lächeln gerade noch unterdrücken. »Ohne Kredit ist der Mann gelähmt, und bei dieser Strafe, die auf ihm lastet, wird niemand ihm auch nur einen sou leihen. Wir werden sehen, wie er reagiert, wenn er die Kosten aus seiner eigenen Schatulle bezahlen muss.«
    Milord reagierte, als gäbe es überhaupt keine Kosten. Es kam nur ein weiterer Ausbruch von ihm, vielleicht der bis dahin verrückteste. In einem, wie Anwesende es beschrieben, gewaltigen Zornesausbruch schleifte er den Priester Le Ferron in Ketten aus dem Schloss in Saint-Etienne und brachte ihn in das Verlies seines eigenen Schlosses in Tiffauges. Dort unterwarf er Le Ferron Folterungen und Demütigungen, die schlimmer waren als alles, was er seinen ärgsten Feinden angetan hatte, und die Kunde davon erreichte Le Ferrons Bruder Geoffrey, der, wie nicht anders zu erwarten, über alle Maßen darüber empört war.
    »Aber warum nach Tiffauges?«, fragte ich verärgert.
    »Weil es außerhalb der Gerichtsbarkeit von Herzog Jean liegt«, erwiderte Jean de Malestroit. »Der einzige andere Ort, an den er ihn hätte bringen können, ist Pouzages. Champtocé hat er wieder verloren.«
    Seine Herrschaft über Tiffauges und Pouzages war eine künstliche, da sie eigentlich seiner Gemahlin gehörten, die es ihrem verzweifelten Gatten nicht gestattet hatte, sie zu verkaufen. Ich bedauerte Madame Catherine – das taten wir alle. Sie war ein Geist von einer Frau, ein formloses Ding ohne Einfluss, immer so still und mürrisch. Obwohl Gilles ihr eine Tochter gezeugt hatte, wie es seine Pflicht war, bin ich mir sicher, dass sie beide nur zähneknirschend den Akt durchgestanden hatten, dessen Frucht die kleine Marie war. Ironischerweise war das kleine Mädchen ein süßes und liebes Kind und für mich fast so etwas wie die Enkelin, die ich nie haben würde. Ich wunderte mich oft, wie dieses Mädchen Frucht einer solchen Zwietracht sein konnte.
    Denn Zwietracht gab es, und zwar genügend davon. Solange ich sie beobachtet hatte, hatte er nie ein freundliches Wort für sie oder zeigte ihr seine Gunst; in den besten ihrer gemeinsamen Tage konnte man sein Verhalten ihr gegenüber kaum mehr als höflich nennen. Meistens zeigte er völlige Verachtung für sie, außer was ihre Erscheinung betraf – er achtete stets in besonderem Maße darauf, dass ihre Garderobe auch eine Zierde für ihn war. Hätte er sie behandelt, wie die meisten Gatten edlen Geblüts ihre aus politischen Gründen Angetrauten

Weitere Kostenlose Bücher