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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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künstlerische Werk des Jungen war noch zu sehen – ein zahnreiches Monster, das bis zum oberen Rand der Tafel reichte und eine Art Strahl aus den Nüstern pustete, wie ein elektrischer Drache. Es fiel mir auf, weil es eine mehr als nur flüchtige Ähnlichkeit mit dem Poster des dunklen Ritters aufwies. Der Lichtstrahl war feurig rot-orange und auf einen knopfäugigen kleinen Kerl gerichtet, den man in den unteren Teil der Tafel verbannt hatte. Dieser winzige Tunichtgut würde gleich schmelzen, wenn ich die Absicht des Künstlers korrekt interpretierte. Trotz des blutrünstigen Themas gefiel mir der Gedanke, dass dieser Junge mit einer Schale voller Farben dastand und sich auf dieser riesigen Tafel austoben durfte. Was für ein Fest, sogar für einen Erwachsenen.
    Eins der Jungenzimmer, blau mit aufgespritzten weißen Wolken, erinnerte mich an das Zimmer des kleinen Jungen in Kramer gegen Kramer. Das Zimmer verströmte eine merkwürdige Stille, eine Atmosphäre des Konflikts. Hatte es Probleme gegeben in der Familie, als die Entführung stattfand? War das Gefühl, daran schuld zu sein, aus den Eltern in die Privatsphäre des Jungen gesickert? Es gab allerdings keine Teergruben-Souvenirs, was mich kurzfristig enttäuschte. Vielleicht lag ich falsch mit meiner Vermutung, dass da eine Verbindung bestand.
    Von all den vermissten Kindern hatte nur eins sein Zimmer mit einem der Geschwister geteilt. Ich blieb dort nicht lange, es erschien mir sinnlos. Der Bruder, der dieses Zimmer noch bewohnte, war älter als der Vermisste – siebzehn, ein ziemlich miserables Alter. Und er war ein miserabler Junge mit einem schlitzäugigen Gesicht, das Geh weg zu schreien schien. Meine Fragen nach seinem Bruder beantwortete er knapp und barsch. Ich dankte ihm für seine Hilfe und wandte mich zum Gehen, doch als ich die Schwelle überquerte, machte er noch einmal den Mund auf.
    »Wollen Sie sich die Kiste mit seinem Zeug anschauen?«
    Zeug war genau das, was ich suchte. »Ja, wenn du nichts dagegen hast.«
    »Da sollten Sie aber besser meine Mom fragen.«
    Es erwies sich als guter Rat. Die Mutter regte sich ziemlich auf, erlaubte mir aber schließlich, sie mitzunehmen, wobei ich ihr allerdings versprechen musste, eine Inhaltsliste anzulegen und alles zurückzubringen, sobald ich es untersucht hatte.
    Als ich, mit der Kiste unter dem Arm, dieses letzte Haus verließ, fühlte ich mich ziemlich deprimiert. Mein nächster Tagesordnungspunkt würde es sein, ein neues Meisterstück zu kreieren, ein weiteres, perfekt organisiertes Diagramm mit allem, was ich über meine Opfer und ihre persönlichen Gewohnheiten, einschließlich des jeweiligen Teergruben-Faktors, wusste. Was für ein Schild würde man mir auf den Schreibtisch stellen, wenn ich damit fertig war? Museumseingang vielleicht.
    Ich kehrte an meinen Schreibtisch zurück und stellte die Kiste hinter meinen Stuhl. Auf dem Anrufbeantworter waren ein Dutzend Nachrichten, darunter eine oder zwei von Anwälten, bei denen ich einfach annahm, dass sie Zauberer oder Illusionisten als Mandanten hatten. Allein schon der Gedanke, sie zurückrufen zu müssen, bereitete mir Magenschmerzen. Ich beschloss, mich stattdessen auf die aufreibende Frage zu konzentrieren, die jede Mutter quält, wenn Weihnachten vor der Tür steht, in der vagen Hoffnung, sie könnte mich in diesem Fall weiterbringen.
    Was mögen heranwachsende Jungs?
    Total frustriert rollte ich meinen Stuhl vom Tisch weg. Er stieß gegen die Kiste, und ich wurde nach hinten geworfen.
    Es wäre sowieso wieder nur eine Sackgasse, also warum sich überhaupt die Mühe machen. Weltbewegendes würde kaum in dieser Kiste sein.
    Ich öffnete sie: wieder Pandora. Turnschuhe, Baseball-Handschuh, ein mit Gummibändern zusammengehaltener Stapel Comichefte. Eine Tube mit leuchtend blauer Zinkoxid-Nasenschutzcreme, die in einer Baseball-Kappe derselben Farbe steckte. Drei zusammengerollte Poster, eins von einem Rockstar, eins von einem berühmten Catcher …
    Die Antwort auf die Weihnachtsfrage platzte durch den Nebel: Heranwachsende Jungs lieben Bestien. Monster, Gnome, Satyrn, Gorgonen, Kentauren, Basilisken, Schimären, Drachen, Zyklopen, Schlangen und Werwölfe. Das letzte Poster, das ich aufrollte, war dasselbe, das ich schon einmal gesehen hatte: dieselbe Bestie, und auf deren Rücken derselbe dunkle Ritter aus den La-Brea-Teergruben. Der Ritter hatte noch immer kein Gesicht.
    Aber ich wusste, ich wusste einfach, das war das Monster, nach dem ich

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