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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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braucht fünfundvierzig Minuten. Bis man allerdings am Flughafen ist und so weiter, da geht es mit dem Zug schneller.«
    Ich überlegte mir, wie viel Zeit ich insgesamt brauchen würde. Es war machbar.
    »Fred«, fragte ich so beiläufig, wie ich konnte, »sind in diesem Computer-Kurs in New York eigentlich noch Plätze frei?«
    »Ich glaube nicht, Dunbar.« Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und kniff die Augen zusammen. »Was ist los, gehen Ihnen die Fälle aus?«
    »Nein, aber ich renne dauernd gegen Wände, und ich habe das Gefühl, ich müsste meine Recherchefähigkeiten ein wenig aufpolieren. Der Kurs ist am kommenden Wochenende, ich würde also kaum Arbeitszeit verlieren …«
    Er schien nicht gerade übermäßig begeistert zu sein, sagte aber: »Ich werde mal nachsehen. Beim letzten Mal war er schon voll. Aber man weiß ja nie.«
    Eine halbe Stunde später wusste ich, dass Jimmy Trainors Frau Schwierigkeiten in ihrer Schwangerschaft hatte, so dass der junge Beamte seine Teilnahme an dem zweitägigen Kurs absagen musste.
    »Wir haben sein Ticket bereits bezahlt. Die gute Nachricht ist, dass Sie es benutzen können. Sie müssen allerdings schon am Donnerstagabend hin und am Sonntagvormittag wieder zurück fliegen. Die Seminare finden ganztägig Freitag und Samstag statt.«
    Ich rief Kevin an. Er war gern bereit, die Kinder schon früher zu übernehmen. Fred ließ mich bei dem Kurs anmelden. Donnerstag war in zwei Tagen. Ich musste noch einiges vorbereiten.

19
    Gerichtliche Ermittlung und Untersuchung, um zu beweisen, sofern möglich, dass Milord Gilles de Rais und seine Komplizen, Anhänger und Jünger eine gewisse Anzahl kleiner und anderer Kinder verschleppten und sie niederstrecken und töten ließen, damit sie an Blut, Herz, Leber oder andere Körperteile gelangten, um aus diesen Teilen Opfer für den Teufel zu machen oder andere Hexereien mit ihnen durchzuführen, zu welchem Sachverhalte wir vielerlei Beschwerden gehört haben.
    Verkündet wurde das ohne jede Gefühlsregung von dem dominikanischen Priester Jean de Touscheronde, ohne den geringsten Anflug des feierlichen Ernstes, der solche Anschuldigungen eigentlich begleiten sollte. Milord war selbst nicht anwesend an diesem achtzehnten Tag des September, aber der Zweck dieser Anhörung war nicht, ihn für den Verlust dieser Kinder zur Verantwortung zu ziehen – das würde später kommen –, sondern um ihre Verschleppung rechtlich zu belegen, damit Jean de Malestroit, wenn sein kirchlicher Prozess begann, all die erforderlichen Vollmachten hatte – von Gott wie vom König –, um die Schlinge der Schuld um Milords Hals festzuziehen.
    Unter jenen, die warteten, um Zeugnis abzulegen, waren dieselben Leute, die wir schon in Saint-Etienne gesehen hatten und die den weiten Weg bis nach Nantes auf sich genommen hatten, damit ihre Erinnerung an das Kind Guillaume Brice nicht vom Wind davongetragen würde wie der Staub, zu dem er geworden war. Doch als sie nun ihre Geschichte erzählten, fügten sie noch einen neuen Aspekt hinzu – eine Entführerin.
    Ein Mann aus unserem Dorf sagt, er habe um letztes Johanni herum eine alte Frau mit rosigem Gesicht von vielleicht fünfzig bis sechzig Jahren getroffen; sie habe einen kurzen, leinenen Überwurf über ihrem Gewand getragen. Zuvor habe er sie schon in den Wäldern von Saint-Etienne gesehen, wo sie in Richtung Nantes ging. Am selben Tag, als dieser Mann sie zum letzten Mal sah, sah er auch das Kind Guillaume Brice in der Nähe der Straße, wo er die alte Frau gesehen hatte. Er sagt, die Stelle sei einen Pfeilschuss vom Pfarrhaus entfernt gewesen, in dessen Nähe ein Mann namens Simon Lebreton wohnte, der als Anhänger von Milord Gilles de Rais bekannt ist. Wir führen Klage im Namen des Kindes, mit der Hoffnung, dass man Mittel und Wege finden möge, sein Verschwinden aufzuklären …
    Ach Michel, dachte ich, als ich an diesem Abend vor meinem Bett kniete, du hattest das große Glück, eine Mutter und einen Vater und einen Bruder zu besitzen, die um dich trauerten. Was für ein feines Wesen musste dieser verschwundene Knabe gehabt haben, da man sich so gut an ihn erinnerte. In meinem Geiste hatte er Gestalt angenommen als eins jener Kinder, deren Seele voller Freude und deren Herz rein war, die immer Wege fanden, die Prüfungen, die Gott ihnen auferlegte, zu meistern, trotz ihrer zahlreichen Benachteiligungen, die sie zu Opfern jedes Übeltäters werden ließen, der im Schatten des Waldes lauern mochte, und

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