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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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war der quälende Ausdruck des Kummers.
    Als ich danach wieder vor ihrem Haus hielt, fragte sie: »Kommen Sie noch einmal mit hoch?«
    Es war fast ein Flehen. »Im Augenblick nicht. Ich muss jetzt zunächst einmal einige Dinge in die Wege leiten. Aber ich melde mich morgen bei Ihnen und sobald sich etwas Neues ergibt.« Ich sagte mit Absicht nicht, falls sich etwas Neues ergibt. »Und ich werde sie wegen zusätzlicher Details anrufen.«
    »Aber was tun Sie jetzt im Augenblick, da mein Sohn Gott weiß wo ist, vielleicht verletzt, vielleicht in den Händen irgendeines Monsters?«
    Mir den Kopf kratzen und überlegen, was ich tun soll.
    »Mrs. Leeds, bitte ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse.« Leider war das nur eine logische Schlussfolgerung. »Ich habe Nathans Foto bereits mit dem Streifenbeamten ins Revier zurückgeschickt. Es wird innerhalb weniger Minuten zusammen mit einer Beschreibung in den Computern sämtlicher Streifenwagen sein. Außerdem gehen Faxe an die Reviere der Nachbargemeinden. Und alle diese Beamten werden nach Ihrem Sohn Ausschau halten.«
    »Organisieren Sie denn keine richtige Suche?«
    Ich brauchte einen Augenblick, um meine Antwort zu formulieren. »Morgen früh, wenn es sinnvoll ist, werden wir etwas organisieren, wenn die Spuren, die wir bis dahin gefunden haben, es rechtfertigen.«
    »Ich würde gern mit Ihnen aufs Revier fahren. Ich möchte helfen, wie ich nur kann.«
    Nein, nein, nein. »Mrs. Leeds, ich glaube nicht, dass das klug wäre.«
    »Aber wenn sich etwas ergibt und Sie mich brauchen, dann wäre ich schon da.«
    »Ich rufe Sie an und schicke einen Wagen, wenn sich etwas ergibt. Und zwar sofort. Sie wollen das wahrscheinlich nicht hören, aber es wäre das Beste für Sie, wenn Sie jetzt in Ihre Wohnung zurückgehen und versuchen, etwas zu schlafen.«
    »Glauben Sie wirklich, dass ich jetzt schlafen kann?«
    Ich glaubte es nicht. »Ich weiß, dass es schwierig für Sie ist, Mrs. Leeds. Aber im Augenblick können Sie nichts tun, als zu warten.«
    »Einfach nur warten.«
    »Ja. Und falls Nathan anrufen sollte …«
    Sie unterbrach mich. »Ich soll also hochgehen in meine Wohnung, wo mein Sohn mit mir lebt, und ich soll einfach nur warten, bis er auftaucht oder anruft.«
    »Ma’am, ich melde mich bei Ihnen, sobald ich kann. Aber ich muss eben gewisse Dinge tun, um diese Ermittlung richtig ins Laufen zu bringen.«
    Sie stieg aus, doch bevor sie die Tür schloss, drehte sie sich noch einmal um und starrte mich vorwurfsvoll an. »Was soll ich denn tun, können Sie mir das sagen? Ich gehe jetzt da hoch und schaue mich in meinem Zuhause um, und nichts wird mehr vertraut sein, weil alles sich geändert hat.«
    »Mrs. Leeds, es tut mir Leid, wirklich, aber wir haben eben gewisse Verfahrensweisen …«
    Die Tür fiel zu. Sie lief zum Eingang des Gebäudes. Ich sah zu, wie sie die äußere Tür aufschloss, dann die in der Lobby. Das große, moderne Gebäude verschluckte sie.
     
    Es war Mitternacht. Zu spät, um meine Kinder in der Wohnung ihres Vaters anzurufen und ihnen zu sagen, dass ich sie wahnsinnig liebte. Ihr Vater, der heilige Kevin, wäre zu Recht entrüstet, und sie wären bestätigt in ihrem Glauben, dass ihre Mutter ein wenig verrückt sei. Also tat ich das Befriedigendste, was ich tun konnte – ich machte mich an die Arbeit.
    Ich rief zwei Streifenwagen zu mir auf den Parkplatz. Wir stiegen aus und suchten mit unseren Taschenlampen beide Seiten der ersten Straße ab. Wonach genau wir suchten, konnte ich nicht sagen; winzige Indizien oder Blutspuren würden wir erst bei Tageslicht sehen. Aber wir alle wussten, dass der Tatort nicht frischer werden würde, falls wir tatsächlich einen Tatort hatten. Wieder beschlich mich das Gefühl, die Nadel im Heuhaufen zu suchen. Durchs Universum zu rasen auf der Suche nach einem ganz bestimmten Asteroiden. Man kommt sich immer so klein und dumm dabei vor.
    Aber irgendwo muss man ja anfangen. Wir hoben eine Menge Papierfetzen auf, aber nichts, das aussah, als hätte es etwas mit einem Schüler zu tun, keine offiziellen Benachrichtigungen der Schule, nichts, was eine weggeworfene Hausarbeit sein konnte. Wir stopfen die Papiere trotzdem in eine Beweismitteltüte, man weiß ja nie. Ein anständiger Detective ist fast immer eine Packratte – ich auf jeden Fall bin eine, obwohl ich schon darauf achte, was ich aufhebe.
    Tagsüber hatte es kaum oder gar keinen Wind gegeben – Gott sei Dank war es noch zu früh für die Santa Anas, aber wir

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