Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
die noch immer direkt hinter mir waren, schienen sie auch zu hören, denn plötzlich waren alle unsere Waffen auf die Türmitte gerichtet. Wir standen still da und lauschten angestrengt.
    Vom Grundriss her wusste ich, dass links und rechts des Ateliers jeweils ein Schlafzimmer lag. Was ich nicht wusste, war, ob es zwischen diesen Räumen Verbindungstüren gab. Ich flüsterte »Türen« und deutete mit dem Kopf in beide Richtungen. Beide verstanden sofort. Spence ging nach links und Escobar nach rechts, um nachzusehen.
    Kaum waren sie gegangen, zeigte sich unter der Tür ein dünner Streifen sehr hellen Lichts, und dann hörte ich eine Männerstimme: » Action … «
    Es waren Arnold Schwarzenegger, Clint Eastwood und Charles Bronson – zu einer Person vermengt. Ich trat die Tür ein, machte einen Satz und rollte mich ab und kauerte dann mit ausgestreckter Waffe auf dem Boden.
    Jeff, wir sind da, wo bist du …
    Und da war er, auf der rechten Seite: gefesselt und geknebelt, und auf seinem Bauch war Blut. Mein erster Instinkt war, zu ihm zu stürzen, aber aus dem Augenwinkel heraus sah ich eine Bewegung. Ich schaute nach links – das Licht war sehr schlecht –, und da stand Wilbur Durand, aber diesmal als er selbst, nicht als Boy.
    Eine Kamera war auf Jeff gerichtet, und dahinter stand das Monster, das offensichtlich die grausige Szene abfilmte. In einer Hand hatte er einen dunklen Gegenstand, der aussah wie eine Waffe. Er hob den Arm langsam und sehr stetig.
    Zu stetig.
    Was sah ich da wirklich? Ich wusste es nicht. Und ich hatte keine Zeit, hinzugehen und es mir genauer anzuschauen. Aber die Bewegungen waren zu präzise, zu mechanisch, zu unmenschlich. Hinter mir riefen Escobar und Spence, sowohl untereinander wie zu mir, und wir alle drei versuchten zu verstehen, was wir da vor uns hatten.
    Genau nach Vorschrift, genau nach Vorschrift, mach es genau nach Vorschrift – das war die oberste Direktive aller unserer Einsätze. Deshalb schrie ich: » Polizei, Waffe fallen lassen « , und hoffte unlogischerweise, dass es funktionieren würde wie beabsichtigt. Aber der Arm hob sich weiter.
    Ich hasste, was die Vorschrift mir als Nächstes befahl, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich richtete meine Waffe auf Durands Kopf und drückte den Abzug.
    Überall in dem kleinen Zimmer waren Rauch und fliegende Teile. Aber irgendetwas stimmte nicht, ganz und gar nicht – kein Blut, keine Hirnsubstanz, nur ein Regen funkelnder Splitter. Der Arm stieg nicht mehr weiter, aber anstatt herabzufallen, wie er es hätte tun sollen, als der Kopf zerplatzte, blieb er in seiner Position, erhoben in einem Winkel von etwa fündundvierzig Grad.
    Als das Echo des Schusses schließlich verhallte, hörte ich nur zwei Geräusche: meinen eigenen rasenden Herzschlag und ein leises elektronisches Summen, als wäre eine Maschine mitten in einer Bewegung stecken geblieben und könnte die nächste nicht mehr ausführen.
    Ich konnte meine schwere Waffe nicht länger halten, mein Arm sank herab, und ich richtete mich auf. Als ich langsam auf mein Opfer zuging, knirschten Plastikteilchen unter meinen Sohlen. Neben dem Korditgeruch des Schießpulvers roch ich verschmortes Vinyl.
    »O Gott«, sagte ich, als ich meine Hand auf die Schulter des Dings legte.
    Ich hatte soeben einen animatronischen Wilbur Durand erschossen. Deshalb lief ich zu Jeff – zumindest dachte ich, es wäre Jeff, aber es war auch nur eine Puppe, die aussah wie er. Eine Puppe, der die Gedärme herausquollen.
    Ich war nicht auf das vorbereitet, was dieser Anblick bei mir auslöste. Alles, und ich meine wirklich alles, wurde scharf und klar. Es sah alles so echt aus, so perfekt. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, eine grausige Grimasse. Spence stürzte an mir vorbei. Ich glaube, ich hatte ihn noch nie so fluchen gehört.
    »Toller Schuss«, sagte er. »Aber jetzt schnappen wir uns den Echten.«

33
    Habt Ihr vor, für diese Verbrechen eine Rechtfertigung vorzutragen, zu unterbreiten, zu benennen oder beizubringen, ein Motiv, mit dessen Hilfe wir diese Verbrechen besser verstehen können?
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Euer Gnaden, außer dem, was ich bereits gesagt habe.«
    Wieder einmal vertagte sich das Gericht, da ohne eine Zustimmung Gilles de Rais’ nicht fortgefahren werden konnte. Mit einem lauten Schlag seines Hammers verkündete Jean de Malestroit, dass das Gericht am folgenden Tag, Dienstag, den 20. Oktober, wieder zusammentrete, und entließ uns dann.
    Es war schon

Weitere Kostenlose Bücher