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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Fesseln zu wehren.
    »Jeff ist der ganz links«, rief ich nach hinten.
    Nur er war völlig still.
    Ich schaute wieder Durand an und sah auf seinem Gesicht die Erkenntnis, dass er ausgetrickst worden war, dass es Zeit für ihn war, die Trumpfkarte zu ziehen. Wieder sah ich seinen Arm sich heben, die Waffe war direkt auf Jeff gerichtet. Die Bewegung war flüssig und echt und unheimlich glaubhaft. In seiner Hand hatte er eine automatische Waffe – mit einer Garbe würde er alle drei treffen. Wenn er sie schwenkte, würde er auch mich, Spence und Escobar treffen.
    Plötzlich stand Spence mit gezogener Waffe auf und schrie: »Hier!« Durand reagierte, ohne nachzudenken, er riss den Arm herum und zielte nun direkt auf Spence. Aber ich war auch bereits aufgesprungen und rief: » Halt, Polizei, lassen Sie sofort Ihre Waffe fallen « , aber nur, weil das gesetzlich vorgeschrieben war, um den Schuss zu legalisieren. Es war eine rein theoretische Übung, ich hatte vor, ihn zu erschießen, ob er aufgab oder nicht.
     
    Dies alles überlegte ich mir in Sekundenbruchteilen – aber Will Durand hatte diese Art von Training nicht. Auch wenn er mit einer Waffe geübt hatte, hatte er doch nicht gelernt, mit einer zu leben, wie wir alle es tun. Er war noch nie mitten in der Nacht aufgewacht und hatte nach der Waffe unter dem Kopfkissen gegriffen, wenn irgendeine Straßenkatze einen Mülleimer umwarf. Er hatte keine blauen Flecken an der Hüfte, wo das Halfter saß, ging deshalb nicht leicht nach links geneigt, um das Gewicht der Waffe auf der rechten Seite auszugleichen. Von Funkgerät, Pager, Marke und Knüppel ganz zu schweigen. Er würde nie eins sein mit der Waffe.
    Er fing an zu schreien, wir sollten zurückbleiben, und als Spence und ich weiter auf ihn zugingen, erhob er sich ein wenig aus seinem Kamerasitz. Die Kamera selbst hatte ihn bis jetzt geschützt, und noch immer war sie so groß und sperrig, dass wir keinen vernünftigen Schuss ansetzen konnten.
    Doch eine bessere Chance würden wir kaum kriegen. Instinktiv nahm ich die modifizierte Weaver-Haltung ein, beide Hände an der Waffe, die Füße eine Schulterbreite auseinander. Ich setzte einen Fuß knapp vor den anderen, so dass mein Körper sich leicht zur Seite drehte und ein schmaleres Ziel abgab, das, wie unsere Trainer uns immer wieder einschärften, schwerer zu treffen ist.
    Doch ich war noch immer ein leichtes Ziel, ob mit Weaver oder ohne. Ich sah eine Reihe von Blitzen aus der Mündung seiner Automatik, bevor ich die Schussgeräusche hörte; dies alles passierte, kurz nachdem ich den Abzug meiner Waffe betätigt und nichts getroffen hatte.
    »Seine Schüsse gingen daneben, weit nach links«, schrie Escobar von irgendwo hinter mir. Ich schoss, und die Kugel prallte an der riesigen Kamera ab, aber ich sah, dass Durand zusammenzuckte und sich an die Schulter fasste, er musste also verletzt sein, wahrscheinlich von einem Splitter der Kamera.
    Es hielt ihn allerdings keineswegs auf – er hob die Waffe erneut und richtete sie auf die Jungen. Dieses entsetzliche Ratatatat war zu hören und dann Schüsse von hinten und von rechts.
    Durands Waffe segelte durch den Raum, Blut spritzte aus seinem Arm. Ich drückte ab und traf Durand noch einmal im selben Arm. Und das war alles – die Schießerei war zu Ende.
    Spence stürzte auf Durand zu, und Escobar rannte zu den Jungen, während ich auf die Knie sank. Ich hatte seit Tagen kaum etwas gegessen, aber das Wenige kam jetzt als grüne und bitter schmeckende Galle wieder hoch. Irgendwie schaffte ich es, mein Funkgerät zu finden und hineinzusprechen. Dann rappelte ich mich hoch und lief zu Jeff.
    Er sah mich mit unendlichem Entsetzen in den Augen an, aber er lebte, o Gott, er lebte noch, also bestand Hoffnung, dass wir ihn auch lebend hier rausbrachten.
    Ich bemühte mich gerade, ihn von seinem Knebel zu befreien, als wir umringt wurden von einem Schwarm Sanitäter mit ihrer Ausrüstung und ihren Tragen und ihrer unermesslichen Kompetenz. Sie fackelten nicht lange und schoben mich einfach beiseite. In diesem Augenblick war ich keine Polizistin, sondern eine Vertraute des Opfers – normalerweise eine leichte bis mittlere Belästigung, in diesem Fall aber eine echte Bedrohung, die nichts tun konnte, außer ihnen bei ihren lebensrettenden Bemühungen im Weg zu stehen.
    Spence und Escobar griffen mir buchstäblich unter die Arme und trugen mich nach draußen.
    Nun stand ich hilflos abseits, während sie den Jungen bearbeiteten,

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