Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
warum.« Mein Herz schlug schneller, zu schnell.
    »Und sag mir, warum es dir nicht möglich war, mir schon früher davon zu erzählen, damit ich es schon damals hätte besser wissen können.«
    »Es wäre nicht gut für dich gewesen, diese Dinge zu wissen. Bis jetzt.«
    »Und jetzt ist es gut für mich?«
    »Du musst diese Dinge jetzt erfahren. Ich weiß, dass du Milord sehr geliebt hast, auch wenn er diese Zuneigung aus eigenem Mutwillen zerstört hat. Dennoch bekümmert es mich, diese Dinge zu sagen. Er war nicht das unschuldige Kind, das du in Erinnerung hast. Ich weiß, du glaubst, er war höchstens ein durchschnittlicher Schüler, trotz seiner hervorragenden Lehrer, die Michel und mir viel mehr nützten als ihm. Es war eine Frage der Hinwendung; er zog es vor, sich anderen Dingen zu widmen. Er hatte eine Wissbegierde in sich, die du vielleicht nie erkennen konntest, weil er sich Dingen widmete, die er keinen Menschen sehen ließ außer einige sehr enge Vertraute, darunter Michel und ich selbst sowie seine Vettern De Sille und De Briqueville. Ich hatte nie viel übrig für diese beiden Halunken, aber ich hatte kaum eine andere Wahl, als mich mit ihnen einzulassen; sie waren seine Verwandten, und er nahm sie in den Kreis jener auf, die seine geheime Seite sehen durften. Er wusste, dass keiner von uns je über das reden würde, was wir wussten. Michel und ich schwiegen, weil wir seiner nicht ebenbürtig waren, und er hatte großen Einfluss auf dich, unsere geliebte Mutter; es gibt keine größere Macht als diese. De Sille und De Briqueville schwiegen, weil sie eifersüchtig auf ihn waren und voller Angst, er könnte ihrer Stellung in der Familie schaden, vor allem bei Jean de Craon, der so erpicht darauf war, seinen Enkel Gilles aufsteigen zu sehen, dass er seinen anderen Enkeln kaum Beachtung schenkte. Und ich glaube, dass sie im Lauf der Zeit sogar zu genießen begannen, was sich da abspielte.«
    Ich wollte schon die Hand heben, um ihn zum Schweigen zu bringen, doch ließ ich es sein. Es war zu spät: Ich hatte bereits so viel gehört, dass ich mir den Rest beinahe ausmalen konnte, und es war nicht zu leugnen, dass mir mit der Wahrheit besser gedient wäre. Also saß ich stumm da, während Jean sprach.
    »Er war … sehr schnell bei vielen Dingen, die Michel und ich nur langsamer verstanden. Vor allem was körperliche Dinge anbetraf. Es kam oft vor, Mère, dass er sein … sein … Glied aus seinem Hosenbeutel zog und es uns zeigte. Zuerst brachte er es zum Stehen und forderte uns dann auf, es zu bewundern.«
    Ich gab mir die größte Mühe, nicht zu viel Gefühl zu zeigen. »In welchem Alter tat er das?«
    »Zehn, vielleicht elf; es begann, kurz nachdem Milord Guy von dem Keiler aufgeschlitzt worden war. Und dann fing er an, sich vor uns selbst zu befriedigen. Er rieb sich Fett auf die Hand – ich erinnere mich, wie er mich einmal dazu brachte, einen Topf mit irgendeiner crème aus deiner Schlafkammer zu stehlen …«
    Dieses Geständnis verblüffte mich. Es war einer meiner Schätze gewesen, wobei nicht die crème mir sonderlich viel bedeutete – solche Dinge hatten für mich nicht den Wert, den sie für edle Damen hatten, deren Haut immer genauester Prüfung standhalten musste. Aber der Topf selbst war aus Elfenbein mit einem Goldrand und mit wundervollen Schnitzereien verziert, und ich mochte ihn sehr, weil er ein Geschenk meines Gatten gewesen war. Wer hat meinen pot de crème genommen? Noch jetzt kann ich mich es sagen hören, wenn auch nicht mit der Wut, die ich vielleicht hätte verspüren sollen. Ich hatte angenommen, dass einer meiner Söhne oder mein Gatte mir einen kleinen Streich spielen wollte. Gestehe gleich, und es wird dich nicht so hart treffen. Irgendwann tauchte der Topf wieder auf, und unser kleines Drama fand ein Ende. Zu dieser Zeit hätte ich mir nie träumen lassen, dass der Topf zu einem so schrecklichen Zweck gestohlen worden war. Er ruhte jetzt in dem Schrank neben meinem Bett, fast zum Greifen nahe.
    »… und er verbrauchte die ganze crème, indem er diese Dinge mit sich selbst anstellte. De Sille und De Briqueville taten es ihm gleich. Michel und ich versuchten uns zu entschuldigen, aber er ließ uns nicht gehen. Er ließ uns nie gehen.«
    »Das ist mehr als einmal passiert?«
    »Tausend Mal. Aber ich konnte nicht darüber reden, ich hatte Angst vor Milord und Angst davor, dass du von mir enttäuscht sein könntest.«
    »Euer Vater hätte doch …«
    Seine Worte kamen schnell und

Weitere Kostenlose Bücher