Die Schreckenskammer
dass er Ausschnitte und potenzielle Drehbücher herumgezeigt hatte in der Hoffnung, einen Abnehmer zu finden. »Es war im Grunde genommen Gewaltpornografie mit Kindern«, sagte uns einer davon, »kaum verhüllt. Absolut nicht mein Marktsegment. Aber die Special Effects waren unglaublich, alles sah völlig real aus. So etwas habe ich noch nie gesehen«, behauptete er.
Kein Wunder, dass die Effekte so echt wirkten. Gott sei Dank fand sich keiner, der dieses Zeug vertreiben wollte. »Es war einfach zu viel, zu heftig für gewöhnliche Vertriebskanäle«, sagte uns einer.
»Aber passen Sie auf, Kopien werden herauskommen. Und für dieses Zeug wird es einen riesigen schwarzen Markt geben.«
Er hatte Recht. Der namenlose Film wurde schließlich ein Underground-Hit auf Internet-Pornoseiten, die sich auf gewaltverherrlichende Filme und härteste Pädophilie spezialisierten. Es gehörte alles zu Onkel Wilburs großem Plan.
Keiner von uns fand je heraus, warum die Turnschuhe ihm so viel bedeuteten. Vielleicht waren sie das Einzige, was sie alle gemeinsam hatten und etwas, das er nicht groß zu verstecken brauchte, wenn er sich wieder einmal heimlich austobte. Es musste ihm große Befriedigung verschafft haben, dass Leute in dieser Schatzkiste wühlten und gar nicht wussten, was sie da berührten. Erkinnen hatte Recht gehabt, als er behauptete, dass Mörder gerne Erinnerungsstücke an ihre Opfer aufbewahren; Jeffrey Dahmer hatte einen Kühlschrank voller Köpfe und eine Tiefkühltruhe voller Körperteile, für Zeiten, wenn er »einen Happen essen wollte«. In dem Buch, das Erkinnen mir geliehen hatte – es liegt noch immer auf meinem Nachtkästchen, können Sie sich das vorstellen? –, las ich auch eine Geschichte über diesen Ritter aus dem fünfzehnten Jahrhundert, den Edelmann Gilles de Rais, der die Köpfe von angeblich dreihundert Opfern aufbewahrt hatte, damit er darüber nachsinnen konnte, welcher von ihnen der schönste war.
Unvorstellbar!
Die Turnschuhe lagen in einer offenen Kiste in seinem Studio, die ganze Zeit für jedermann leicht zu sehen. Es war gefährlich und äußerst verwegen, aber Durand verließ sich darauf, dass er damit durchkam. Eine sehr lange Zeit tat er das auch. Doch letztendlich war es dieses Verlangen, den Erinnerungsstücken an seine Verbrechen nahe zu sein, das ihn zu Fall brachte.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass Durand das Risiko, gefasst zu werden, durchaus bewusst war. Wahrscheinlich wollte er gefasst werden, sagte Doc mir in einem unserer Gespräche nach dem Ende dieses Albtraums. Es war ihm wahrscheinlich nicht ganz unrecht. Vielleicht gab es einen Teil von Wilbur Durand, der verabscheute, was er tat, eine winzige Spur geistig gesunder Anständigkeit, die gerade so viel seiner Psyche beherrschte, dass er seiner Entdeckung quasi selbst den Weg bereitete.
Vielleicht war das so, aber in den Tagen, in denen die Detectives ihm Informationen über den Verbleib seiner früheren Opfer zu entreißen versuchten, war diese Spur nirgendwo zu finden.
Welche früheren Opfer?, fragte er sie damals. Und seine Schwester fügte hinzu: Wir gestehen keine früheren Opfer ein.
Es war alles nur Pose, und es brachte Spence und Escobar, denen der Fall nun offiziell zugeteilt war, zur Weißglut. Das Thema einer Strafmilderung als Gegenleistung für Informationen über den Verbleib der Leichen wurde behutsam mit Sheila Carmichael besprochen, die aufmerksam zuhörte und dann wiederholte, dass ihr Mandant nichts mit diesen Verschwindensfällen zu tun habe. Aber sie behielt sich eine endgültige Entscheidung vor, mit dem Argument, dass sie als seine Anwältin sich verpflichtet fühle, ihm jedes Angebot vorzutragen, das die Polizei oder die Staatsanwaltschaft machten, und aus diesem Grund werde sie mit ihm über dieses Thema sprechen – wobei es nichts bringen werde, da er über diese anderen Verschwindensfälle absolut nichts wisse.
»Und Sie wissen, dass er geisteskrank ist«, fügte sie hinzu, »er kann also so ziemlich alles sagen. Das kann ich weder vorhersehen noch kontrollieren.«
Jim Johannsen traf sich mit den Familien der Opfer, um ihnen die Diskussion zu erläutern, die zwischen den Beteiligten stattgefunden hatte. Er suchte die »Erlaubnis« der Angehörigen, diese Sache noch energischer voranzutreiben. Behutsam fragte er nach, ob sie ihm gestatten würden, als Gegenleistung für Informationen über den Verbleib der Leichen auf die Forderung nach der Todesstrafe zu verzichten.
Ich hatte
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