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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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schreckliches Mitleid mit diesen Leuten. Das Risiko, das sie eingingen, eins, mit dem sie viele Jahre würden leben müssen, bestand darin, dass sie vielleicht nie erfahren würden, was mit ihren Söhnen passiert war, wenn sie darauf bestanden, dass gegen Wilbur Durand weiter unter Androhung der Todesstrafe verhandelt wurde.
    Ich weiß nicht, ob Rache je so süß sein kann, dass ich bereit wäre, den Rest meines Lebens mit einer solchen Ungewissheit zu verbringen. Das Geheimnis, was mit diesen kleinen Jungen passiert war, würde mit Durand sterben, sollte er sterben müssen. Es würde keinen Abschluss geben für diese dreizehn Familien, die jeden Abend ins Bett gingen und sich das Schlimmste vorstellten oder auf das Bestmögliche hofften – dass nämlich ihr Kind durch ein Wunder noch am Leben sein könnte und durch die kalte Dunkelheit kroch in dem verzweifelten Versuch, nach Hause zu gelangen, wie ein verirrtes Hündchen. Es war bemitleidenswert, entsetzlich, das Schlimmste, was einer Familie passieren konnte. Einige der Familien schienen sich zu schämen, mir gegenüberzutreten, sie schämten sich dafür, Milde gegen Sicherheit eintauschen zu wollen. Ich verstand, was sie wollten: Abschluss und Ende. Mein Wissen über das, was mit Jeff passiert war, war eins der bizarrsten Geschenke des Lebens an mich. Meine Fantasie konnte sich nichts weiter ausmalen. Die ihre konnte es und würde es wahrscheinlich auch tun.
    Ich stand zu dem Versprechen, das ich der befreundeten Journalistin gegeben hatte, und sprach mit keinem anderen Reporter. Es war schwierig, weil sie mich verfolgten. Aber keine der Familien stand unter einer ähnlichen Verpflichtung – sie konnten frei sprechen. Einige taten es auch. Wirklich entsetzt war ich über eine Familie, die ihre Geschichte für eine Menge Geld an ein Revolverblatt verkaufte. Aus diesem Grauen Geld herauszuschlagen widerte mich einfach an. Es war unentschuldbar.
    Oft während der Diskussionen mit Johannsen wollte ich mich zu Wort melden. Sie verstehen nicht, wollte ich den anderen Familien sagen, wir wissen Bescheid über dieses Monster, und Sie wollen mit ihm schachern? Dieser Kerl will alle Aufmerksamkeit, die er kriegen kann; schon jetzt bekommt er Liebesbriefe und Heiratsanträge von so ziemlich jedem perversen Flittchen da draußen. Jedes Revolverblatt der Welt klopft an seine Zellentür und bettelt um eine Story. Sie schüren dieses Feuer.
    Aber ich konnte es nicht. Die Vorschriften verboten es mir, Details zu enthüllen; ich hätte den ganzen Fall gefährden können, wenn nur ein kleiner Teil davon an die Öffentlichkeit gedrungen wäre. Und angesichts der Tatsache, dass gewisse Leute ihre persönlichen Geschichten verkauften, konnte ich nicht riskieren, dass sie Geheimnisse der Ermittlung verschacherten.
     
    Johannsens Entscheidung, die Todesstrafe zu fordern, wurde bei einer sorgfältig inszenierten Pressekonferenz verkündet. Sheila Carmichael hatte nur wenig zu sagen, sie schaffte es aber, die Worte des Staatsanwalts zum Vorteil ihres Mandanten zu verdrehen. »Wir sind bereit, Wilbur Durand mit allen Mitteln, die das Gesetz erlaubt, gegen jeden wie auch immer gearteten Vorwurf zu verteidigen«, sagte sie in einem Interview nach der Bekanntgabe. Sie gab sich die größte Mühe, die Jury mit den eigenartigsten Menschen zu besetzen, die auf der Liste der potenziellen Geschworenen standen. Sie nutzte all ihre Einspruchsmöglichkeiten, um Großmütter, Lehrer, Eltern und alle anderen abzulehnen, die in irgendeiner offensichtlichen Beziehung zu Kindern standen. Aber die ideale Jury für Wilbur Durand, eine rückgratlose Gruppe aus kinderlosen Männern mit zweifelhafter Geschlechtsidentität, einem tief verwurzelten Anspruchsdenken und flexiblen Moralvorstellungen, konnte auch vom eifrigsten Juryberater nicht aus dem Hut gezaubert werden.
    Die schließlich gewählten zwölf Stammjuroren und sechs Ersatzleute »sahen nicht gerade nach Freispruch aus«, wie Sheila Carmichael angeblich bemerkt haben sollte. Sie schaffte es allerdings, zwei Leute zu platzieren, die persönliche Einwände gegen die Todesstrafe hatten. »Ich wusste, dass das würde reichen müssen«, sagte sie in einem Interview nach dem Auswahlverfahren. »Es ist allerdings schon komisch, wie sich so etwas entwickelt. Die eigenen Strategien funktionieren nicht immer so, wie man sich das vorstellt.«
    In seiner Eröffnungsansprache an die Geschworenen legte der Vorsitzende Richter besonderes Gewicht darauf, ihnen

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