Die Schreckenskammer
Ermittlung angeordnet und jemanden zu deren Leiter ernannt.«
Wieder hatte er mich überrascht. »Aber das ist wundervoll«, sagte ich glücklich. »Wer wurde dafür bestimmt?«
Er zögerte so lange, wie ein Atemzug dauert. »Der Herzog hat jemanden ernannt, von dem er glaubt, dass er einen guten Spürhund abgeben wird.«
Viele der Männer, denen eine solche Aufgabe übertragen werden konnte, waren mir aufgrund meines früheren Dienstes bekannt; vielleicht konnte ich die Arbeit ja in der einen oder der anderen Weise beeinflussen. »Wer?«, fragte ich noch einmal.
»Lasst es uns für den Augenblick dabei belassen. Ich habe heute noch viel zu erledigen, doch ich wollte Euch nur wissen lassen, dass Ihr Euch auf keine Reise mehr vorbereiten müsst. Wir wollen morgen darüber sprechen und dann weiter konspirieren.«
»Eminenz, Ihr seid äußerst grausam – Ihr verurteilt mich für den Rest des Tages zu Mutmaßungen und zu einer Nacht schlafloser Unruhe.«
Er setzte eine verärgerte Miene auf. »Ihr seid ein Dorn, Schwester, an der Rose meines Lebens.«
Ich war ähnlich verärgert, doch, wie mir schien, mit größerer Berechtigung. »Verzeiht mir, lieber Bruder. Aber was wäre eine Rose ohne Dornen?«
»Nun, es wäre die … ach ja, man könnte sie den Inbegriff der Vollkommenheit nennen.«
»Aber leider auch nichts sagend und wenig anregend.«
»Manchmal könnte man ein bisschen weniger Anregung ganz gut gebrauchen.«
»Anregungen dürfen nie missachtet werden, Eminenz. Es wäre eine schwere Sünde, es zu tun, Eures Zorns so würdig wie jede andere Sünde.«
»Ja … nun … vielleicht wäre sie das.« Dann fragte er mit stiller Besorgnis: »Ihr werdet wirklich nicht schlafen?«
»Keine Sekunde.«
Er seufzte. »Ich möchte nicht der Grund dafür sein. Nun gut denn. Aber Ihr müsst schwören, es als Geheimnis zu bewahren.«
»Ich schwöre.«
»Herzog Jean hat mich dazu bestimmt, diese Angelegenheit weiter zu untersuchen.«
Alle seine schwierigen Eigenschaften, die frömmelnde Strenge, die sture Hartnäckigkeit, das reservierte Temperament, das er so oft nutzte, um sich von denen in seiner Umgebung abzusetzen, würden jetzt den Verlauf dieser Ermittlung beeinflussen.
Andererseits war mein Einfluss gesichert.
Letztendlich legte ich die Aufgabe, das Entfernen des getrockneten Schlamms vom Steinboden des Kirchenschiffs zu überwachen, dann doch in die fähigen Hände von Schwester Elene; die Frau schien wirklich dankbar dafür zu sein, was ich nicht verstand. In den braunen Schlamm mischten sich unweigerlich Exkrementbrocken, Hinterlassenschaften von Pferden und Rindern und Ziegen, die täglich durch jede Dorfstraße zogen. So hatte ich nichts dagegen, von dieser Pflicht entbunden zu sein. Unter ihrer Aufsicht würden Novizinnen den getrockneten Unflat aufsammeln und in den Garten bringen, wo er verteilt würde unter den wachsamen Augen von Frère Demien, der in der ganzen Zeit Gott danken würde für Seine Großzügigkeit, ihm solch reichliche Mengen merde in seine Verwaltung zu übergeben. Wir vergeudeten nichts.
Ein neuer Ruf von Jean de Malestroit erreichte mich, als die jungen Schwestern mit ihren Besen und Trögen die Kirche verließen.
»Ich bin bereit, mit den Ermittlungen zu beginnen«, sagte er mir, als ich ankam.
»So schnell?«
»Wie Ihr wisst, Schwester, gehe ich sehr sparsam mit meinen Stunden um. Und den Euren, wie ich wohl sagen darf. Nun möchte ich, dass Ihr mir noch einmal die Geschichten erzählt, die Ihr in Bourgneuf gehört habt, mit allen Einzelheiten, an die Ihr Euch erinnert«, sagte er. »Es wird mir helfen, die Richtung meiner Nachforschungen zu bestimmen.«
Die Schatten sollten kürzer und wieder länger werden, bevor wir zu einem Ende kamen. Wir konnten auch nicht voraussehen, wie viele Tage diese Sache noch in Anspruch nehmen sollte.
Etwa drei Jahre zuvor gab eine Frau namens Catherine Thierry ihren Bruder in die Obhut eines hierher versetzten Parisers, eines gewissen Henriet Griart, damit der Junge in den Kapellenchor von Machecoul aufgenommen werde. Der Junge wurde nie wieder gesehen und wurde auch kein Mitglied des Sprengels, soweit seine Schwester das erfuhr; es gab auch keinerlei Erklärung, was mit ihm passiert sein konnte.
Und dann war da der engelhaft aussehende Guillaume Delit, Guibelets Sohn, der dem Grillmeister beim Bereiten des Fleisches für Gilles de Rais half. Der Küchenchef selbst, Jean vom Château in Briand, sagte der Mutter dieses Knaben, es
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