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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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derselben Zwickmühle wie so ziemlich jeder andere städtische Abteilungsleiter in Los Angeles auch.
    »Jetzt ziehen Sie nur keine voreiligen Schlüsse«, sagte er schließlich.
    Seine Kehrtwendung überraschte mich nicht; sobald man in Verbindung mit einer Gruppe von Verbrechen den Begriff Serie erwähnt, vervielfachen sich die Ausgaben, manchmal sogar exponentiell. Aber seine Zurückhaltung war, gelinde gesagt, ärgerlich.
    »Ich weiß nicht, was ich sonst denken soll. Es gibt ein eindeutiges Muster, ein ins Auge springendes Muster, eines, das man nicht erwarten würde, vor allem hier nicht. Wenn die Zugriffe beliebig wären, dann wären auch hispanische und afroamerikanische Kinder unter den Opfern. Sie haben es doch auch bemerkt, sonst hätten Sie mir Donnollys Fälle nicht gegeben. Aber plötzlich scheint es Ihnen nicht mehr zu gefallen.«
    Einen Augenblick lang machte Fred ein besorgtes Gesicht. Dann sagte er: »Es ist egal, ob mir etwas gefällt oder nicht, Dunbar, ich muss es managen. Und im Augenblick ist Management eine schwierige Sache.«
    »Das weiß ich. Aber solche Sachen fragen auch nicht, ob es gerade passt oder nicht.«
    »Das tun sie nie.«
    Er trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte, als würde er sich seine Alternativen überlegen. Die Alternative, für die er sich entschied, gefiel mir nicht gerade übermäßig.
    »Haben Sie Fotos von allen Opfern?«
    Er versuchte, mich mit der »Überzeugen Sie mich«-Masche hinzuhalten.
    »Ja, in den Akten.«
    »Wir sollten sie uns mal alle zusammen ansehen.«
    Es würde eine Weile dauern, es zu organisieren. »Geben Sie mir eine halbe Stunde.«
    »Sie können den ganzen Tag haben. Ich muss jetzt weg, um etwas zu erledigen, und bin vor halb fünf nicht zurück.«
    »Dann bin ich allerdings schon weg.«
    »Okay, dann machen wir es morgen.«
    Er nahm seine Lesebrille zur Hand und setzte sie auf, zog sich dann einige Unterlagen heran und tat so, als würde er sie lesen – für mich eine Aufforderung zu gehen, was ich auch tat, mit einem unausgesprochenen Fluch auf den Lippen.
     
    Es kostete mich noch ein Mittagessen, diesmal aus meiner eigenen Tasche, aber ich war froh, dass Errol Erkinnen noch einmal Zeit für mich hatte.
    Doc riss die Augen auf, wie jeder es getan hätte, als ich ihm sagte, warum ich ihn sprechen wollte. Bringt man den Begriff Serie ins Spiel, erhalten die Fälle eine ganz neue Dimension. Seine Reaktion war sehr stark, so stark, dass mir fast ein bisschen mulmig wurde; er war Halley, der eben den Kometen entdeckte: das große Karrieresprungbrett, von dem man immer träumt, aber nur selten bekommt.
    »Einen Serien entführer, Detective. Sehr interessant. Sagen Sie mir, wie Sie darauf kommen.«
    »Ähnlichkeiten bei einer ganzen Reihe von Opfern in ungelösten Fällen. Bis jetzt wurden sie noch nicht miteinander in Verbindung gebracht, außer vielleicht ansatzweise. Der Fall Nathan Leeds, wegen dem ich vor ein paar Tagen bei Ihnen war, ist der jüngste, aber die anderen reichen eine Weile zurück, eigentlich Jahre. Falls ich Recht habe, muss ich deshalb davon ausgehen, dass wir es mit jemandem zu tun haben, der seit ziemlich langer Zeit aktiv ist und weiterhin eine Bedrohung darstellt. Ich bekam die letzten zwei Fälle von Terry Donnolly zugewiesen, weil Fred Vuska Ähnlichkeiten darin entdeckte, und als ich bekannt gab, dass ich nach einem Muster suche« – ich warf ihm den Stapel kopierter Faxe auf den Tisch –, »bekam ich das zurück. Eine ganze Latte ähnlicher Sackgassen-Fälle von Leuten, die nicht wissen, was sie mit ihnen anfangen sollen.«
    Er nahm den Stapel in die Hand, als wollte er sein Gewicht prüfen. »Wie viele?«
    »Noch zehn weitere. Insgesamt sind es also dreizehn vermisste Jungen, alle ungefähr im selben Alter – kurz vor der Pubertät –, alle weiß, schlank und mit einem niedlichen Gesicht. Ein Fall wurde offiziell gelöst, aber der mutmaßliche Täter beteuert seit dem ersten Tag seine Unschuld. Er gibt einen anderen Missbrauch zu, aber nicht diesen. Ich neige dazu, ihm zu glauben.«
    »Warum?«
    »Ehrlich? Nun, ich weiß es nicht. Aber er zeigt keins der körperlichen oder psychologischen Symptome des Lügens. Und mein Bauch sagt mir, dass er es nicht war.«
    »Hmm.« Er stand auf und ging mit einem halben Sandwich in der Hand auf und ab. »Auffällige Ähnlichkeiten zwischen den Opfern – das ist ein guter Indikator.« Seine Stimme bekam etwas Leierndes, Tranceähnliches, und er setzte zu einem Vortrag an.

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