Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
»Das ist ein häufiges Phänomen, dieses Opfermuster. Ted Bundys Opfer waren sich alle sehr ähnlich, zumindest die, von denen wir wissen – viele Leute glauben, er hat doppelt so viele Frauen umgebracht, wie er zugegeben hat. Es gab immer die Spekulation, dass er sich eine junge Frau aus Seattle, mit der er kurze Zeit verlobt war, zum Vorbild genommen hat. Sie war attraktiv, intelligent, stammte aus einer intakten, angesehenen Familie – ein wirklich guter Fang für jemanden wie Bundy. Er war ein uneheliches Kind, wissen Sie.«
    »Ja, das habe ich mal gelesen.«
    »Sein ganzes Leben war ein einziges Streben nach Legitimität. Als seine Verlobte die Beziehung beendete, war er deshalb am Boden zerstört. Einem Bekannten vertraute er einmal an, er glaube, dass ihre Familie sie unter Druck gesetzt habe. Und nicht überraschend fingen die Morde etwa zu dieser Zeit an. Sie hatte lange, dunkle, in der Mitte gescheitelte Haare.«
    Wie die meisten seiner Opfer. »Das heißt, er brachte sie immer und immer wieder um.«
    »Symbolisch, ja.«
    »Ich erinnere mich nicht mehr allzu gut an die Zeit, ich war noch ziemlich jung damals«, sagte ich, »aber eine Tante erzählte mir, dass damals viele Frauen ihre Frisur verändert hätten.«
    »Das stimmt. Ich war damals im College und fing an, mich ernsthaft für Psychologie zu interessieren. Deshalb war ich genauso gefesselt wie alle anderen. Ich glaube, meine Entscheidung für forensische Psychologie hat viel mit diesem Bundy-Fall zu tun. Wie auch immer, was vielen Leuten Angst machte, war die Tatsache, dass er immer wieder entkam und herumzog – er fing in Seattle an und zog dann nach Colorado, dann nach Utah und schließlich nach Florida. Ein Mädchen konnte sich nicht darauf verlassen, dass sie sicher war, nur weil sie in Neuengland lebte.« Er lächelte traurig. »Aber man kann sich nie auf irgendwas verlassen, um sich sicher zu fühlen. Manchmal ist man einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.«
    »Aber diese Jungs sind allem Anschein nach zufällige Opfer, um das geht’s ja.«
    »Wahrscheinlich nicht. Anscheinend wurden sie mit Bedacht ausgewählt. Ihr Täter – falls Sie es wirklich mit einem Kerl zu tun haben, der für das alles verantwortlich ist, wie es oberflächlich betrachtet aussieht – mag aus irgendeinem Grund kleine, blonde, weiße Jungs. Was Sie jetzt herausfinden müssen, ist, warum. «
    Ich machte eine Geste, wie um zu sagen: Deshalb bin ich ja hier …
    Er lächelte. »Wahrscheinlich irgendeine Art von Fixierung. Wenn man das Echte nicht bekommen kann, sucht man sich das, was dem am ähnlichsten ist.«
    »Bei Bundy scheint das nicht so recht funktioniert zu haben«, sagte ich. »Er hat es immer wieder getan.«
    »Das kommt daher, dass das Ähnliche – das nie mehr als ein Ersatz sein kann – nur selten das ursprüngliche Bedürfnis, welches zu dieser Fixierung führte, befriedigt. Er verspürte vorübergehende Erleichterung, aber das ursprüngliche Bedürfnis nach Legitimität blieb. Er musste also immer weiter töten. Im Lauf der Zeit kommt es dazu, dass die Tat, was immer sie ist – Mord oder Vergewaltigung oder Entführung –, ihre Wirksamkeit verliert und immer häufiger wiederholt werden muss. Haben Sie schon einen Zeitplan für die Fälle aufgestellt?«
    Ja, in meiner Freizeit. »Nein, noch nicht.«
    »Na ja, das würde ich mir als Nächstes vornehmen, wenn ich Sie wäre.«
    »Wonach soll ich suchen?«
    »Nach gar nichts. Bleiben Sie unvoreingenommen, sehen Sie, was da ist, und nicht, was Sie dort gerne hätten. Das Muster eines Mörders ist nicht immer so regelmäßig, wie wir es gern hätten. Natürlich hilft es, wenn es so ist.«
    Er sagte Mörder. Ich hatte noch nicht Mörder gesagt, weil wir noch keine Leichen hatten, nur Löcher in der Luft, wo einmal Menschen waren. Aber meine Aura sagte Mörder, und er reagierte darauf. »Ja«, sagte ich. »Es hilft.«
    »Tut mir Leid. Mehr kann ich Ihnen im Augenblick nicht sagen. Muster unterscheiden sich, ausgehend von einer Reihe von Faktoren.« Er ging zu einem seiner überquellenden Bücherregale und musterte einige Augenblicke lang die senkrechten Buchrücken. Ich glaube, er hatte eine Art Zielvorrichtung, denn ich hätte in diesem Durcheinander nie etwas gefunden. »Ach, da ist es ja«, sagte er vor sich hin, zog ein Buch heraus und gab es mir. »Nicht gerade Bettlektüre, aber eine sehr gute Studie über die Psyche von Serienmördern. Es dürfte sehr informativ für Sie sein. Um die Sache etwas

Weitere Kostenlose Bücher