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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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in dieser Show auch Ritter und Krieger gegeben hatte, wie in einigen seiner Fantasy-Spiele, und dass sie diese Tiere geritten hatten. Wissenschaftspuristen entfachten eine hitzige Kontroverse über die chronologische Ungenauigkeit; ich weiß noch, dass ich mich darüber ziemlich amüsierte, weil ich als Kind immer die Familie Feuerstein angeschaut hatte. Na, und die ritten auf Dinosauriern! Wichtig war mir nur, dass damals Evans Interesse für etwas Reales geweckt wurde.
    Als ich das Poster sah, verstand ich die Begeisterung noch besser. Es zeigte einen grotesken, warzenübersäten Keiler, der vor ekligem Schleim triefte, viel zu violett für normales Blut, aber vermutlich etwas, das einem der Künstler als Bestienblut nahe bringen wollte. Auf dem Rücken dieses Keilers saß ein Kriegerwesen in einer reich verzierten, schwarzen Rüstung – das ganze Arrangement wirkte faszinierend mittelalterlich. Er hatte ein kurzes Schwert erhoben und hielt sich an der Mähne des Keilers fest – das Tier hatte eine zottige Krause um den Hals, fast wie ein Löwe. Position und Winkel des Schwerts erweckten den Eindruck, als wollte dieser Ritter oder Krieger das Tier töten, während er noch auf ihm saß. Er würde den Dämon zwar zur Strecke bringen, dabei aber stürzen und vielleicht selbst ums Leben kommen. Die eindrucksvolle Darstellung verstörte mich, aber mein Blick wollte sich nicht von den winzigen Details lösen, die der Künstler hineingemalt hatte, die Juwelen auf dem Heft des Schwertes, die fantastischen, eingeprägten Verzierungen auf der Rüstung, die blitzenden, spitzen Nieten auf den Fingern der Metallhandschuhe.
    Doch trotz all der winzigen Details auf dem Bild war, wenn man in den Schlitz an der Vorderseite des Helms schaute, kein Gesicht zu erkennen.
    »Hmm«, sagte ich, während ich das Poster anstarrte.
    »Ja«, entgegnete Larrys Mutter fast unhörbar – eine merkwürdige Reaktion. Aber ich ging nicht weiter darauf ein.
     
    Als ich das Haus der Wilders verließ, konnte ich mir ein besseres Bild von dem Jungen selbst machen. Es ist schwer, allein von Fotos und Beschreibungen einen lebendigen Eindruck zu bekommen. Was ich wirklich bräuchte, wäre ein animatronischer Junge. Aber nachdem ich in seinem Zimmer gewesen war, auf seinem Bett gesessen und gesehen hatte, wo er seine Turnschuhe abstreifte und seine Jeans hinwarf, nachdem ich mir die Dinge angeschaut hatte, die er sich gerne anschaute, kam ich zu dem Schluss, dass er ein netter, normaler Junge war, keiner der Promenade-Bürschchen. Ich sagte seiner Mutter, dass ich mich bei ihr melden würde, falls ich noch etwas brauchte, und dass ich sie sofort informieren würde, wenn sich etwas Neues ergeben sollte. Sie wusste, dass wenn eigentlich falls bedeutete; ich sah das ihrem Gesicht an, als ich mich verabschiedete. Aber sie war so freundlich, es mir nicht vorzuhalten.
    Im Haus der McKenzies würde ich keine so freundliche Aufnahme finden. Meine Ankunft dort verzögerte sich wegen eines Stopps bei dem Café, in dessen Nähe Larry verschleppt worden war. Ich fuhr in eine Ladebucht und wurde sofort von einem stirnrunzelnden Kellner angegangen, der mich mit offenkundiger Verärgerung aufforderte, mein Auto woanders abzustellen. Meine Marke und die Versicherung, gleich wieder wegzufahren, nahmen ihm den Wind aus den Segeln.
    Ein paarmal ging ich langsam den Bürgersteig auf und ab, immer unter den ungeduldigen Blicken des Kellners. Nachdem ich ein Gefühl für den Block bekommen hatte, ging ich direkt an ihm vorbei in das Café und fragte nach der Geschäftsführerin. Sie kam in weißer Jacke und fleckiger Schürze aus der Küche und wischte sich die Hand an dieser Schürze ab, bevor sie sie mir entgegenstreckte. Ich nahm an, dass sie wahrscheinlich auch die Köchin war, vielleicht sogar die Besitzerin. Sie sagte, sie sei am Tag der Entführung hier gewesen, habe aber selbst nichts gesehen, und berichtete dann, die beiden anderen potenziellen Augenzeugen arbeiteten nicht mehr in diesem Café, ich müsse sie also zu Hause aufsuchen, falls sie noch immer an der alten Adresse wohnten. Sie meinte, dass zumindest eine nach wie vor in der Nachbarschaft wohne, weil sie noch gelegentlich herkomme und nichts von Umziehen gesagt habe.
    Ich dankte ihr, ging wieder nach draußen und verärgerte den Kellner noch ein wenig mehr, indem ich ihn direkt anlächelte und mich an einen der Tische im Freien setzte. Nun musste er mir tatsächlich seine Aufmerksamkeit schenken, der arme

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