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Die Schrift an der Wand

Die Schrift an der Wand

Titel: Die Schrift an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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aufgrund des Berichts vom gerichtsmedizinischen
Institut.«
Seine Augen wurden schmal, und er sah Vidar Waagenes an.
»Ist der nicht vertraulich?«
»Ich habe – äh – Veum engagiert, um für mich ein paar Nachforschungen anzustellen. Meiner Auffassung nach berechtigt ihn
das zur Einsicht in alle den Fall betreffenden Dokumente.«
»Es könnte durchaus sein, daß wir diese Auffassung hier bei
uns nicht teilen.«
»Und wenn schon, Muus. Ich habe ihn gesehen. Hören Sie zu.
Nehmen wir an, Doktor Evensen unterrichtete seine Auftraggeber von Torild Skagestøls HIV-Infizierung – und lassen Sie uns
unter uns jedenfalls vorläufig davon ausgehen, daß das Birger
Bjelland & Co. sind. Die Konsequenz ist, daß sie sich ihrer
entledigen müssen – was sie auch tun.«
»Aber – doch wohl nicht, indem sie so tun, als sei es ein
Kunde gewesen? Dann würde doch das ganze Unternehmen
auffliegen.«
»Es war Helge Hagavik, der behauptete, es sei ein Kunde
gewesen. Sie sollten nicht vergessen, wo wir sie gefunden
haben, auf dem Fanafjell mit einem Satanistensymbol in den
Hintern geritzt! Sie haben alles getan, was sie konnten, um die
Aufmerksamkeit von ihren Machenschaften abzulenken. Es war
Helge Hagavik, der nicht dichtgehalten hat und der auf fast
rührend naive Weise so tat, als habe er sie bei einer Joggingtour
gefunden! Das war nicht eingeplant. Schlechtes Gewissen steht
in solchen Kreisen nicht hoch im Kurs.«
»Also Sie behaupten, daß sie aus dem Weg geräumt wurde,
weil sie HIV-positiv war?«
»Ich halte es für eine Möglichkeit. Sie konnten sie nicht als
Ansteckungsquelle weitermachen lassen. Nicht ohne daß sie
irgend jemanden ansteckte und mit der Gefahr, daß das herauskäme. Vergessen Sie nicht, daß wir nicht von einer zufällig
organisierten Straßenprostitution reden, Muus. Wir haben es mit
einem erstklassigen Service-System zu tun, auf dessen Kundenliste sowohl Richter als auch sicher viele andere Spitzen der
Gesellschaft stehen.«
Er nickte. »Wir werden mit diesem Arzt reden. Und wenn wir
meinen, ausreichend viele Indizien in der Hand zu haben, dann
denke ich wohl, daß wir auch Herrn Birger Bjelland zu einer
kleinen Unterredung bitten werden.« Er rieb sich zufrieden die
Hände. »Ich kann nichts anderes sagen, als daß ich mich freue.
Das wäre kein schlechter Abgang, diesen Fisch ins Netz zu
kriegen!«
»Abgang?« fragte Vidar Waagenes.
Ich zeigte auf den roten Kreis auf dem Wandkalender.
»Hauptkommissar Muus geht bald in Pension. Wenn wir das
nächste Mal vorbeikommen, serviert er uns vielleicht Sahnetorte.«
46
    Wieder im Büro, rief ich Laila Mongstad an, um ihr zu erzählen,
was ich über Birger Bjelland herausgefunden hatte. Aber sie war
mit einer anderen Sache beschäftigt und hatte keine Zeit, mit mir
zu sprechen. »Ich rufe dich heute abend an, Varg«, sagte sie
noch schnell, bevor sie wieder auflegte.
    Danach fuhr ich wieder in den Nordre Skogvei hinauf, zu der
Adresse, die Harry Hopsland beim Einwohnermeldeamt
angegeben hatte. Das Haus, in dem er wohnte, war ein beiger
Flachdachbau mit braun gestrichenen Türen, und ich fand seinen
Namen auf einem der Briefkästen.
Näher kam ich nicht an ihn heran.
    Eine Nachbarin mittleren Alters mit dicken Tränensäcken
unter den Augen und einer Zigarette im Mundwinkel bestätigte,
daß vor relativ kurzer Zeit ein Hopsland dort eingezogen sei.
»Aber normalerweise hören wir keinen Mucks von ihm. Er ist so
ruhig wie man nur sein kann, jedenfalls meistens, außer wenn er
sein Motorrad anwirft.«
    »Und wo hat er das?«
»Auf dem Hinterhof.«
»Da stand jetzt kein Motorrad.«
»Nein, dann ist er sicher nicht da.«
    Meine Kopfschmerzen waren mit frischer Kraft zurückgekehrt. Ich fuhr nach Hause, nahm eine weitere Portion
Schmerztabletten, rief Karin an und sagte, ich ginge ins Bett und
daß sie sich keine Sorgen zu machen brauche, da ich mich jetzt
ernsthaft ausruhen wolle.
Es war dunkel, als sie anrief und mich weckte.
    Als sie die Knäckebrotkrümel auf meinen Stimmbändern
hörte, sagte sie: »Oh, hast du noch geschlafen?«
»Ja, ich denke schon. Wie spät ist es?«
»Zehn Uhr abends.«
Ich bewegte langsam den Nacken, um mich zu versichern, daß
er nicht festgewachsen war. »Ich muß wie ein Stein geschlafen
haben.«
»Das hat dir sicher nur gutgetan.«
Nachdem sie sich hatte versichern lassen, daß ich vorhatte,
weiterzuschlafen, wünschte sie mir eine geruhsame Nacht und
legte auf. Ich sank in Zeitlupe

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