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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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hierhergezogen, da doch seine Mutter von Retyicel stamme. Bald habe er begonnen, sich als Wucherer zu betätigen, und heute sei er ein reicher Mann.
    »Aber womit hat er gewuchert, wenn er nichts besaß?«
    »Man sagt, der Pope habe ihm das Geld gegeben, um mit ihm die Zinsen zu teilen.«
    »Hatte denn der Pope Geld?«, fragte Abády.
    »Nun … nun, man sagt, der Pope sei ein Beauftragter der Bank ›Unita‹, die Wechsel würden dorthin geschickt.«
    Bálint dachte nach. Die vielen Klagen, über welche die anderen einander berichtet hatten, als sie meinten, er schlafe, gewannen allmählich klarere Gestalt. Ihm fiel ein, dass sie in Zusammenhang mit Rus und dem Popen auch den Namen des Notars immer wieder erwähnt hatten.
    »Spielt Kreisnotar Simó in diesen Dingen auch eine Rolle?«, fragte er.
    Mézes blickte um sich, ob keiner zuhörte. Crișan und der junge Ștefan marschierten vorne, um den Weg freizumachen, während die anderen bei den Lastträgerpferden hinten geblieben waren; der Förster begann also zu reden, sprach jetzt aber leiser.
    »Man sagt, auch der Herr Notar sei mit ihnen im Bund. Er setzt die Verträge auf, und … und weil es da wenige Leute gibt, die zu schreiben und zu lesen verstehen, so stehe, sagt man, in der Schrift nicht immer das, was er vorlese, sagt man. Aber, bitte sehr, man kann nicht alles glauben, was so erzählt wird, denn diese Bauern sind auch schrecklich unbedarft.« Mézes bereute vielleicht, selbst so viel schon gesagt zu haben, denn gleich fügte er hinzu: »Sie geruhten mir zu befehlen, dass ich übersetze, was diese Leute erzählen, aber ich selber sage dergleichen nicht, und ich glaube diese Dinge nicht um die Welt … nein … nicht um die Welt.«
    Bálint begriff die Besorgnis von Bandi Mézes. Er winkte mit der Hand ab und erwiderte zu seiner Beruhigung: »Fürchten Sie nichts, was Sie mir mitteilen, das erfährt kein anderer!«
    András Mézes Zutor dankte, und um seine Dankbarkeit gleich zu beweisen, schob er links einen langen, in der Mitte entzweigebrochenen Baum zur Seite, dessen Stamm sich wie ein niedriges Tor über den Pfad gelegt und auf dem Wegrand rechts mit seinen vielen Ästen in den Schnee eingegraben hatte.

    Es ging auf den Abend zu, als sie unter dem Égett-kő in der Valea Arsza anlangten. Sie übernachteten jetzt zum letzten Mal im Wald. Alles geschah wie bisher, vielleicht gar noch schneller und genauer, denn jedermann war in seiner Rolle schon geübt. Als einziger Unterschied erschienen hier keine Gäste, denn der Ort lag von allem weitab, und das Feuer war wegen der hohen Felswände nirgends wahrzunehmen.
    In der Frühe dämmerte es spät, der Himmel war wolkig. Beim Anbruch des Morgens zog die Karawane weiter. Es war ein harter, schwieriger Marsch. Viele umgestürzte Bäume lagen in dem engen Tal, ab und zu bildeten sie richtige Hindernisse. Die Menschen überwanden diese Stellen leichter, denn die dicke Schneedecke gab unter ihnen nicht nach, die Pferde aber hatten es schwer. Ihre Geschicklichkeit und Ruhe waren wirklich bewundernswert. Bevor sie ihre Füße irgendwo hinsetzten und sich darauf abstützten, prüften sie, ob dort Holzstämme lagen oder nur Schnee, der einbrechen würde. Ausdauernd, mit gesenktem Kopf wechselten sie den Platz, als wollten sie am Schnee riechen, sie tasteten mit ihren Hufen bei jedem Schritt alles ab. Wenn eines ihrer Beine doch einsank, zogen sie es aus dem Loch heraus und versuchten, den Fuß anderswo hinzusetzen, und sie taten dies ohne Angst, ohne Nervosität. Wunderbar weise Tiere.
    Endlich erreichten sie unten das trockene Hochtal über dem Wasserfall. Hier wurde das Fortkommen leichter, der Weg war breit, denn im Sommer pflegte man hier die Schafe auf die Weiden im Vlegyászagebirge hinaufzutreiben.
    Bálint hielt am Entschluss fest, sich den Wasserfall anzuschauen, obwohl man ihm sagte, dass der Abstieg dorthin nicht leicht sei. Er machte sich deshalb zusammen mit Ștefan, Crișan und Pavel Teodor den Steilhang hinunter auf den Weg, während Mézes, der die Pferde führte, seitwärts auswich und einen Bogen machte; sie sollten weiter unten am Bach wieder zusammentreffen. Die Förster schnitzten sich aus Jungtannen lange Stöcke. Solcherart bewaffnet, kletterten sie hinunter. Unterwegs mussten sie hohe Felsstufen meistern, auf Abhängen hinunterrutschen, deren Gefälle siebzig Grad betragen mochte. Jede Sicht fehlte, solange sie den Kessel in der Tiefe nicht erreichten, denn Tannen mit dichtem, bis zuunterst

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