Die Schrift in Flammen
Bálint bei ihnen anlangte, und der Pope bat ihn, vom Pferd zu steigen und ihm durch die Besichtigung der Kirche die Ehre zu erweisen, denn die Gemeinde ersuche ihn um Hilfe.
Als Bálint stehen blieb, traten die zwei Alten an ihn heran. Sie gingen halbwegs in die Hocke, markierten damit, dass sie das Knie beugten, und küssten seinen Mantelsaum. Auch der Pope wusste, was sich gehörte: Als Abády ihm die Hand reichte, tat er so, als wollte er sie an seine Lippen heben, was Bálint natürlich nicht zuließ. Dies alles waren symbolische Gesten, die alten Höflichkeitsregeln der Gebirgsleute. Dann schritten sie zum Steg.
Als Erster kletterte der Pope hinauf. Hinter ihm machte sich Crișan in großem Eifer nützlich, er reichte von oben den Stiel seiner Axt, um seinem Herrn beim steilen Aufstieg auf den biegsamen Balken beizustehen. Der großgewachsene Pavel Teodor und Ioan Omolui stapften nebenan auf beiden Seiten und stützten Abády, bis er auf den ersten Bock hinaufgelangte, und sie begleiteten ihn mit erhobenem Arm den Steg entlang, bereit, ihn aufzufangen, wenn er fallen sollte. So überwanden sie im Flussbett selbst die abwärts treibenden, schneebedeckten Eisschollen und wateten dabei stellenweise sogar im Wasser, um mit den oben Schreitenden Schritt zu halten.
Bálint fand die Szene höchst komisch und hätte wohl auch gelacht, wäre nur der Steg nicht so verteufelt hoch gewesen. Hätten die kreuz und quer liegenden Eisblöcke das Wasser nicht verdeckt, ihm wäre gewiss schwindlig geworden. Er langte drüben langsam, aber ohne jeden Zwischenfall an. Seine Begleiter blieben unten am Fluss, während Abády zusammen mit dem Geistlichen und den beiden Alten den Hügel erstieg. Man hatte in den Schnee Stufentritte gestampft, denen sie nun aufwärts folgten und sich als Erstes zum Pfarrhaus begaben, das am Hang stand.
Das Haus hatte man mit Steinen untermauert; vorne war es deshalb beinahe einstöckig, während es sich hinten halb in den Boden senkte. Ein langer, hölzerner Vorbau zog sich die Fassade entlang, er führte offensichtlich in den vorspringenden Hauptraum. Die Töchter des Popen, zwei hübsche, braune Mädchen mit weit geöffneten Augen, standen auf dem Flur und musterten den Ankömmling neugierig. Abády gab nicht auf sie acht, sondern auf einen schmächtigen jungen Mann – beinahe noch ein Kind – auf dem sonnenbeschienenen Hof vor dem Haus; er saß, gegen ein dickes Daunenkissen zurückgelehnt, in einem hölzernen Armstuhl. Seine Beine ruhten auf einer Kiste, ihn selber hatte man mit einem weißen Schäferpelz zugedeckt, nur sein Gesicht war sichtbar: dünn, ausgemergelt, mit den charakteristischen Flecken um die Backenknochen. Die hart geschnittenen Lippen zusammengepresst. Sein Blick folgte stumm dem Ankömmling, der an ihm etwa zehn Schritte entfernt vorbeiging. Bálint lüftete den Hut. Der Junge rührte sich aber nicht, er sagte nichts, er blickte ihm nur feindselig entgegen, und als Abády und seine Begleiter zur Kirche weitergingen, drehte er langsam den Kopf, immer in ihre Richtung, bis sie um die Ecke verschwanden.
»Närrischer Junge!«, sagte Hochwürden Timbuș in besänftigendem Ton. »Närrischer Junge, armer! Viele schlimme Sorgen bereitet er mir, viel Schlimmes!« Der Herr des Gebirgsguts sollte es nicht übelnehmen, dass sein Sohn den Gruß nicht erwidert hatte. »Er ist krank, sehr krank.«
Oben auf dem Felshügel musste man einen Bogen um das Gotteshaus machen, denn der Eingang lag gemäß dem griechischen Ritus gegen Westen, sodass die Kirche auf diese Weise dem Pfarrhaus ihre Rückwand zuwandte, die Frontseite hingegen zum Abgrund blickte. Sie traten durch eine niedrige Tür ein.
Es war ein interessantes, ganz aus Holz erbautes Kirchlein. Den Innenraum allerdings hatte man vollständig verputzt und die Wände von unten bis oben bemalt. Rechts sah man die Darstellung des Alten, links des Neuen Testaments. Die Farben waren zwar fahl geworden, aber alles blieb noch gut sichtbar. Es war eine naive Malerei in der Nachfolge der Byzantinischen Schule, umgestaltet nach dem Gutdünken des wandernden Malers, der etwa achtzig Jahre zuvor die Bilder geschaffen hatte. Der Prophet Elias wirkte besonders liebenswürdig. Er reiste in einem von Flammen umgebenen Bauernwagen ins Paradies. Auch eine vorzüglich dargestellte Deichsel gehörte zum Karren, man sah selbst den Querriegel an deren Ende, der dazu berufen ist, das Kummet zu halten. Gegenüber dem Altar und den Bildern der Ikonostase,
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