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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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damals auf der Bank in der Heide, obwohl Bálint bereits kurz ihre Hand, die andere, auf der Lehne ruhende andere Hand, leicht berührt und seine Finger Stück für Stück zwischen ihre weich nachgebenden Finger geschoben hatte.
    »Jetzt erst weiß ich«, raunte der Mann, »dass ich Sie immer geliebt habe, immer, von der ersten Minute an, ohne mir dessen bewusst zu sein, aber immer. Schon damals, und niemals hat eine andere … Ich habe Sie immer geliebt, und eine andere hat mir nie etwas bedeutet, niemals …«
    Und lange sagte er nichts anderes als »niemals« und »immer«. Wie die ewige Wiederholung der Regentropfen auf dem Fenstersims: »immer« und »niemals«. Diese beiden Wörter fielen immer wieder klappernd, die beiden monotonen, im gleichen Rhythmus ausgesprochenen Wörter, sie hatten den leidenschaftlichen Ton von zuvor abgelöst.
    Schritte, leichte Schritte – Frau Abonyi durchquerte das Zimmer, um in die drüben liegende Bibliothek zu gelangen, die als Damengarderobe diente. Sie kam, weil man ihr beim wilden Csárdás auf den Rock getreten war und dabei eine Rüsche vom Saum gerissen hatte. Bálint hatte schon von weitem gehört, dass jemand herannahte, und seine Hand noch rechtzeitig zurückgezogen. Die kleine Dinóra blieb bei ihm stehen. Sie legte ihre Linke auf die Schulter des Mannes und beugte sich zu Adrienne: »Weißt du, er ist sehr lieb, ich kenne ihn. Und wenn du wüsstest, wie er zu reden versteht. Keiner reicht ihm das Wasser. Und er ist auch gütig, ja. Er ist es tatsächlich, nicht so wie die anderen. Ich weiß es. Ich kann ihn sehr empfehlen.«
    Sie schenkte Adrienne ein Lächeln und schwebte leicht weiter. Bei anderen hätte das als Boshaftigkeit gezählt, bei ihr jedoch nicht. Sie hatte offensichtlich ein Geschenk machen wollen, denn ihr Herz, das schnell schlug wie das eines Vogels, war voller Dankbarkeit gegenüber Adrienne, die sie am Abend mit demonstrativer Freundlichkeit behandelt hatte. Sie hatte Dinóra den Arm gereicht, sie zu ihrem Tisch gebeten – jetzt, da die anderen Frauen wegen Lizinkas Klatscherei kaum noch das eine oder andere frostige Wort an sie richteten und, wenn sie zufällig in ihre Nähe gerieten, sich mit jemand anders unterhielten. Ein anderes Geschenk hatte sie nicht zu geben, sie empfahl also ihren einstigen Freund. Ihre Worte hatten indessen den Zauber gebrochen.
    Adrienne richtete sich auf. Sie hatte den Sinn des von Dinóra Gesagten nicht verstanden. Von allzu weit war sie zurückgekommen, um zu verstehen. Dass eine andere Stimme zu ihr gesprochen hatte, dies allein bewirkte ihre Rückkehr, und sie wunderte sich beinahe darüber, dass sie sich im Casino im Großen Salon befand, dass ein Ball stattfand und von drüben Zigeunermusik ertönte. Als ob sie aus einer Traumwelt zurückgekehrt wäre.
    Die Paare, die Csárdás getanzt hatten, kamen nach und nach wieder zurück. Istike Kamuthy begleitete seine Tänzerin bis hierher. Als er Frau Uzdy und Abády stumm nebeneinander sitzen sah, gesellte er sich zu ihnen. Lispelnd fragte er: »Nicht wahr, du kommft von Peft? Waf gibt ef Neuef in Peft?« Unterdessen hörte er nicht auf, seine füllige, von perlendem Schweiß bedeckte Visage zu trocknen. Bálint gab etwas Nichtssagendes zur Antwort, während er sich zusammen mit Adrienne erhob. Traumwandlerisch gingen sie hinüber in den Saal.
    Als sie beim Eingang anlangten, wechselte die Musik vom Csárdás jäh zu einem Walzer. Adrienne wandte sich ihrem Begleiter zu. Sie standen in der Tür einander gegenüber, nahe zueinander. Die Augen der Frau, die Augen der Löwin, öffneten sich weit, als stellten sie eine Frage, so verharrte sie während einiger Augenblicke. Dann schloss sie die Lider und lehnte sich an Bálints Schulter, der sie umfasste. Niemand sprach oder rief den anderen, nicht er und nicht sie; dass er sie umfing und sie sich an ihn schmiegte, die unwillkürlichen Gesten – es ergab sich so – verstanden sich von selber. Anders schien es gar nicht möglich. So zu zweit glitten sie im Walzertakt und setzten, stumm bezaubert von ihrer Zusammengehörigkeit, die vielen Liebesworte im Rhythmus, in der Bewegung fort. Und dabei fühlten sie sich ganz allein, außer ihnen beiden gab es für sie im Saal keinen Menschen mehr – inmitten der wogenden Menge der Tanzenden blieben sie zu zweit, allein und zusammen.
    Hernach geschah nichts, gar nichts mehr. Sie kamen einzig überein, beim Ball tags darauf das Nachtmahl zusammen einzunehmen. Mit den fortschreitenden

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