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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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sehr ich von allen gemieden werde.«
    »Ja, aber es gibt doch einen, der Sie nicht meidet: der dort drüben!« Und mit den Augen deutete er in die Richtung von Wickwitz.
    Das Mädchen zuckte mit den Achseln und antwortete nicht. Sie zögerte kurz, dann fragte sie: »Sie sind soeben von Pest eingetroffen, nicht wahr?«
    »Richtig, ich bin gestern früh angekommen.«
    Das Mädchen schien abermals zu zögern, doch dann fasste sie Mut und lenkte das Wort auf das, was sie wissen wollte: »Wie geht es Ihrem Vetter Laci Gyerőffy? Was macht er? Kommt er nicht herüber?«
    Bálint berichtete, dass Gyerőffy sich in der Musikakademie eingeschrieben habe. Ihm lag an einer lebhaften Unterhaltung, gleichgültig worüber, er wollte viel und gutgelaunt sprechen, damit niemand den Ärger bemerkte, der an ihm unaufhörlich nagte. Aus diesem Grund übertrieb er ein wenig, als er von Gyerőffy und dessen Plänen, von den vielen Hoffnungen erzählte – von den Luftschlössern, die ihm sein junger Vetter nicht unlängst, sondern zuvor schon in Siebenbürgen geschildert hatte. Dodó hörte dem erfreut zu. Sie schien seine Worte fast zu trinken. Als es dann hierüber nichts mehr zu sagen gab, ergänzte er seine Erzählung durch die Mitteilung, dass sie sich in Simonvásár getroffen hätten. Von Lászlós Liebe zu Klára ließ er natürlich nichts verlauten. Es widerstand ohnehin seiner Natur, derartige Dinge redselig auszuplaudern. Ihm war es im Augenblick umso weniger danach, als er wegen seines unterdrückten Zorns dazu neigte, jede Liebesleidenschaft zu geißeln und zu verachten. Stumpfsinn, an derartiges zu glauben – so hätte er sich ausgedrückt, so seine Gefühle in Worte gefasst. Von der großen Fasanenjagd erzählte er unter Scherzen, er beschrieb den Hausherrn und jeden Einzelnen der Gäste, da ihm dies Gelegenheit bot, von merkwürdigen Dingen zu berichten und den Herumsitzenden vorzuspiegeln, er sei bester Laune.
    Dabei gab auf ihn außer Dodó niemand acht. Und selbst sie war nur darauf bedacht, etwas über László Gyerőffy zu hören. Dodó seufzte, als sie von der Rolle vernahm, die er in der Hauptstadt spielte, davon, dass er Vortänzer sei. »Es wäre so schön, wenn Mama mich einmal nach Pest brächte. Es muss dort wunderbar sein.«
    »Wünschen Sie sich das nicht. Mädchen aus Siebenbürgen sind dort nicht willkommen, selbst Männer nicht. Am Ende würden Sie sich dort in jemanden verlieben, und das wäre nicht gut«, scherzte Abády.
    »Dergleichen kann einem auch hier widerfahren.« Die Stimme des Mädchens klang ein klein wenig traurig.
    »Wirklich? Im Übrigen ist der ›Bikfic‹ ein recht hübscher Mann, ich hätte volles Verständnis.«
    »Oh, der!«, unterbrach ihn Dodó. »Davon ist keine Rede. Und den Hof macht er mittlerweile auch nicht mehr mir.«
    »Ja, wem denn? Ich dachte …«
    Der Mund des Mädchens verzog sich ihm gegenüber zu einem spöttischen Lachen. »Sonderbar, dass die Männer dafür keine Augen haben. Judith Milóth ist es doch, um die er sich bemüht!«
    »Wirklich? Ich habe gestern nichts bemerkt.«
    »Schauen Sie hinüber. Dazu braucht es wahrhaftig keine besondere Erklärung.«
    Bálint wandte sich langsam, ohne Aufsehen zu erregen, in jene Richtung. Judith unterhielt sich leise, stockend mit Egon Wickwitz. Abády entdeckte nichts Auffallendes, einzig im Gesicht Judiths gab es vielleicht einen Hauch von Erwartung.

    Der Oberleutnant sprach gleichmütig, mit unveränderlich steinerner Miene. Nun trug er wieder Uniform. Er hatte im November seine sogenannten schmutzigen Schulden beglichen (man verwendete, insbesondere beim Militär, diese Bezeichnung, wenn sich jemand gegenüber Wirten, Waschfrauen oder Kellnern im Rückstand befand) und war beim Regiment wieder eingerückt. So durfte er wieder Uniform tragen. Den Obersten überraschte es etwas, dass Wickwitz hatte bezahlen können. Er war über die materiellen Angelegenheiten seiner Offiziere gut im Bild. Woher nur hat er sich das Geld beschafft, stellte er sich in Gedanken die Frage. Doch da er sich freute, ihn nicht ausschließen zu müssen – dies hätte auch das Regiment in schiefem Licht erscheinen lassen –, forschte er nicht nach, wie er sich die zehn- bis zwölftausend Kronen besorgt hatte; aufgrund der Meldungen war das seine ungefähre Einschätzung von Wickwitz’ Schulden.
    Kaum war ein Monat vergangen, und Baron Wickwitz meldete sich abermals zum Rapport. Er bat um neuen Urlaub, um zwei bis drei Monate. Er wolle heiraten,

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