Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
Vom Netzwerk:
schaute aber dabei auf Abády: »Sie hat Kopfweh, und wie es scheint, auch ein wenig Fieber.«
    Ein dünnes Lächeln lag in ihrem Mundwinkel. Bálint kam es so vor, als glaubte das Mädchen selber nicht an das Gesagte und wollte ihn verspotten.
    »Der Kopf tut ihr weh!«, brüllte Papa Milóth. »Wie ihre Mutter, der tut auch immer der Kopf weh! Natürlich auch jetzt. Oh, diese Frauen! Heirate nie, mein Vögelein! Sonst kommst du so weit wie ich, siehst du, los mit dir, keine Widerrede, Marsch, zieh dich an! Ich mit meinen alten Knochen kann bis zum Morgengrauen beim Ball sitzen. Ich, der ins Bett gehört, nicht auf den Ball! Ein Ball, was soll mir der, nein, einen Sarg brauche ich schon!« Und mit einem breiten Lächeln unter dem gewaltigen Schnurrbart schüttelte er, fröhlich gestikulierend, der Reihe nach die Hände aller. Über die Leute hinweg, die sich zum Nachtmahl auf den Weg machten, fuhr er tosend fort, die Verspätung zu erklären: »Sie fanden meinen Frack nicht, diese Rindviecher von Dienern! Ja, was soll ich denn anziehen, du Ochs, habe ich gesagt. So pudelnackt kann ich nicht hinfahren, nicht wahr. Oder willst du etwa, dass ich zur Schande der Welt unter den Damen mit einem Feigenblatt herumparadieren soll? Man würde mich doch rauswerfen, du Frechling! Bin ich etwa ein Zigeunerbengel? Der darf nackend herumlaufen, aber doch nicht ich, du Hornochs!«
    Jedermann lachte über die Reden des alten Zakata. Vielleicht blieb Abády allein ernst. Mit einem Mal ergoss sich eine Zorneswelle über ihn. Luder! Dies eine Wort drückte aus, was er dachte. Das verführerische Luder! Das Kopfweh, offenkundig, war nur ein Vorwand, wie das auch Margits Lächeln besagte. Eine bekannte Methode – jemanden am einen Tag wie einen Narren zu betören und ihn tags darauf von sich zu stoßen, damit er noch närrischer und noch kribbliger wird, ihn noch mehr schmachten zu lassen! Und dann ruft man ihn wieder und wirft ihn wieder fort, wie es die Katze mit der Maus tut. Aber das wird er nicht hinnehmen. Er wird Rache nehmen. Die beste Rache! Man muss die Frau erlegen. Sie bekommen. Bisher hatte er gezögert, sie schonen, ihr Leben nicht stören, sich von ihr fernhalten wollen, denn er hatte geglaubt, Adrienne sei anders als die anderen, aufrichtig und unverstellt, und man dürfe mit ihr kein Spiel treiben wie sonst mit Frauen. Er hatte sich bisher auch gefürchtet, er könnte sich in sie verlieben. Nun, das würde jetzt zu Ende sein! Nun wusste er, dass auch Adrienne nicht besser war. Jetzt fühlte er sich gegen sie gefeit. Warum auch hatte er geglaubt, dass sie anders sei? Lächerlich. Sie sind doch alle gleich. Nichts haben sie an sich, was man schonen müsste!
    Er blickte um sich, da er zum Nachtessen eine Partnerin brauchte. Niemand sollte sagen können, Adrienne habe ihn stehenlassen, niemand ihr hinterbringen, dass er verschmäht worden sei. Ob das kleine Gyalakuthy-Mädchen wohl frei ist? Sie wird er bitten.
    Die kleine Dodó war tatsächlich frei. Man war gerade dabei, für sie unter den noch knabenhaften jungen Herren einen Nachtmahlpartner zu suchen. Es bereitete ihr große Freude, von Abády zu Tisch gebeten zu werden. Sie glaubte, einer der Organisatoren habe ihn ihr verschafft, und sie reichte zufrieden den Arm und ihre kleine Hand, um sich beim jungen Mann einzuhängen, während sie Farkas Alvinczy einen dankbaren Blick zuwarf, da er für sie so vorzüglich gesorgt hatte. Die Gesellschaft stieg die Treppen hinunter und begab sich auf die Seite gegenüber dem Eingangstor; dort befand sich die zum Casino gehörende öffentliche Gaststätte, die aber die Veranstalter des Balls für besonders bedeutende Anlässe zu reservieren pflegten. Der kleinere Raum gehörte den Müttern und den älteren Herren, der größere den Mädchen und den jungen Frauen; sie saßen an Tischen, die man für acht bis zehn Personen gedeckt hatte.
    Abády fand beim hintersten Tisch Plätze, wo ihm schräg gegenüber Judith Milóth und Egon Wickwitz saßen. Bei ihrem Anblick fiel Bálint ein, was ihm Dodó in Vársiklód erzählt hatte. Nach dem ersten Gang, als die Musik einsetzte (die Lieder, denen man, ohne zu tanzen, nur zu lauschen pflegte, wurden natürlich wieder von Laji gespielt), machte er Dodó gegenüber gezielt eine Bemerkung: »Ich habe mir gar nicht vorgestellt, dass ich das Glück haben würde, das Nachtmahl in Ihrer Gesellschaft einzunehmen.«
    Dodó schaute ihn verwundert an: »Wieso? Ich habe Ihnen schon einmal erzählt, wie

Weitere Kostenlose Bücher