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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Geld schafft es keiner.
    Auf Dodó hatte er verzichtet. Dafür reichte die Zeit nicht mehr. Es gab nur zwei Möglichkeiten. Die eine war Judith Milóth, die andere eine Witwe über dreißig, eine gewisse Frau Sára Lázár, in deren Gesellschaft er einmal im Zug gereist war. Er hatte in den Augen der Frau jenes Glänzen der Erwiderung erkannt, das Zuneigung und Möglichkeiten andeutete. Die Witwe besaß ein stattliches Gut irgendwo in der Nähe von Apahida. Doch Judith war besser! Als Erstes, sagte er sich, war bei ihr ein Versuch zu machen, und nur wenn er scheitern sollte, dann, im äußersten Fall bei der Witwe …
    Mit diesem Entschluss war er in den allerersten Tagen des Faschings nach Klausenburg gekommen. Emsig umwarb er das Milóth-Mädchen. Er tat es nicht mit Worten – das Reden lag ihm nicht besonders –, dafür aber mit heimlichen Seufzern, treuen Hundeaugen, mit langen Pausen, wenn er immer wieder rätselhaft verstummte. Sein Instinkt führte ihn richtig. Für Judith brauchte man nicht den triumphierenden Helden zu spielen, sondern den gutmütigen, unbeholfenen Mann, der ein bisschen einfältig sein mochte, aber ein gutes und edles Herz besaß. Einen, der zugrunde gehen würde, wenn man sich seiner nicht erbarmte. Diese Rolle wusste er ausgezeichnet zu gestalten, denn eigentlich war er kein schlechter Mensch, und er wäre, wenn er ein Vermögen gehabt hätte, vielleicht nicht in diese Lage gekommen. Oder doch? Keiner ist imstande, dergleichen zu entscheiden.
    Er sah, dass er sich auf dem richtigen Weg befand, dass all das Gesagte auf das Mädchen eine ungemein große Wirkung ausübte. Sie war nun »fit«, sagte er sich selber, wie man das von Rennpferden nach einem gut gelungenen Trainingslauf festzustellen pflegt. Er hatte während des ganzen Balls am Faschingsdienstag auf eine günstige Gelegenheit gelauert. Gegen Morgen hatte er es endlich geschafft, im kleineren Zimmer neben dem Salon mit Judith allein zu bleiben. Anfänglich unterhielt er sich leise mit ihr, er schaltete erwartungsvolle Pausen ein, während er den Raum nebenan beobachtete. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sich dort niemand aufhielt, umarmte er wortlos das Mädchen und küsste es auf den Mund. All dies ging sehr glatt. Judith hatte das vielleicht auch erwartet. Wickwitz sagte dann, als er die um sie gelegten Arme lockerte: »Ich bin ein Schwein!«
    »Warum? Warum? Wo doch auch ich … auch ich Sie liebe!«, erwiderte das Mädchen, nach dem langen Kuss ein wenig immer noch keuchend.
    »Doch, doch. Ich darf nicht. Weil ich ein Schwein bin, ein miserables Schwein. 13 Ich darf Sie nicht heiraten. Sie können nicht meine Frau werden.«
    »Warum nicht, wenn wir einander lieben?«
    »Es geht nicht, ich weiß, dass es nicht geht. Ich halte um Ihre Hand gar nicht an. Ich bin Ihrer nicht würdig. Was ich jetzt … was ich jetzt getan habe, zeigt auch, dass ich ein Schurke bin. Aber es ist ohnehin zu Ende. Morgen reise ich ab, und dann ist ganz Schluss. So kann ich sowieso nicht weiterleben. Deshalb also. Zumindest einmal! Und dass ich es zumindest … zumindest einmal sagen kann!«
    »Aber wieso denn? Wenn ich Sie liebe?«, rief Judith aus, und dann zuckte sie lächelnd mit den Achseln: »Ich habe schon immer gewusst, dass Sie kein Vermögen besitzen. Mit mir steht es ebenso, und viel werde ich später auch nicht haben, aber was macht das, wir werden bescheiden unterkommen! … Die Kaution wird Papa erlegen, und dann …«
    »Oh, das wäre alles wunderbar! Aber das ist nicht möglich, nicht mehr möglich … Sie wissen nicht, dass ich … dass ich ein verlorener Mensch bin … unrettbar!«
    »Reden Sie jetzt auf der Stelle! Was bedroht Sie? Warum sind Sie so verzweifelt? Sagen Sie es mir sofort!«, bedrängte das Mädchen Baron Egon. »Oh, wenn ich helfen könnte, ich täte es so gern, mit so viel Vergnügen!« Sie schmiegte sich eng an ihn und ergriff am Rand der Tischplatte die Hand des Mannes.
    »Wie gut Sie sind, Judith«, antwortete Wickwitz traurig. »Ich schäme mich sehr. Es fällt so schwer, darüber zu reden. Sie werden mich verachten …«
    So weit waren sie gekommen, als sie hörten, dass man nach Judith rief.
    »Morgen essen wir am Abend zusammen. Dann werden Sie alles erzählen müssen … alles! Verstehen Sie, ich will alles wissen!«, sagte Judith schnell, denn sie hatte Margit erblickt, ihre Schwester, die sie suchte. Das war am Morgen geschehen, als der Ball vom Faschingsdienstag dem Ende zuging.
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