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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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diese würde er Dinóra unterschreiben lassen, sie aber nur im Notfall einlösen. Es empfahl sich, die kleine Frau Abonyi jetzt, solange sie zahm war, um ihre Unterschrift zu bitten. Später? Wer konnte schon wissen, ob sie nicht widerspenstig würde? Ja, jetzt und eilig. Hernach würde man warten können. Unter solchen Gedanken besuchte er Dinóra noch gleichen Tags.
    Er entsetzte sich sehr über die »Frechheit« der Bank, die so »tollkühn« war, von Dinóra etwas zu fordern. »Wirklich unerhört!« Und nachdem er sie die beiden zur Prolongation nötigen Wechsel und dazu auch noch zwei weitere für je sechstausend Kronen hatte unterschreiben lassen – Letztere, sagte er, brauche man wegen der Kapitalrückzahlung –, erklärte er sich bereit, alles ins Lot zu bringen, Dinóra werde von all dem nichts mehr hören. Sie freute sich sehr. Zum Zeichen des Friedens küsste sie Egon auch, und als dieser darauf bestand, seine Dankbarkeit etwas handfester auszudrücken, widersprach sie nicht, und es war ganz gut so, obwohl »dieser Bikfic« ihr nicht mehr richtig gefiel. Doch schließlich … Als dann Baron Egon fortgegangen war, setzte sie sich an den Schreibtisch und schrieb auf ihrem seltsam geformten violetten Papier das Folgende an Bálint Abády:
    »Kleiner Junge! (Erinnern Sie sich?) (Liebster!)
    Das, worüber ich vorgestern erzählt habe, ist in Ordnung. Das Ganze beruht auf einer Konfusion, W. bezahlt alles. Denken Sie von ihm nichts Schlimmes. Wann sehe ich Sie? Ich freue mich immer, Sie zu treffen. (Dich? Nicht mehr.) In den nächsten Tagen fahre ich mit Tihamér nach Pest. Hier sind die Leute mit mir ohnehin gemein. Ich pfeife auf sie. Küsschen und … Nein! So viel genügt. Dinóra.«
    Bálint las den Brief am nächsten Morgen. Es war ihm angenehm, diese widrige Angelegenheit irgendwie geregelt zu wissen, obwohl es ihm unfassbar war, wie Wickwitz eine derartige Summe hatte bezahlen können. Danach aber forschte er vorläufig nicht, er strich die ganze Frage gern aus der Reihe der aktuellen Aufgaben. Sie beschäftigte ihn umso weniger, als er mit gleicher Post einen eher rätselhaften Brief Slawatas erhielt. »Die ungarische Politik«, schrieb Slawata, »ist in eine Sackgasse geraten, und das Verhältnis zwischen dem König und den Mehrheitsparteien hat sich nicht gemildert, sondern eher noch verschärft. Das Kabinett Tisza ist ohnmächtig. Vorläufig regiert es noch, drängt aber ständig darauf, vom Amt entbunden zu werden. Die parlamentarische Arbeit steht still und wird«, sagte der gut informierte Diplomat voraus, »auch stillstehen, solange sich keine Lösung findet.« So weit bedeutete dies für Bálint nichts Neues. Er hatte zuletzt, als er in Pest weilte, die Lage ebenso gesehen. Nun aber folgte ein verdächtiger Satz: »Da wir in militärischen Fragen kein Jota nachgeben, ist es möglich, dass wir die Lösung ganz woanders finden, als es sich die ›Oligarchen-Demagogen‹ vorstellen. ›Salus rei publicae suprema lex!‹« Und nachdem er hinzugefügt hatte, dass seiner Überzeugung nach Abády ebenso denke, beendete er den Brief mit der Mitteilung, dass er, Slawata, in der zweiten Märzhälfte Budapest besuchen werde und ihn zu dem Zeitpunkt gern treffen würde. »Ich könnte Dir manches Interessante erzählen.« 15
    Bálint ärgerte sich, dass er damals auf der Jagd in Simonvásár den Vertraulichkeiten Slawatas so wortlos zugehört, dass er ihm nicht widersprochen hatte. Der andere, wie es schien, deutete nun sein Schweigen als Einverständnis. Alles war für ihn damals so unerwartet und überraschend gewesen, dass er in der Eile keine Worte fand, bevor ihr Wagen hielt; Slawata vermied es später, mit ihm allein zu bleiben und auf das Thema zurückzukommen. Vielleicht handelte er aus Vorsicht, gewiss aber war er ihm aus dem Weg gegangen. Jetzt glaubt er folglich, er gehöre zu ihnen, zum Lager F.F.s. Nein! Auf weitere Vertraulichkeiten wird er sich nicht mehr einlassen. So viel war nützlich, denn er hatte in die Pläne des künftigen Herrschers Einblick gewinnen können, doch bei einer Fortsetzung sähen sie ihn im Belvedere zu Recht als einen der ihrigen.
    Er antwortete sogleich. Er schrieb recht frostig, dass seine Privataffären ihn vorläufig in Siebenbürgen zurückhielten und dass er nicht so bald nach Budapest zu reisen gedenke.

    Er beschloss, zu Hause zu bleiben. Er würde dableiben, solange er nicht wegen des Parlaments nach Budapest müsste. Nicht einmal zufällig dürfte er jetzt

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