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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Verbundenheit. Manch eine Dame debattierte mit großer Sachkenntnis, mit vorzüglicher staatsrechtlicher Beweisführung, ganz wie ein Anwalt. Mit bewundernswerter Präzision flatterten die trockenen Paragrafen aus dem einen oder anderen Mund, der zum Küssen geschaffen schien, sie schwebten über den begehrenswerten nackten Schultern hin und her, und man mochte meinen, die funkelnden Diamanten der Damen, die sie in den Ohren oder am Hals trugen, seien dazu da, Aberhunderte weiterer glänzender Argumente erstrahlen zu lassen. Lauter kampfeslustige, unbestechliche und überzeugte Patriotinnen. Ihr Selbstvertrauen war zu der Zeit besonders stark, denn kurz zuvor hatte sie eine wichtige Tageszeitung in ihrem Leitartikel gelobt und sie damit hoch erfreut. »Endlich werden wir auch von der Presse anerkannt«, sagte eine wunderbare Blondine, während sie mit den schneeweißen Zähnen in eine dicke Erdbeere biss. Bálint hörte sich all diese Manifestationen der allgemeinen Stimmung an, und seine Besorgnis von vorhin kehrte noch lebhafter zurück. Er wandte sich, um von etwas anderem zu sprechen, an die schöne Fanny. Er wollte sich über László informieren. Es hieß, Gyerőffy verkehre in ihrem Haus. Er entsann sich, dass er zuletzt, als er die Treppe hinabgestiegen und László wiederbegegnet war, in dessen Gesicht den gleichen harten, zerstreuten Zug bemerkt hatte wie zuvor unten bei der Ankunft.
    So sprach er seine Partnerin an: »Ich höre, Frau Gräfin Fanny, dass mein Vetter Gyerőffy bei Ihnen ein häufiger Gast ist.«
    »Ja«, antwortete sie, »ein sehr netter Junge und ein vorzüglicher Musiker. Wir haben ihn alle liebgewonnen.«
    »Stimmt es, dass er gar mächtig Karten spielt?«
    »Ja, er ist ein sehr großer Spieler.«
    Bálint fragte ein wenig zögernd: »Ich sehe ihn ziemlich selten … aber heute sind wir uns einige Male über den Weg gelaufen … Hat er in den letzten Tagen nicht etwa viel verloren?«
    Das Katzengesicht der schönen Fanny kam näher, es drehte sich lächelnd Abády zu.
    »Oh, ich glaube nicht. Mein Freund Devereux ist ein großes Klatschmaul. Er weiß alles. Er hätte es mir erzählt. Nein. Soviel ich weiß, pflegt er in letzter Zeit eher zu gewinnen.«
    »Mir ist aber heute an seinem Gesicht etwas … etwas wie Trübsinn aufgefallen … Sie kennen ihn nicht so gut wie ich.«
    Etwas blinkte in den Augen der Frau. »Ja! Ich habe es auch bemerkt.« Sie fuhr indessen gelassen fort: »Aber das kommt nicht daher. Dazu ist er auch viel zu leichtsinnig.« Und nun verengten sich ihre Wimpern, sie bildeten zwei schmale, schräge Linien, und mit dünn gedehnten Lippen sagte sie, als kostete sie von Honig: »Eben die Liebe! Damit wird es nicht zum Besten stehen.«
    »Klára?«
    »Aber freilich!«
    »Und das Mädchen, sie liebt ihn doch auch?«
    Die entblößten, wundervollen Schultern der Schönen zogen sich ein wenig nach oben.
    »Ein Mädchen! Was weiß sie schon?«, sagte sie verächtlich. »Sie trifft doch selber keine Wahl! Sie heiratet den Mann, dem man sie gibt. Sie macht ein bisschen Faxen, aber nachher wird geschehen, was Ágnes will. Und sie ist schrecklich snobistisch, das wissen Sie wohl?«
    »Ja, ich habe eine Ahnung.«
    »Na, sehen Sie. Und der gute László ist für sie ein Niemand. Eine Comtesse kann mit dem Chauffeur durchbrennen, aber heiraten wird sie nur denjenigen, den ihre Familie sich wünscht.«
    Fanny freute sich über ihren Lehrsatz – freute sie sich einzig darüber? – und während sie sich leicht aufrichtete, zog sie die Träger ihres Kleids zurück, die von den Achseln manchmal so gern auf ihren nackten Arm hinunterrutschten.

    Der »Ball der Herren« dauerte nicht allzu lange. Jedermann war müde, denn es ist keine Kleinigkeit, von der Mittagsstunde bis vor Tagesanbruch festlich zu paradieren. Drei Uhr war noch kaum vorbei, als sich schon alle entfernt hatten. László ließ sich, nachdem er auch die letzten Gäste verabschiedet hatte, ins Casino kutschieren.
    Auf dem oberen Stockwerk war eine schwungvolle Bakk-Partie im Gange. Den heutigen Tag musste man auf jeden Fall feiern. Spieler hatten die Plätze um den runden grünen Tisch dicht besetzt. In großer Spiellaune hielt man immer wieder mit bei Einsätzen, die viele Tausende betrugen. Als Gyerőffy durch das Spalier der Kiebitze zu den Sitzen vordrang, rückte jemand ein wenig zur Seite und fragte: »Ist es dir hier genehm?« Denn einem so gewaltigen Bankhalter wie László musste man unbedingt Platz

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