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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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den anderen Tischen handelte man in verschiedener Lautstärke die Politik ab. Scherzhaft und äußerst kämpferisch ging es am größten Tisch zu, dann folgten in diverser Abstufung immer gedämpftere Unterhaltungen, bis zu einem hinteren, dämmrigen Winkel der Gaststätte, wo politische Anführer über die am Vormittag mit Burián abgehaltenen Verhandlungen flüsternd ihre Gedanken austauschten.
    Bálint und László verzogen sich nach dem Mahl in das leerstehende Billardzimmer. Bálint sprach sehr streng. »Du hast den Verstand verloren«, so fing er an, und er setzte lang auseinander, dass László unvermeidlich zugrunde gehen, Bankrott machen werde, und wenn er unter die Räder gerate, dann werde er verkommen. Schon jetzt mache er verschwenderisch Ausgaben, die zu seinem zwar ganz hübschen, aber nicht großen Vermögen in keinem Verhältnis stünden; doch selbst wenn er viel mehr besäße, dem Kartenspiel wäre nichts gewachsen. »Das ist Wahnsinn, der allerfurchtbarste Wahnsinn!«
    László hörte all dem gelassen zu. Er hätte sich vielleicht verteidigt und wäre wohl auch leicht in Zorn geraten, hätte er nicht die Antwort – die bestimmte, entscheidende Antwort – in Reserve gehalten. So wartete er gutgelaunt und dachte einzig daran, dass er den anderen kurz und bündig übertrumpfen werde. Je härter Abády ihn tadelte, umso mehr freute er sich auf die Überraschung, mit der er am Ende herausrücken wollte.
    »Du musst mir jetzt versprechen, nicht mehr zu spielen. Fahr gleich nach Hause und ordne deine Angelegenheiten! Gelob es mir!«, sagte Bálint und legte die Hand bittend auf die Schulter seines Vetters.
    »Ich habe nichts zu versprechen«, antwortete dieser. »Denn ich spiele nicht.«
    »Nein? Seit wann?«
    László lachte ein wenig linkisch. »Ja, zwar erst seit gestern. Letzte Nacht saß ich nicht mehr dabei. Ich habe es … jemandem gelobt.«
    »Wem, wann?«
    »Ja. Jemandem … die mir … die mir am allerliebsten ist. Die ich auch über dich stelle. Ja, sogar weit über dich stelle.«
    Bálint verstand, dass es sich um Klára handeln musste.
    »Aha! Nun, das ist gut. Schade, dass es so spät dazu kommt. Aber gleichviel! Ich freue mich, dass es so steht, und ich bin sicher, dass du Wort halten wirst. Gib aber jetzt dieses verrückte Leben auf! Schau, wenn du nun gleich nach Hause fahren würdest, könntest du diese schreckliche Gewohnheit viel leichter ablegen.«
    »Oh, ich halte Wort!«
    »Nun, das nehme ich auch an«, sagte Bálint mit ernster Miene. »Aber die Umgebung, die Gewöhnung sind starke Kräfte. Schau, die Verhandlungen mit Burián gehen heute zu Ende, und zwar ergebnislos, wie Gerüchte besagen, man wird die Session im Abgeordnetenhaus auf jeden Fall vertagen. Ich kehre also morgen nach Siebenbürgen zurück. Lass uns zusammen reisen! Es wäre mir eine große Freude, dich von hier mitnehmen zu dürfen.«
    »Nein! Nein! Jetzt kann ich noch nicht abreisen, das musst du einsehen. Jetzt nicht … solange sie da sind und die Saison dauert. Es sind nur noch zehn bis zwölf Tage. Hernach fahre ich sofort heim.«
    »Und doch wäre es klüger jetzt gleich … Ich habe große Angst um dich.«
    »Nein! Unmöglich! Jetzt kann ich nicht fort … aus einem ganz anderen Grund … aber hernach, ja, hernach sofort, darauf gebe ich dir die Hand.«
    Sie standen auf und bekräftigten das Gesagte mit einem Händedruck. László schlug scherzhaft die Hacken zusammen, er salutierte: »Und so werde ich mich bei dir einstellen: Melde gehorsamst!« 20 Und nun drehte er sich auf den Absätzen und eilte fort.
    Bálint empfand Genugtuung, dass das Gespräch ein so gutes Ende genommen hatte, wiewohl seine Besorgnis nicht ganz schwand. Vielleicht wird der arme László auf diese Weise doch gerettet, dachte er, während auch er das Billardzimmer verließ und sich, um Neuigkeiten zu hören, unter die Politiker mischte.

    Drei Tage vergingen. Drei Tage, an denen László Klára kaum zu Gesicht bekam, und wenn es doch geschah, so doch stets in großer Gesellschaft unter der Beobachtung zahlreicher Aufpasser. Auch die Mutter hielt sich mit überwachenden Detektivaugen immer in der Nähe auf. Drei Tage, drei schlechte Tage.
    Drei Tage, an denen er stets nachträglich erfuhr, dass die anderen, in vollem Rudel, einen Ausflug auf die Margareteninsel oder während eines ganzen Abends in ein benachbartes Schloss unternommen hatten. Nur ihm hatte niemand ein Wort darüber gesagt. Mama Kollonich organisierte seinen Ausschluss

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