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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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machen.
    »Nein, danke, ich bleibe nicht da.« Er verharrte einige Minuten, dann drehte er sich um und ging fort.
    »Er hat heute wohl eine Frauengeschichte«, sagte einer der Herumstehenden, denn für Kartenspieler gilt einzig die »bonne fortune« als hinreichender Grund dafür, dass ein Mann auch nicht für eine einzige Runde ins Spiel einsteigt.
    László stieg langsam die Treppen hinunter, er schritt gemächlich durch die Räume, als fiele es ihm schwer, sich zu lösen, und zuletzt fuhr er mit der Kutsche nach Hause. Zwar lebte er in Saus und Braus, aber sein Junggesellenzimmer war wie eh und je. Nichts hatte sich darin verändert. Das Reißbrett, auf dem er früher vor dem Fenster zu arbeiten pflegte, war gleich hässlich, abgenutzt und schäbig und jetzt auch staubbedeckt.
    Wie scheußlich es hier ist, dachte er, und erneut beschloss er, wie schon so oft, sich irgendwo eine ihm gemäße Wohnung zu suchen. Wirklich eine Dummheit, dass ich so lange dageblieben bin.
    Er legte sich zu Bett, doch konnte er nicht schlafen. Es war zu früh. Zu solcher Stunde hatte er sich schon lange nicht mehr zu Bett gelegt. Er wurde nun im Gegenteil immer wacher. Die Geschehnisse des Tages schwirrten um ihn. Klára. Sein Gelübde, das zu halten war. Ja, er würde es halten! Ein Mistkerl wäre er, wenn er es nicht täte! Und dann die Wette beim Totalisator! Ach, bloß Aberglaube, Schwachsinn! Trotzdem, warum hatte er nicht auf »Patience« gesetzt? Man hatte das Pferd als eine sichere Nummer vorausgesagt, so kam es denn auch … Aber das wäre kein Versuch gewesen, kein Omen, keine Frage an das Schicksal … Ach, es war doch so gleichgültig! Klára hatte doch mit all dem lediglich den Handschlag bemänteln wollen. Wozu der Sache solche Bedeutung beimessen? … Und dieser Ball? Er hatte nicht an Klára herankommen können, denn er war vom Haushofmeister der Hoheiten für eine der jungen Erzherzoginnen zum Kotillonpartner bestimmt worden. Das galt als eine große Ehre. Klára, vom Tisch des durchlauchtigen Mädchens nicht allzu weit entfernt, soupierte mit Wárday. Sie unterhielten sich lebhaft. Der stumpfsinnige Wárday hielt ihr bestimmt Vorträge über Kunstdünger und Engerlinge, dachte László bitter. Oder Klára trieb mit ihm Schabernack wie vorgestern, da sie neben Montorio saß … Klára! Klára! Er hatte sie wegen seiner zahllosen Verpflichtungen nicht einmal zum Tanz auffordern können, die Arbeit des Organisators nahm ihn derart in Anspruch, er sah sie die ganze Nacht nur von ferne, und bei der letzten Figur des Kotillons, als er ihr den großen, safranfarbenen Strauß brachte, auch da kam er an sie fast nicht heran, so sehr hatte man sie bereits mit Blumen umstellt. Nicht ein Wort, kein einziges Wort konnte er mit ihr wechseln! … Zu ihrem Diner hatten ihn die Kollonichs nicht eingeladen. Sie beide sollten eben nicht miteinander reden! Ob dies nun immer so sein wird? Entsetzlich, so entsetzlich, wenn es für immer so bleiben sollte!
    Er musste irgendeinen Weg finden, um mit ihr den Kontakt zu halten. Wie das? Über Péter ginge es nicht, er wäre dazu nicht bereit. Niki – ausgeschlossen, er war ein Feind. Wer also? Durch wen? Die kleine Zofe fiel ihm ein, die tags zuvor Kláras Brief gebracht hatte. Wie hieß sie bloß? Ja, Ilus Varga. Der Hausknecht hatte sie so genannt und sie erst gar nicht vorlassen wollen, denn László hatte ihm gesagt, er wolle schlafen und sei für niemanden zu Hause … Ilus Varga, ja, so hieß die kleine Zofe. Ihr könnte er schreiben, sie herbeordern und ihr eine Nachricht mitgeben … Dieser Plan beruhigte ihn ein wenig.
    Was Bálint wohl wollte? Morgen im Casino, darauf hatten sie sich geeinigt. Bestimmt will er ihm wegen seines Lebenswandels und wegen des Kartenspiels predigen. Er kommt gerade gelegen, jetzt, da er das Spiel aufgegeben hat. Und er freute sich darauf, gleich beim ersten Satz einwerfen zu können: Ich habe bereits aufgehört … ich spiele nicht mehr.

    Viele Leute zur Mittagszeit im Speisesaal und in der dazugehörenden Glasveranda des Casinos. An einem der Tische lauter Rennstallbesitzer. Sie sprachen eine für alle Außenstehenden unverständliche, aus lauter Rätselsprüchen bestehende Sprache: Stone, Halbstone, Broughslow und Pedigree, Double- und Triple-Event, »Rough-heit« und »fligher«, Pferd, das durchsteht, Pferd, das stehen bleibt, Pferd, das »verritten« ist, von solchen und vielen ähnlichen Dingen war die Rede – sonnenklar für die Beteiligten.
    An

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