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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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das gehört sich nicht: hierher, ins Palais!«
    Er zog einen rauhen und schmutzigen Umschlag aus der Fracktasche und legte ihn neben Frau Kollonich auf die Ecke der Tischplatte.
    »Sie stellen sich doch nicht etwa vor, dass ich die Briefe der Stubenmädchen …!«, rief die Fürstin, doch vor den Augen des Herrn Szabó, die sie wohl wissend und nachdrücklich, ein wenig auch traurig ansahen, verstummte sie. Sie spürte: Da lag etwas vor, das sie lesen musste. Sie griff nach dem Brief. Eine kleine Visitenkarte fiel heraus, László Gyerőffys Karte: »Meine Liebe, Besuchen Sie mich heute Nachmittag …«
    Schreckliche Wut überflutete Frau Ágnes. Dieser Laci! Nun bändelt er auch schon mit Dienstmädchen an! Mit der Kammerzofe Kláras tut er es, dieser dreckige, perverse Flegel! Der Dienerin der Klára macht er ein Kind!
    Dies erbrauste und hallte in ihr wider. Nicht dass sie von all dem auch nur ein Wort geglaubt hätte. Sie wusste wohl, dass das Ganze von nichts als vom Versuch zeugte, zu Klára eine Verbindung zu suchen, aber sie wollte es anders glauben, damit sie umso zorniger und grausamer sein konnte. Der Vorfall bot weitere Nahrung, voller Hass an ihren Neffen zu denken.
    Der Butler wartete unbeweglich. Keiner seiner Muskeln zuckte. Er sah die Herrin auch nicht an, sondern heftete den Blick vor sich auf den Teppich. Er beeinflusste die Entscheidung nicht, das stand ihm nicht zu. Die Erregung einer so großen Dame beobachtete er gar nicht. Ach, nein! So etwas war unerlaubt. Er erstattete lediglich Meldung, sonst tat er nichts. Er sagte nur das zum Verständnis Nötige. Kein Wort mehr. Das war seine Rolle. Man wird ihm einen Befehl erteilen, und er wird ihn ausführen. Er wird ihm unbedingt und bis zum letzten Buchstaben nachkommen. Oh, ja! Das war seine Aufgabe, nichts anderes. Bis es so weit sein würde, wartete er. Beliebig lange.
    Die Fürstin läutete wortlos. Die Vorsteherin der Zofen kam herein.
    »Liebe Schultze, bringen Sie das Arbeitsbuch von …«, und sie sah Szabó fragend an.
    »Ilona Varga«, sagte er.
    »Also, von dieser Varga. Sofort.« 21
    Die alte deutsche Jungfer eilte weg, um nach einigen Minuten zurückzukehren. Nun bekamen sie den Befehl: »Man zahlt sie jetzt auf der Stelle aus, auch den nächsten Monat, und Sie geben ihr sofort den Laufpass. In zehn Minuten soll sie zum Tor hinaus sein.«
    Die beiden Hauptdomestiken nickten leicht. Fürstin Ágnes erhob sich, um in ihren Umkleideraum zu gehen. Vor der Tür wandte sie sich noch um: »Sorgen Sie dafür, dass sie mit niemandem mehr Kontakt hat. Absolut mit niemandem. Diese Verfügung gilt auch für Sie, Szabó. Haben Sie verstanden?«
    Der Butler verbeugte sich tief – wortlos und verständnisvoll. Diesem Mann kann man trauen, dachte Ágnes, und sie wurde bei dem Gedanken beinahe gutgelaunt. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, nahm Szabó den Brief zu sich und ließ ihn wieder in seiner Tasche verschwinden. Er würde noch gute Dienste leisten, sollte dieses Mädchen versuchen, wegen der Kindshaltung zu prozessieren! … Dann folgte er der alten Jungfer.

    Fräulein Schultze und Szabó zogen aus, um Ilus zu suchen. Sie schritten durch den langen, dunklen Korridor nach hinten zum zweiten Hof, wo sich über den Stallungen und den Küchen die Bedienstetenwohnungen reihten, und sie betraten das kleine, dämmrige Zimmer des Mädchens. Sie war nicht da. Folglich wandten sie sich um und stiegen über die Diensttreppe zum Erdgeschoss hinunter. Das alte deutsche Fräulein öffnete die Tür zur Großen Küche.
    »Sie haben nicht gesehen Ilus?«, fragte sie die Mädchen beim Spülbecken, die Geschirr abtrockneten. »Sie ist gerade mit etwas in den Bügelraum«, antworteten sie und traten über die Türschwelle.
    Hier musste etwas im Gange sein, wenn das »Frajla« und Szabó gleich zu zweit eine kleine Zofe suchten. Sie blieben also vor der Tür stehen.
    Die kleine Zofe näherte sich tatsächlich aus jener Richtung. In der Rechten trug sie auf T-förmigen Bügeln zwei Sommerkleider, leichte Musselinegewänder Kláras. Mit einer Hand hielt sie die Kleider weit von sich und hoch, damit ja keine Falte zerknittert werde oder ihr Saum unten den Terrazzoboden berühre. So kam sie, mit ausgestrecktem Arm und schnellen kleinen Schritten, den anderen entgegen. Szabó blieb ein wenig zurück; Schultze ging auf sie zu.
    »Sie hier verschwinden sofort!«, herrschte sie die Zofe laut an.
    »Was sagen Sie?!«, fragte Ilus bestürzt.
    »Sie jetzt

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