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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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sich immer, wenn er kam, sie genossen es, wenn er lange blieb, und trauerten, wenn er weiterzog. Ihm allerdings schien, dies alles habe dem angenehmen Kameraden gegolten, nicht ihm, nicht dem inneren, sondern dem äußeren Menschen. Die beinahe gleich alte Klára – die, da sie aus der ersten Ehe seines Onkels Kollonich geboren und somit keine Blutsverwandte war –, Klára allein sah in ihm vielleicht etwas mehr. Als Einzige interessierte sie sich auch dafür, was er dachte, und nicht nur dafür, was er tat. Schon in der frühen Kindheit hatten sie in den Gesellschaftsspielen gegen die anderen immer zusammengehalten. Ja, Klára war ein wenig anders … Aber die Jungen? Die Söhne seiner Tante und die zwei Szent-Györgyi-Cousins? Nein, für sie galt er bloß als beliebter Unterhalter und Kamerad.
    Daher seine Freude, als er Bálint Abády erblickte. Darum drückte er ihm heimlich den Arm, als er sich unter der Linde zu ihm setzte. Er war sein einziger wirklicher Freund. Und dies seit langem. Mit ihm allein handelte er einst die vielen ahnungsvollen Probleme ab, welche das Alter heranwachsender Jünglinge erfüllen, die Vorstellungen von Lebensprogrammen, die sich auf der Schwelle zum zwanzigsten Jahr und zur Berufswahl oft verändern, sich langsam festigen und eine so wichtige Rolle spielen. Ihn allein weihte er in seinen immer klareren Entschluss ein, Musiker zu werden. Bálint war der Einzige, dem gegenüber er den Mut fand, von seinen Zukunftsträumen zu erzählen, von Plänen zu großen Opern und gewaltigen Symphonien, mit denen er die Welt gewiss erobern werde. Und ihm klagte er darüber, dass sein Vormund, zu dem das Waisenamt des Komitats einen entfernten Verwandten, Szaniszló Gyerőffy, berufen hatte, von einer musikalischen Ausbildung nicht einmal hören wollte, sondern ihn zum Studium der Rechte zwang. In rebellischer Auflehnung berichtete er Bálint brühwarm von der stürmischen Szene, die sich nach der Matura zwischen ihnen abgespielt hatte. Er zitierte den wunderbaren Spruch des anderen: »Solange ich dein Vormund bin, lasse ich einen solchen Unsinn nicht zu! Bist du erst einmal volljährig, kannst du dir meinetwegen jeden Wahnwitz leisten!«
    Als die beiden in den Blumengarten traten, war László dabei, diese Gedanken weiterzuspinnen. Kaum nun machten sie einige Schritte zwischen den hochstämmigen Rosen, als Bálint sich ihm zuwandte und – als würde er die Überlegungen des Freundes aufnehmen – ihn fragte: »Im Mai bist du volljährig geworden; sag, was sind deine Pläne?«
    »Ich werde mich in der Musikakademie einschreiben. In den nächsten Tagen fahre ich zurück nach Budapest.«
    »Ja, und das Rigorosum?«
    László winkte lachend ab: »Der Teufel soll es holen! Was soll mir das? Ich werde mich ins Zeug legen und das tun, wonach ich mich schon so lange sehne. Auch hierher bin ich bloß wegen der Übernahme des Guts gekommen. Eine abscheulich verwickelte Sache ist es mit dem alten Orangenmann.« Gyerőffy hatte Szaniszló wegen dessen strohblonder, beinahe orangefarbener Perücke diesen Spitznamen verpasst.
    »Warum verwickelt?«
    »Ach, mein Gott! Der Alte behauptet, er habe vom Eigenen viel investiert – zu meinen Gunsten! – so sagt er. Und das fordert er jetzt von mir zurück. Ich wiederum habe nicht nur kein Geld, sondern sogar einige Schulden, die ich irgendwie auch regeln müsste«, erwiderte László lachend.
    »Schulden?«
    »Oh, nicht viel. Ein paar tausend Forint. Bei einem Wucherer, versteht sich. Ich brauchte das Geld. Denn von dem, was mir der vorzügliche Orangenmann im Monat zukommen ließ, hätte ich mich doch nie durchbringen können.«
    »Zahle das unbedingt gleich zurück. Es gibt nichts Schlimmeres in dieser Welt«, riet Bálint.
    »Das werde ich sicherlich tun. Und es wäre auch leicht, wenn ich von meinem Forstanteil im Hochgebirge das Holz verkaufen könnte. Aber den Waldbesitz, wie du weißt, teile ich mit Onkel Szaniszló, ich habe nur ein Drittel, und er hält störrisch an seinem Betriebsplan fest. Ach, lassen wir diese scheußlichen Dinge, wo ich mich doch so freue, dass ich mit dir sein kann.«
    Er hakte sich einschmeichelnd bei Bálint ein und begann darüber zu berichten, wie ihn die Musiklehrer empfangen und wie sie sein Spiel bewertet hätten. Und wie sie geurteilt hätten über seine bisherigen kleineren Kompositionen, von denen der Freund einige ältere Stücke schon kannte. Lange und begeistert erzählte er. Sie gingen auf und ab, die Reihe der

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