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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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möglich? Er hätte nicht geglaubt, dass Klára zu dergleichen fähig war. Nein, er glaubte es auch jetzt nicht, obwohl … Vielleicht wagte sie nicht, für sie ein Wort einzulegen, sie in Schutz zu nehmen, und verschloss sich darum … Möglich, dass es ihr an Mut gefehlt hat … oder tat sie ihr gar nicht besonders leid? … Es wäre schrecklich, wenn sie ihr nicht leid täte, wenn sie so herzlos sein sollte. Eine große Enttäuschung wäre das. Klára wäre in diesem Fall anders, eine andere als die, für die er sie hielt … wenn sie ihr nicht leid täte … und sei es nur darum, weil das arme Mädchen zwischen ihnen beiden als Bindeglied gedient hatte. Zwar nur einmal, doch dadurch war sie als ihre Helferin eingeweiht … und Klára unternahm trotzdem nichts für die arme kleine Zofe …
    Ein verwirrender, verletzender Gedanke. Er schlug eine Bresche in sein bisher grenzenloses Vertrauen, und durch diese Öffnung drangen nun mehr und mehr kleine Stacheln in sein vom Alkohol ohnehin leicht getrübtes Bewusstsein. Ob es Klára wohl ebenso schmerzte wie ihn selber, dass sie einander schon seit vier Tagen nicht mehr gesehen hatten? Würde es sie schmerzen, hätte sie einen Weg finden können, um ihn zu treffen. Oder hat sie sich ergeben und ihn ebenso geopfert wie die kleine Zofe? »Nein, nein, unmöglich!«, so schrie in ihm die Verzweiflung, die ihn nur schon bei der Vorstellung ergriff. So etwas darf man nicht einmal vermuten! Und wie er da allein auf dem Diwan vor dem hingeschobenen kleinen Diner-Tisch saß, streckte er sich und schüttelte den Kopf. Das Gift des Argwohns setzte aber in ihm sein Zerstörungswerk fort. – Sie hätte ihm auch durch Magda Szent-Györgyi eine Botschaft schicken können! Magda allerdings hatte er seither nur einmal getroffen … oder mehrere Male? Nein, nur einmal. Und am Abend des Königspreises … bei der Damenwahl im Kotillon war sie nicht gekommen, um ihn zu holen … Oder doch? Doch, sie war gekommen, sie hatten getanzt, doch sie sagte dabei gar nichts … Warum sagte sie nichts, zumindest ein nettes Wort? Und später hatte Klára mit Wárday diniert und mit ihm gutgelaunt gescherzt, er konnte dies von seinem Platz neben der Erzherzogin gut sehen. Sie vergnügte sich mit dem stumpfsinnigen Mann ganz passabel … Gefiel ihr Wárday womöglich? Nein, so etwas darf man nicht einmal denken, rief ihm sein besseres Ich zu, doch das andere, das argwöhnisch gemeinere erwiderte: Wer weiß?
    Er hielt den marternden Dialog, den das eine und das andere Ich in ihm führten, nicht lange aus. Er schlenderte zu den Spielern. Neben Arsenovics war ein Stuhl leer. Er zog ihn ein wenig nach hinten und setzte sich; auch den Cognac ließ er auf ein kleines Tischlein neben sich stellen, und um keine anderen Gedanken zu wälzen, ordnete er an, ihm zwanzig Hundertkronen-Beintaler zu bringen; von denen würde er gelegentlich zum Zeitvertreib setzen.
    »Schließt du dich der Runde nicht an?«, fragte Wuelffenstein, der, seitdem László ein Spieler geworden war, ihm beinahe den Hof machte.
    »Nein!«, antwortete László, und um eine Erklärung zu geben, fügte er hinzu: »Ich werde nur Einsätze machen, das ist heute mein Aberglaube.«
    Manchmal warf er einen Hunderter hin, manchmal auch zwei bis drei. Das war ein gutes Narkotikum. Er musste aufpassen, und es barg auch ein gewisses Interesse: Gewinnen wir? Gewinnen wir nicht? Er beruhigte sich ein wenig. Die Hunderter gingen rasch zur Neige. Nun bot sich nach mehreren Partien eine große Bank an, welche die Einsätze der »Ponte« nicht ganz aufwogen.
    »Man kann noch zweitausend setzen«, sagte jener, der die Bank hielt; er vertraute auf sein Glück. Dies machte gerade so viel aus, wie László nach und nach verloren hatte. Ein Fingerzeig des Schicksals, dachte er, damit wäre ich gerade bei meinem Geld. Er sagte folglich: »Le reste!«
    Man teilte die Karten aus. Der Bankhalter gewann. László bat den Butler mit einem Wink zu sich und beanspruchte den noch bestehenden Teil seines Kredits. Auch den verlor er in kurzer Zeit. Er ließ sich abermals fünftausend bringen, die jemand bereitwillig gegenzeichnete. Er fuhr fort, daraus, wenn sich Gelegenheit bot, den einen oder anderen Jeton zu legen, doch nun schon fünfhundert und ab und zu tausend.
    Damit, so beschwichtigte er sich, breche ich mein Versprechen nicht. Ich nehme keine Karten in die Hand; das ist nur eine Wette, wie beim Rennen.
    Es ging schlecht. Auch der neue Kredit war bald hin.

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